Samstag, Juli 21, 2007

Die po8ische Rezension #4

A Year In The Merde - Stephen Clarke
(ISBN: 978-0-552-15307-2)

Mancher sitzt aktuell in der Scheiße, machner vorübergehend und mancher sein ganzes Leben. Stephen Clarke beschreibt in seinem Buch "A Year In The Merde" sein (wahrscheinlich teilweise autobiographisches) Jahr in Paris in Person des Protagonisten Paul West, den die Franzosen natürlich Pol Pot Ouest aussprechen.

So ist das Thema Sprache und Verständigung ein roter Faden, der sich durch das ganze Buch zieht und sowohl verbale als auch non-verbale ("parisian shrug") miteinbezieht. In sehr amüsanter Art und Weise werden die britischen Vorurteile gegenüber ihren kontinentalen Nachbarn gepflegt, kultiviert und auch über Bord geworfen - das gleiche natürlich auch vice versa. So werden banale Dinge wie Essen&Trinken, die Wohnungssuche oder der Gang aufs Sozialamt für den Exilengländer zur Odyssee, ebenso wie die länderübergreifenden zwischenmenschlichen Verbindungen sehr vom Kulturkreis abzuhängen scheinen. Sehr zu Pass kommt auch die Einbettung in quasi "aktuelle" Ereignisse wie den BSE-Skandal oder den Irak-Krieg.

Leseprobe:
(Paul zieht gerade als Untermieter bei Élodie ein, der Tochter seines Chefs, die Betriebswirtschaft studiert)
If the concierge did object to Élodie inviting men home, she probably had a very busy, and totally pointless, time of it, because no sooner had we stepped inside the apartment than Élodie was clamped to my mouth like some kind of oversized lip gloss.
She really had taken her MBA course to heart. Sex for her was like a business model. We did some swift, efficient asset-stripping, carried out the required amount of research and development, then I was invited to position my product in her niche market. I did my best to satisfy her high demand with as much supply as I could muster. After a period of violently fluctuating market penetration, the bubble finally burst and we sank back, our sales forces completely spent.
"I'll show you your room," she said about ten seconds after the marked had collapsed.
How to take the shine off a guy's post-orgasmic glow. Mind you, I had to admit she was much more welcoming than the last estate agent I'd met.
Ich vermute, dass einiges was das Buch an Wortwitz zu bieten hat, bei der deutschen Übersetzung auf der Strecke bleibt. Insofern würde ich jedem mit mäßigen bis guten Englischkenntnissen empfehlen, das Buch im Original zu lesen.

Einen Abzug gibt es allerdings: Der Schluss ist mir persönlich zu schludrig im Verhältnis zu den ersten zwei Dritteln. Man hat fast das Gefühl als hätte der Verlag Druck gemacht oder Clarke sei Lust und/oder Ideen abhandengekommen.

Bewertung: 7 von 8 möglichen Punkten

Ein Zitat von Henry Miller passt in diesem Zusammenhang auch ganz hervorragend:
Je reicher man an Urteilen ist, desto ärmer wird man an Vorurteilen.

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