Sonntag, Dezember 29, 2019

Das Wort zum Sonntag #69

Thema heute: Abtreibung in Deutschland - Teil 2

Hier geht es zu Teil 1

Im ersten Teil bin ich wenig auf die andere Seite der Medaille eingegangen, also den Embryo, Fötus oder von mir aus auch "werdenden Menschen". Es ist unstrittig, dass nach der Geburt das Baby als vollwertige Person gilt (weswegen u.a. dieses Urteil gesprochen wurde).

Geht man nun gedanklich Tag für Tag zurück, kommt man an einen Punkt, an dem unsere aktuellen medizinischen Kenntnisse nicht ausreichen, den Fötus am Leben zu erhalten. Diese Seite schreibt dazu:
Frühgeburt vor 22 Schwangerschaftswochen
Kinder, die zu dieser Zeit geboren werden, sind nicht lebensfähig. Sie werden entsprechend ihrer Würde im Sterben betreut. In jedem Fall werden die Ärzte dazu angehalten, das vorgeburtlich festgestellte Schwangerschaftsalter mit dem Entwicklungszustand des Kindes zu vergleichen. Bei einer offensichtlichen Abweichung überdenken die Ärzte die vor der Geburt getroffene Entscheidung, keine lebenserhaltenden Maßnahmen zu beginnen.
Aus diesem Sachverhalt sehe ich auch die Verantwortung, dem Fötus einen gewissen Schutz zuzusprechen, aber in keinem Fall die gleichen Rechte, wie die der Frau. Aus Teil 1 wäre mein Vorschlag für eine biologisch/ethische Grenze die 20. Woche (was 8 Wochen mehr Zeit für die Schwangere wären, als ihr nach der aktuellen Regelung zusteht - auch 8 Wochen, sich im Zweifel dafür zu entscheiden).

Bei Licht betrachtet ist es auch so, dass die Mehrzahl der Frauen ihre Schwangerschaft nicht abbrechen will. Im Jahr 2015 wurden 737.575 Babys geboren, demgegenüber standen 99.237 Abbrüche. Diese wiederum teilten sich in 95.338 (Fristenlösung), 3.879 (medizinische Indikation) und 20 (kriminologische Indikation). D.h. auf eine Abtreibung kommen mehr als 7 Frauen, die ihr Kind bekommen wollen. So man davon ausgeht, dass 50% aller Schwangerschaften auf natürlichem Weg vor dem dritten Monat enden, teilweise von den Frauen unbemerkt, so müsste man fairerweise diese mit einbeziehen. D.h. wir haben knapp 1,7 Mio. Schwangerschaften, von denen ca. 100.000 von Frauen willentlich abgebrochen werden. Daraus folgt, dass nur ca. jede 17te Frau sich für eine Abtreibung entscheidet.

Was muss diese 17te Frau jetzt realiter tun?
Sie muss sich einen Beratungsschein besorgen (hier ein Artikel, wie sowas ablaufen kann und wie "ergebnisoffen" das sein kann 😠 - hier ein weiterer Artikel über die perfide Praxis der pro-life Fraktion), ein behördlicher Spießrutenlauf. Die Bayern gehen hier so weit, dass sie den Schein ohne Offenlegung der Gründe verweigern - also quasi die heilige bayrische Inquisition. Also auch noch unterschiedliche Regelungen auf Länderebene - und alles durch Mehrheiten von vornehmlich Männern(!) beschlossen.
Danach muss die Frau noch mal warten, denn Beratung und Eingriff müssen mindestens 3 Tage auseinanderliegen, der Arzt der den Eingriff vornimmt, darf nicht die Beratung vornehmen.

Ich vermisse bei diesen ganzen Regelungen, dass die schwangere Frau, die erwachsene, zu Empfindungen und rationalem Denken fähige Person, in den Mittelpunkt gestellt wird. Ihre Belange sind die wichtigen, nicht die des Fötus, die der Gesellschaft oder irgendwelcher Aktivisten. Die Bedürfnisse werden marginalisiert, während die "Rechte" des Fötus extrapoliert werden. Auf eine Schwangere, die ihr Kind bekommen möchte, wird Rücksicht genommen (z.B. Mutterschutz, Elternjahr etc.), wohingegen die Frau, die ihre persönliche Schwangerschaft abbrechen möchte, (fast schon) kriminalisiert wird. Ist ja auch klar, eine unverheiratete Frau, die Schwanger ist und noch dazu abtreiben will, kann nach gewissen Weltanschauungen ja nichts anderes als eine Schlampe sein...

Wenn man sich jetzt die Frage stellt, warum diese krude Gesetzeslage besteht, dann landet man zum einen im Dritten Reich und zum anderen bei der Kirche. Bei den Nazis stand zum Schluss auf Abtreibung sogar die Todesstrafe - für die Frau! Zur kirchlich-christlichen Herleitung hat Schmidt-Salomon das folgende gesagt (hier):

"Viele Theologen, Bischöfe und Päpste waren zuvor von der alternativen Konzeption der ‚Sukzessivbeseelung‘ ausgegangen, wonach die ‚Seele‘ des Menschen erst am Ende des dritten Schwangerschaftsmonats voll ausgebildet ist, so dass Abtreibungen bis zu diesem Zeitpunkt religiös legitimiert werden konnten. Dann aber verkündete Papst Pius IX im Jahr 1854 das Dogma der 'Unbefleckten Empfängnis Mariens'. Offenkundig litt er in der Folgezeit sehr unter dem Gedanken, dass die angeblich 'sündenfrei' empfangene Gottesmutter jemals 'vernunft- und seelenlose Materie' gewesen sein könnte. Daher erhob Pius IX. im Jahre 1869 zu Ehren der 'Heiligen Jungfrau Maria' die 'Simultanbeseelung' zur verbindlichen 'Glaubenswahrheit' – eine Entscheidung, über die man heute schmunzeln könnte, würde sie nicht noch immer die Gesetze des säkularen Staates bestimmen."
Nach dem 1. Weltkrieg erstritten sich die Frauen Rechte, hierunter fiel auch das Recht auf Selbstbestimmung bei der Abtreibung. Dieses wurde in der Weimarer Republik von der christlichen Zentrumspartei blockiert und unterminiert. Heraus kamen die noch heute bestehenden Paragraphen 218, 219, letzterer wurde kurzzeitig aufgehoben aber im dritten Reich wieder eingesetzt. Nach dem 2. Weltkrieg gab es - zugegebenermaßen - viele dringende Probleme in Deutschland, aber es waren auch in der ersten Dekade die christlich-konservative Adenauerregierung an der Macht - selbstredend, dass das Zurückdrehen von Nazi-Regelungen, v.a. wenn sie mit der eigenen Weltanschauung übereinstimmen, nicht angetastet wurden. Insofern haben wir heute immer noch das Bekenntnis auf der Lohnsteuerkarte, die Steuerklassen, welche die Ehe von Mann & Frau bevorzugt, und eben §218 und §219.

Aus den o.g. Ausführungen halte ich die aktuelle Regelung aus ethischen Gesichtspunkten für minderwertig da unbegründet und würde mir wünschen, dass die Position der Frau in dieser Angelegenheit gestärkt wird. Die maßgeblich betroffene ist die Frau, insofern sollte im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts, diese auch die Hoheit über ihren Körper haben. Die Abtreibung bis zur 20. Woche sollte straffrei sein, denn dann könnte man sich auch den verschwurbelten Paragraphen 219(a) sparen. Doch solange durch die Köpfe der Regierung und des Parlaments noch mehrheitlich der christliche Schwachsinn weht, werden wir das nicht beobachten können.

In einem Interview mit pro familia Beraterinnen sagte eine der beiden Interviewten.
„Profamilia hat die ganz klare Einstellung, dass die Schwangerschaftskonfliktberatung nicht ins Strafgesetzbuch gehört, da muss sie ganz eindeutig raus – denn auch wenn die Frau straffrei ausgeht, geht es nicht, dass Schwangerschaftsabbrüche immer noch grundsätzlich unter Strafe stehen. Wir stellen uns ganz entschieden gegen diese Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, weil es die Frauen ganz einfach entmündigt."




Sonntag, Dezember 22, 2019

Das Wort zum Sonntag #68

Thema heute: Abtreibung in Deutschland - Teil 1

Ich hatte schon an dieser Stelle dargelegt, dass seitens der alten und für heilig gehaltenen Schriften dem ungeborenen Leben kein Sonderstatus zukommt, wie wir es heute in fast allen Ländern beobachten. Nichtsdestotrotz sind so gut wie alle (Fritsen)Lösungen, die Staaten gefunden haben religiös durchdrungen. Ich möchte das Thema aber hier anhand der ethischen Problematik betrachten und insofern "lösche" ich erst einmal alle rechtlichen oder gesellschaftlichen Voraussetzungen oder aktuellen Gegebenheiten.

Ich denke es ist einsichtig, dass ein Kind, das auf die Welt kommt zu 100% Mensch bzw. Person ist und somit auch alle Menschenrechte besitzt. Ebenso einsichtig sollte es auch sein, dass eine unbefruchtete Eizelle zu 0% Mensch bzw. Person ist (abgesehen davon, dass sie halt, wie jede Zelle einer Frau, menschliche DNA enthält - das enthält aber ein Tumor auch). Eine notwendige Voraussetzung für das Empfinden von Schmerz sind Nervenbahnen, diese werden m.W. erst ab ca. dem 2ten Monat gebildet. Eine notwendige Voraussetzung für Bewusstsein ist das Vorhandensein eines Gehirns, die Entwicklung beginnt ab dem 5. Monat. Irgendwelche religiösen Schwurbeleien oder Behauptungen (z.B. von Seelen usw.), dürfen bei dieser Betrachtung keine Rolle spielen.

Anzumerken wäre noch, dass sowohl eine Schwangerschaft als auch deren Abbruch immer ein Risiko für die Frau darstellt. Beides ist nicht ungefährlich und kann selbst heute noch zu Todesfällen führen, wenn diese auch im Vergleich zu vergangenen Jahrhunderten stark zurückgegangen sind. Lag diese in .de 1980 noch bei ca. 20 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten, so verringerte sich das bis 2015 auf unter 5 Todesfälle (siehe hier). Zu Todesfällen bei Schwangerschaftsabbrüchen habe ich keine Zahlen gefunden - zumindest nichts vernünftiges - aber es ist davon auszugehen, dass diese noch unter den Todesfällen der Schwangerschaft liegt, da der Eingriff (wenn überhaupt einer notwendig ist), weniger invasiv ist. Es ist offensichtlich, dass Männer an diesem Risiko nicht partizipieren, nichtsdestotrotz war die Mehrheit der Leute, die die Gesetze beschlossen haben, männlich.

Um die Angelegenheit nicht zusätzlich zu verkomplizieren konzentriere ich mich bei der Betrachtung auf Föten, die 5 Monate oder jünger sind. Das ist zwei Monate über der aktuellen Fristenlösung und noch unterhalb der medizinischen Möglichkeiten einer Frühgeburt das Überleben zu sichern. Hier noch mal ein Bild für das gemeinsame Verständnis:
Wie oben ausgeführt, handelt es sich in den ersten zwei Monaten um einen Zellhaufen, der, mangels Nervengewebes, kein Empfinden haben kann. Auf den Bildern sieht das natürlich niedlich aus - wie jeder andere Embryo übrigens auch - aber Niedlichkeit ist kein Argument und wir sind evolutionsbedingt auf diese Niedlichkeit getrimmt, damit wir unseren eigenen niedlichen Nachwuchs nicht verzehren - falls es mal wieder eng wird. Bis zum 5. Monat werden Nerven gebildet, es ist jedoch höchst zweifelhaft, dass dieser biochemische Prozess mit unserem Schmerzempfinden vergleichbar ist, da der Rezeptor - nämlich das Gehirn - nicht vorhanden ist. Je nach Stadium der Schwangerschaft handelt es sich also um das chemische oder physische Entfernen von Zellen, Zellhaufen oder einem Fötus, der biologisch gesehen 50% der DNA der Frau enthält. Hier mit Begriffen wie "ungeborenes Baby", "ungeborener Mensch" o.ä. zu arbeiten, weist dem Fötus Eigenschaften zu, die dieser biologisch schlicht nicht hat. Auch mit einem "Potential" zu argumentieren, dass er diese Eigenschaften doch bald hätte, ist nicht zielführend, da man mit dem "Potential" bald Millionär zu sein, bei der Bank auch keinen Kredit bekäme, so hierfür nicht ein Nachweis existierte. Der negative Nachweis, dass der Fötus nicht über das "Potential" verfüge, der nächste Einstein zu werden, kann mittels einer DNA Analyse geführt werden, in welcher z.B. Erbkrankheiten oder Gendefekte wie Trisomie festgestellt werden können.

D.h. wir haben auf der einen Seite eine Frau, der man ihre Menschenrechte offensichtlich nicht absprechen kann und auf der anderen Seite einen Fötus, dem man nicht ohne weiteres Menschenrechte zusprechen kann, da sich keine Definition finden lässt, die einen Fötus zur Person definiert. Selbst wenn Personen in ihrem Leben durch Unfall (z.B. Schumacher) oder Krankheit (z.B. ALS) in einen ähnlichen Zustand kämen, wie ein Fötus, so besaßen sie zumindest zu einem Zeitpunkt (und sei es nur die Geburt) den Status einer Person und waren somit auch im Genuss der vollen Menschenrechte (dies nur, um dem "Argument" zuvorzukommen, man könne dann ja alle töten, die nicht voll bei Verstand seien).

Um meine Prozentzahlen von oben noch mal zu bemühen:
- eine schwangere Frau ist zu 100% Mensch bzw. Person
- ein Fötus vor dem 5. Monat ist zu 0 + x % Mensch bzw. Person
Das ist imho ein starkes Indiz dafür, dass man die Belange des Fötus nicht über die der Frau stellen kann, da hier ein starkes Ungleichgewicht herrscht.

Auch ist es heute m.W. medizinisch noch nicht möglich, einen Fötus zu transplantieren. Leihmutterschaft ist möglich, in vitro Fertilisation auch, aber nicht den Fötus nach Einnistung zu verpflanzen. Insofern ist dieser Fötus, bis er durch Maßnahmen außerhalb des Mutterleibs am Leben erhalten werden kann, zu 100% von der schwangeren Frau abhängig. Stirbt sie, stirbt auch der Fötus. Wir können ihn aus heutiger medizinischer Sicht nicht retten. Das Leben der Schwangeren hingegen ist zu 0% vom Leben des Fötus abhängig. Stirbt dieser (wie es leider auf natürlichem Weg oft genug passiert), so wird dieser vom Körper entsorgt. Auch hieraus ergibt sich imho eine Höhergewichtung des Wohls der Schwangeren vor dem des Fötus.

Aus meiner Sicht gibt es kein sinnvolles Argument, warum einer Frau nicht die Hoheit über die Entscheidung bzgl. einer Abtreibung - zumindest in den ersten 5 Monaten - zugestanden werden soll. Sie ist die (so gut wie) einzige Leidtragende, sie trägt das Risiko des Eingriffs und es besteht z.Zt. keine Möglichkeit den Fötus zu retten, so die Schwangere z.B. Suizid begeht. Nur mit einer kruden Falschdefinition eines Fötus zum "Menschen" gelingt die Quadratur des Kreises, dass plötzlich der Fötus mehr zählt, als die Schwangere von der er abhängig ist.

Übersehen wird bei dieser Pseudodefinition, dass man ethische Dilemmata konstruieren kann, die massiv in die Menschenrechte von Personen eingreifen, wie das folgende, welche die Absurdität der Position verdeutlichen:

Gegeben seien zwei Personen, die in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zueinander stehen und wobei die eine Person nur überleben kann, wenn sie an den Blutkreislauf der anderen angeschlossen ist.

Mehr noch als bei einer Schwangerschaft haben wir es hier mit zwei 100%igen Personen zu tun. Das Überleben der einen hängt vollständig von der anderen ab. Ohne den Zusammenschluss der Blutkreisläufe stirbt die erste Person. Ein Anschluss an selbigen bedeutet für die andere Person ihr bisheriges Leben aufzugeben und fortan als quasi siamesischer Zwilling den Rest deren Lebens mit der ersten Person zu verbringen.
Wie sähe der Fall aus, wenn die kreislaufspendende Person im Koma wäre?
Wie sähe der Fall aus, wenn die kreislaufempfangende Person im Koma wäre?
Wer hat die Entscheidungsgewalt darüber, wie sich die spendende Person zu verhalten hat? Kann jemand oder kann die Gesellschaft wirklich eine Person in diese Entscheidung zwingen? Und falls ja, mit welcher Begründung?

In der aktuellen Rechtsprechung Deutschlands (aber auch Österreichs) wird die Schwangere quasi "entmündigt", muss zunächst einen bürokratischen Hürdenlauf absolvieren, bevor sie dann mit großer Mühe einen Arzt finden kann, der diese Abtreibung auch vornimmt. Für alle Beteiligten ist dann der Eingriff prinzipiell zwar "verboten" (sonst stünde es nicht im StGB) aber unter den vorgenannten Bedingungen "straffrei".

Hier geht es zu Teil 2

Sonntag, Dezember 15, 2019

Recently growing out God...


Normally this blog is purely in German, but since there is the slightest chance, that the author of the book, which I will talk about, could read it, I dug out my best English – or at least what I consider it to be. To be honest, I am a fan of Richard Dawkins, which might rely on the fact (since I buy his books written in English), that English is not my native language and I grossly overestimate the things he writes – or he could be just as brilliant as I think he is. You should find it out yourself. To travel a bit back in time (as he also does on various occasions in his books), I started to read his books more than 10 years ago. Besides, you might have guessed it; I started with “The selfish Gene”.

Until that reading, I thought I got a mere good understanding of what evolution is, but after reading it, it felt like an insight, as if I had known almost nothing before. In this context, I also bought his book “The God Delusion”, which fitted perfectly in my first launch of this blog for religious criticism. I appreciated his clear and direct speech on the various flaws and abominations in the religious scripture, the ambiguous morality and strange ethic values. I also got my (paperback – I was a little embarrassed then) signed, when I met him personally as he received the “Deschner Prize” in Frankfurt in 2007.

Then I paused… a couple of years. Then I revoked my Twitter account some weeks ago (created 2009) and saw an advertisement of the book I am going to talk about now – “Outgrowing God – A Beginner’s Guide”.

Contrary to “God Delusion”, “Outgrowing” is a meek book. Dawkins' reasoning is not less an untangling the religious Gordian knots in the first part of the book as he did previously in his speeches or the “Delusion”, but from my perspective, he tries to be less “offending” (he never offends, but people in their religious bubble see it like that). I think this is a clever strategy - to keep people reading, who might have stopped after a few pages on the “God Delusion”. At the end of the first part, it is very well explained, where the religious beliefs originate from and why they are what they are - (more than likely) fairy tales.

In the second section of the book – you might have guessed it – Dawkins' focus is on where we come from and why is there something on earth at all, further, why some of the species are capable in believing in deities. Since Richard Dawkins is an evolutionary biologist, at least I had the impression of seeing the sparkle in his eyes talking about his favourite topic. Again, even after the “Selfish Gene”, I had some new insights from it. The stories are always interesting and catchy and I like this approach of taking one or two more bends in the story, whilst providing some useful information, before making his point. He has a good feeling of how many facts can be given to the reader, even though the facts in the second part are more extensive. He also draws attraction to superstitious believes (aka religion) could survive so long and how it made some sense for our ancestors to hold on to it. He implies the obvious, that if we stop selling our children stupid junk from ancient books as the truth, we have a chance to get over it - he states this not that frankly.

Who should read this book? For a 99% atheist like me, having read the “Crime History of Christianity” by Deschner – all 10 volumes -, Christopher Hitchens, Daniel Dennett, Sam Harris and I also dug into the financial part of the game, wonderfully (and meticulously) analysed by Carsten Frerk, the book provides obviously not a huge lump of information in terms of religious criticism for me. The second (and more biological) part was more fun to read, because Dawkins surprised me with more ease and more often on the evolutionary facts. So I read it mainly to write this recension and to read a Richard Dawkins book – I love the way he thinks and writes, but I might have mentioned that already.

However, who should read this book really? I think it is a wonderful entry to critical thinking and one should read this book as soon as one's English is good enough to understand it. If you are keen and curious enough to find things out, want to be critical, and want to have questions answered – I would say roughly at the beginning of the teenage years. It is also a book for all those agnostics (as I was for a long time), who like to get an entry and a scientific answer for all this superstition around. And last but not least it might be a book also for religious people, not for the fundamental ones, but for those who try to look outside their box and try to understand what moves other people, especially people who cherish reasoning and science more than false believes (and why they do so).

I provide 8 of 8 possible points for this book.

Another personal annotation to end with. I cannot recall really, when Richard Dawkins said that, but it is like carved in my memory like stone, and one parts rest on my ethic fundamentals. I’ll just say it in my words… If we look at the time beam of life on earth, it started more than 3 Billion years ago, and from there on, by replication, our ancestors handed over the torch of life from generation to generation. Each generation threatened by the risks of life, the pressure of evolution – a very, very unlikely chance that you and I are on this earth at all. So being here, writing this blog (and you reading it so far – thank you by the way), is even more unlikely in terms of statistics, than winning the most unlikely lottery on earth. Trillions of things could have happened to kill one of your ancestors (or mine) and trillions of living creatures died (or died out) and cannot share the same time as we do. So we are the lucky ones, we are the ones existing on this planet - albeit for a short time. Even more, we are conscious of being alive and being here, where we are. Considering our good fortune, and that every human on this planet is another winner of this lottery of life, rather let us rejoice and embrace each other, than try to harm or kill each other in the name of some made up and man-made deities.


Donnerstag, Dezember 12, 2019

Im verflixten siebten Jahr...


"Die Entscheidung darüber, sich den besonders sensiblen und erogenen Teil seines Geschlechtsorgans abschneiden zu lassen (sei es aus Gründen der Ästhetik, der Hygiene, der Prophylaxe oder für einen Bund mit seinem Gott), betrifft die Intimsphäre der Person und  ist eine  höchstpersönliche  Entscheidung, die nicht in  Stellvertretung  getroffen wer­­den darf. Da völlig offen ist, ob der spätere entscheidungsreife Erwachsene sich für eine Beschneidung entschiede und diesen Körperteil irgendeinem Interesse opfern würde, drückt die Anmaßung einer Stellvertreterentscheidung nur aus, dass man die – noch reifende – Persönlichkeit des Kindes nicht respektiert!"
Jörg Scheinfeld, Strafrechtsprofessor, Mainz (hier geklaut)
Ich hatte damals schon 50 Öcken ausgelobt, die sich bis jetzt noch niemand abgeholt hat. Die Änderung bzw. Ergänzung des § 1631 d (dieser Mist wurde übrigens vor genau 7 Jahren, am 12.12.12 beschlossen) ist mit das perfideste, was die Merkelregierung hervorgebracht hat und weswegen sie bei mir in unguter Erinnerung bleiben wird: als Beschneidungskanzlerin, die jeder religiösen Spinnerei Vorschub leistet, auch wenn das konträr zum Grundgesetz steht, auf Kosten der Kleinsten und Schwächsten unserer Gesellschaft - widerlich! 

Und wir sollten von diesem verharmlosenden "Beschneiden" wegkommen, das sich irgendwie nach "in-den-Finger-schneiden" oder nach einer Verbesserung ("ich habe im Garten meine Bäume beschnitten - sieht schön aus jetzt") anhört und das Verbrechen auch möglichst als das benennen, was es ist:
eine vorsätzliche Vorhautamputation ! 

Hier auch noch eine sehr gute Stellungnahme des o.g. Scheinfeld zusammen mit Prof. Franz und Dr. iur. Eschelbach, seines Zeichens Richter am Bundesgerichtshof.

Und wer noch mal überprüfen möchte, welchem Abgeordneten das Recht auf körperliche Unversehrtheit von kleinen Jungs komplett scheißegal war, der kann sich das hier anschauen.


Mit "Ja" stimmten unter anderem diese Abgeordneten, insgesamt 434:

Bosbach, Wolfgang - CDU
Brüderle, Rainer - FDP
Dobrint, Alexander - CSU
Edathy, Sebastian - SPD
Gröhe, Hermann - CDU
Gysi, Gregor - Die Linke
Heil, Hubertus - SPD
Hintze, Peter - CDU
Kahrs, Johannes - SPD
Kauder, Volker - CDU
Klaeden, Eckard von - CDU
Lammert, Norbert - CDU
Lauterbach, Karl - SPD
Mazière, Thomas de - CDU
Müntefering, Franz - SPD
Oppermann, Thomas - SPD
Pofalla, Ronald - CDU
Polenz, Ruprecht - CDU
Riesenhuber, Heinz - CDU
Röttgen, Norbert - CDU
Scheuer, Andreas - CSU
Solms, Hermann Otto - FDP
Spahn, Jens - CDU
Steinbrück, Peer - SPD
Steinmeier, Frank-Walter - SPD
Tauber, Peter - CDU
Thierse, Wolfgang - SPD
Tiefensee, Wolfgang - SPD

Göring-Eckardt, Katrin
Künast, Renate - B90/Grüne
Leutheusser-Schnarrenberger, Sabine - FDP
Leyen, Ursula von der - CDU
Merkel, Angela - CDU
Nahles, Andrea - SPD
Roth, Claudia - B90/Grüne
Schavan, Anette - CDU
Schröder, Kristina - CDU
Steinbach, Erika - CDU
Wieczorek-Zeul, Heidemarie - SPD
Zypries, Brigitte - SPD

Zum Abschluss noch ein Video, das sich die Damen und Herren hätten anschauen sollen, bevor sie das Verstümmeln von kleinen Jungs legalisiert haben... 😑



Noch ein kleiner Nachtrag zum Nachdenken:
Wir haben hier rein von Menschen verursachtes Leid, das einfach durch Nichtstun verhindert werden könnte, einfach die kleinen Babys und Jungs in Ruhe lassen - das wäre schon alles. Keiner (außer dem Mohel oder dem durchführenden Arzt) hat weniger auf dem Konto, keiner muss auf etwas verzichten und niemand bemerkt den Unterschied, da wir i.d.R. ein paar Klamotten anhaben. Die Menschheit schafft es aber nicht mal hier, einfach durch Unterlassung, ein scheußliches, archaisches Ritual aus der Welt zu schaffen, bildet sich aber ein, dass sie viel komplexere globale Probleme mit viel weitreichenderen Aus- und Nebenwirkungen hinbekommen wird? Ich glaube nicht. 😔

Sonntag, Dezember 08, 2019

Neulich im Jahr 2038...

10 Jahre ist es jetzt her, dass die Freilandversuche mit genetisch veränderten Blaualgen aus dem Ruder gelaufen sind. Man hatte die kleinen Dinger so modifiziert, dass sie nicht nur die fünffache Menge an CO2 umsetzen konnten, wie ihre Artgenossen, sie vermehrten sich auch mit dem Faktor 10, starben allerdings doppelt so schnell, so dass das in ihnen gebundene CO2 zum Meeresboden sank.

Aktuell haben wir einen CO2 gehalt, der unter dem vor der industriellen Revolution liegt... allerdings mit ein paar unangenehmen Nebeneffekten:
  • die durchschnittliche Temperatur auf der Erde sank in den letzten 10 Jahren um 1 Grad
  • ...

Und wieder eine Dystopie zum Mitmachen. Was würde man erwarten? Würden wir die Mineralölsteuer senken um wieder CO2 in die Luft zu bekommen?

Ein paar Anregungen kann man sich hier holen 😉

Donnerstag, Dezember 05, 2019

Neulich bei Santa Claus...

Es ist wieder kurz vor der Wintersonnenwende - christlicherseits einverleibt und verwurstet als "Weihnachten", der Tag an dem Gott eine weitere Persönlichkeitsspaltung beschloss und angeblich in einem Stall bei Bethlehem inkarnierte 😋 - und insofern auch wieder Zeit für Satan Santa Claus.

Für mich unverständlich, dass über so eine exponierte Person so wenig geforscht wird. Ich möchte das gerne ändern und an das Thema wissenschaftlich herangehen. So viele Fragen sind ungeklärt:
  • Was macht Santa Claus die restliche Zeit des Jahres?
  • Hat er eine Zeitmaschine, um überall zugleich zu sein?
  • Hat Rudolph wirklich eine rote Nase, wie in den alten Gesängen verkündet?
  • Wo am Nordpol (hier werden Exkursionen notwendig sein) befindet sich die Fabrik mit den Wichteln?
  • Wie schafft er es durch den Kamin?
  • Wieso kann der Schlitten und die Rentiere fliegen?
  • Ist seine Kleidung wirklich rot?
  • Was trägt er in der Freizeit?
  • Welche Quellen zu Santa Claus sind echt, welche Fälschungen?
  •  etc. etc.
Die Klärung dieser Fragen würde schon etliche Jahre in Anspruch nehmen. Insofern wäre es nur recht und billig, wenn hier schnellstens ein universitärer Lehrstuhl eingerichtet würde.

Falls jemand sachdienliche Hinweise hat, wie ich hier zu einer C3 Professur in München kommen kann, so wäre ich sehr dankbar. Alternativ wäre ich aber auch schon glücklich, würden all die konfessionellen Professuren abgeschafft - leider ist das Gegenteil der Fall und der Islam als dritter Aberglaube neben dem Katholizismus und Protestantismus fasst in .de an Universitäten Fuß... 😣

Dienstag, Dezember 03, 2019

Neulich in Waldorf...

Der hpd hat einen kritischen Artikel zur Waldorfpädagogik veröffentlicht, den ich nur unterschreiben kann. Es ist kaum zu fassen, dass Waldorfschulen ein so positiv besetztes Image besitzen, was imho auch einer tiefen Durchseuchung der Politik mit anthroposophischen Ideen liegt - die Bayrischen Regierungsparteien glauben ja auch an Homöopathie... 😱


Nichts gegen Reformschulen, nichts gegen die Förderung handwerklicher und musischer Fähigkeiten, nichts gegen Alternativen zur Notengebung, nichts gegen einseitige Stoffhuberei und Lern-Boulimie, nichts gegen Gemeinschaftsschulen. 
Aber um des lieben Humanismus willen doch bitte ohne esoterisches Hintergrundrauschen! Ein mittelalterlicher Mystizismus, ein religiöser Kult mit absolutem Wahrheitsanspruch, denn die Erkenntnis höherer Welten ist nicht verhandelbar, eine Lehre also, die sich nur insofern von anderen esoterischen Lehren unterscheidet, als sie zu einem alternativen Schulsystem transformiert wurde und zu allem Überfluss auch noch durch unser aller Steuergelder subventioniert wird, In BW mit 74 Prozent. -> zum Artikel

Sonntag, Dezember 01, 2019

Das Wort zum Sonntag #67

Thema heute: Eltern

Ich denke mal die meisten haben diese Erfahrung schon bei sich oder in ihrem Umfeld beobachtet. Eltern wollen "nur das Beste" für ihren Nachwuchs. Im Supermarkt werden dann Inhaltsstoffe von Lebensmitteln untersucht, eher Bio-Obst statt Obst ohne Bioaufkleber gekauft, beim Spielzeug wird darauf geachtet, dass es ohne Weichmacher und möglichst nicht aus China kommt, man macht sich Gedanken in/auf welchen Kindergarten, Schule, Uni usw. der/die Kleine gehen soll und welcher Umgang gepflegt wird, also mit welchen anderen Kindern man Sandförmchen mit Hundekot vollkleistern kann...

Interessant nur, dass hier z.B. in Bezug auf die Weltanschauung keine so hehren Maßstäbe angesetzt werden. Die kleinen Blagen haben das zu glauben, was schon die Eltern glauben. Selbst bei der politischen Ausrichtung lässt man den Kleinen größeren Spielraum. Kein Sechsjähriger wird mit dem Parteiprogramm der Grünen malträtiert, wohl aber mit erfundenen Geschichten aus der Spätbronzezeit - von irgendwelchen religiös bedingten Amputationen mal ganz zu schweigen...

Eltern wählen hier nicht mehr das Beste aus, machen sich nicht auf die Suche nach der friedvollsten, in sich logischsten oder humanistischsten Religion, nein, der/die Kleine bekommt einfach das drübergebügelt, was man als Eltern schon zu glauben pflegt.

Und nicht umsonst verwenden wir das Wort "Trichter", wenn es darum geht, kleinen Kindern etwas einzutrichtern. Evolutionsbedingt sind diese so "eingestellt", dass alles was von den Eltern kommt erst einmal nicht hinterfragt wird. Mit der Pubertät kommt dann auch die Kritik, jedoch diese früh indoktrinierten Denkmuster werden davon nicht immer berührt.

Richard Dawkins hat einmal sinngemäß gesagt (ich habe das Zitat leider nicht gefunden):
Kleine Kinder können nicht unterscheiden, dass die elterliche Anweisung "schwimme nicht im Nil, damit du nicht von Krokodilen gefressen wirst" ein sinnvolles Gebot ist, wohingegen "opfere kleine Lämmer am Altar des Zeus, damit die Ernte gut wird" nur eine Verschwendung von Zeit und kleinen Lämmern darstellt.
Auf Grund dieses Mechanismus' erklärt sich auch, warum v.a. die größeren Weltreligionen so scharf darauf sind, an die kleinen Kinder zu kommen (ok, bei den Katholiken gibt es da noch ein anderes Interesse, aber das würde den post sprengen...). Kinder befolgen die einfache Regel "was ein Erwachsener sagt ist sinnvoll und muss nicht kritisch hinterfragt werden". Kinder die das vor ein paar hundert Generationen anders gehandhabt haben (hypothetisch gesprochen), haben es bei all den Gefahren, die der Planet für uns bereithält, nicht ins fortpflanzungsfähige Alter geschafft. Somit hat sich das unvoreingenommene Übernehmen der elterlichen Ansichten - auch wenn es der größte Schwachsinn ist - evolutionsbedingt durchgesetzt.

Doch zurück zu den Eltern. §1631 des BGB besagt

§ 1631 Inhalt und Grenzen der Personensorge 
(1) Die Personensorge umfasst insbesondere die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.
(2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. [...]


D.h. uns ist klar, dass körperliche Bestrafungen ein No-Go ist. Doch es werden (leider etwas schwammig) auch seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen genannt. Aus meiner Sicht ist das Menschenbild, das von vielen Religionen gezeichnet wird entwürdigend. Der Mensch als Spielball Gottes, die Frau als Untertan des Mannes, das menschliche Dasein gezeichnet von (Erb)Sünde qua Geburt. Wenn man jemandem einen Minderwertigkeitskomplex anerziehen wollte, würde man wahrscheinlich genau so vorgehen. Parallel dazu natürlich das Heilsversprechen, wenn man alles so macht, wie es der Glaube vorschreibt (keusch bis zur Ehe, 5x am Tag beten, kein Spanferkel essen, am Sabbat keinen Finger krumm machen etc.), dann hat man eine Chance auf die Glückseligkeit.

Nachdem die Eltern i.d.R. schon zwei Jahrzehnte oder mehr auf dieser Welt sind, sollten sie eigentlich erkennen können, welchen Brain-fuck sie ihren Nachkommen hier aufzwingen. Bei Licht betrachtet ist das Eintrichtern religiöser Werte und Normen (das i.d.R. auch sehr selektiv erfolgt, weil man die gewaltverherrlichenden Geschichten den Kleinen doch nicht zumuten will) eine Form von psychischer Misshandlung. Es werden Dinge über diese Welt erzählt, die im besten Fall frei erfunden, im schlimmsten Fall frech oder vorsätzlich erstunken und erlogen sind. Ihnen wird ein schlechtes Gewissen gemacht, für Dinge die ganz natürlich sind. Kinder werden durch Religion keine freien selbständigen Individuen sondern so genau ein Teil jener Herde, in der ihre Eltern auch schon verharren.

"In order to form an immaculate member of a flock of sheep one must, above all, be a sheep." - Albert Einstein

Sonntag, November 24, 2019

Das Wort zum Sonntag #66

Thema heute: Gut & Böse

Wer mag es nicht, diese Geschichten oder Filme in denen die Rollen klar verteilt sind. Gut gegen Böse, moralisch gegen unmoralisch und am besten gewinnt zum Schluss "das Gute". Ok, evtl. etwas zu langweilig für den heutigen Geschmack... der Gute/die Gute ist nicht mehr zu 100% gut (aber zu 80%) und kommt in der Geschichte/dem Film an einen Punkt an dem er/sie "das Richtige" machen muss - was er/sie dann auch tut. Klar ist es toll, wenn man als Wonder Woman, Super- oder Spiderman die Welt retten, aber die Probleme mit der gut/böse Bewertung fangen schon im Kleinen an.

Schauen wir uns mal folgende Szenarien an:

A:
Ich kann einem Kind
  1. eine Ohrfeige geben
  2. über die Wange streichen
1) ist in diesem Fall offensichtlich die böse Tat, wohingegen 2) die gute, die zu präferierende Handlungsalternative darstellt.

B:
Ich kann einem schlafenden Kind
  1. eine Ohrfeige geben
  2. über die Wange streichen
  3. seinen Schlaf gönnen und es in Ruhe lassen
Offensichtlich ist jetzt Handlungsalternative 3) besser als die beiden anderen.

C:
Ich kann einem schlafenden Kind in einem brennenden Haus
  1. eine Ohrfeige geben und es damit aufwecken um es zu retten
  2. über die Wange streichen
  3. seinen Schlaf gönnen und es in Ruhe lassen
In diesem konstruierten Fall, wäre ggf. 1) die bessere Alternative.

Was ich damit aufzeigen will ist, dass schon kleine Änderungen der Eingangsparameter zu anderen Ausgangsparametern bzw. anderen ethischen Bewertungen führen kann. Im Fall C wäre es ggf. strafbar wegen unterlassener Hilfeleistung, wohingegen in Fall A ein anderer Strafrechtsparagraph (Gewalt gegen Kinder) zur Anwendung käme.

Es ist schon schwer genug, mit einer modernen Gesetzgebung dagegen anzukämpfen und diese so gerecht wie möglich zu gestalten, quasi unmöglich ist es, diese, ohne exegetische Verrenkungen, aus alten Büchern über irgendwelche eingebildete Götter herzuleiten. Entweder man landet dann auf Allgemeinplätzen wie "du sollst nicht töten" (was jedem unmittelbar einleuchtet, für das es aber auch etliche Ausnahmen gibt wie z.B. finaler Rettungssschuss, Notwehr, militärischer Konflikt) oder in irgendeinem Mikromanagement, das heute aus der Zeit gefallen ist (Essens- und Sabbat-Vorschriften des Judentums, Verdammung der Homosexualität usw.). Wie belastbar können auch solche Vorgaben in einer sich stetig ändernden Welt sein? 

Weil es kein Schwarz oder Weiß gibt, weil niemand hier auf der Erde die Moral für sich gepachtet hat und alle Wertvorstellungen oder ethischen Verhaltensweisen immer einen Konsens darstellen, der sich aus dem aktuell besten Wissen herleitet (und nicht aus dem aktuell vorherrschenden Glauben!) und der argumentativ erstritten werden muss, deswegen kann es keinen moralischen Leitfaden geben, der sich ausschließlich aus einem alten Buch herleitet.

Unsere Handlungen müssen auch immer vor uns selbst auf den Prüfstand gestellt werden. Nicht irgendein Gott hat die Sklaverei abgeschafft, sondern wir als Menschheit haben diese (zumindest auf dem Papier) geächtet. Nicht irgendein Gott hat für die Gleichberechtigung der Frauen gestritten, sondern die Frauen selbst haben das getan - angesichts der schreienden Ungerechtigkeit, die 2000 Jahre Bibelgläubigkeit in Europa hinterlassen hat. Die UN Menschenrechtskonvention wurde nicht von einem religiösen Spinner aufgeschrieben oder durch irgendein Medium von einem Gott diktiert, sondern wir Menschen haben dies auf Grund unseres Intellekts geleistet.

Wir sind heute bedeutend weiter, als es die angeblichen Götter in ihren Schriften je waren und wir sollten uns das nicht mehr von irgendwelchen reaktionären Gottesfürchtigen kaputt machen lassen, deren einzige Argumentationsgrundlage zirkuläre Logik und ein altes Buch ist.
Das Gute, dieser Satz steht fest,
ist stets das Böse, das man lässt.
(Wilhelm Busch)

Mittwoch, November 20, 2019

Neulich im Quark...

Der Quantenquark hat einen, imho sehr lesenswerten, Artikel veröffentlicht, der mit dem Argument aufräumt, mit Impfungen würde die böse Pharmaindustrie nur Reibach machen wollen:

[…] Bei 80 Millionen Einwohnern ergäbe das einen Gesamtumsatz mit allen Impfstoffen von 2,4 Milliarden Euro im Jahr. Ich habe diese Zahl nicht gegenrecherchiert, aber ich bin mir sicher, diese Abschätzung ist noch zu hoch. 2,4 Milliarden Euro klingt nach einem Haufen Geld, aber wenn man bedenkt, dass allein die gesetzlichen Krankenversicherungen in diesem Jahr rund 40 Milliarden Euro für Arzneimittel ausgeben werden, wozu ja noch die privaten Versicherungen und die Selbstzahler kommen, wird deutlich, dass die Pharmaindustrie, wenn sie uns mit unnützen Medikamenten vollpumpen wollte, bei anderen Themenbereichen weitaus bessere (und zudem weniger umkämpfte) Aussichten hätte. [...]





Freitag, November 15, 2019

Damals beim Wasserstoffbombenstandpunkt...


"Die Anwendung einer Wasserstoffbombe ist vom christlichen Standpunkt aus nicht einmal eine so schreckliche Sache, da wir alle dem ewigen Leben zustreben. Und wenn zum Beispiel eine einzelne Wasserstoffbombe eine Millionen Menschen töte, so erreichen die Betroffenen umso schneller das ewige Leben."
Otto Dibelius, , CDU-Gründungsmitglied und 1949-1961 erster EKD-Ratsvorsitzender

"In solch einem Krieg ist es christlich und ein Werk der Liebe, die Feinde getrost zu würgen, zu rauben, zu brennen und alles zu tun, was schädlich ist, bis man sie überwinde. Ob es wohl nicht so scheint, daß Würgen und Rauben ein Werk der Liebe ist, weshalb ein Einfältiger denkt, es sei kein christliches Werk und zieme nicht einem Christen zu tun: so ist es doch in Wahrheit auch ein Werk der Liebe"
 Martin Luther 


"Alle, die sich mit Waffengewalt bekämpfen und durch Streitigkeiten getrennt sind, sind in Unseren Augen Unsere geliebten Söhne."

Pius XII. am 7.7.1952


"Mit Genugtuung verfolgen wir dne Kampf gegen die Macht des Bolschewismus."

Die deutschen katholischen Bischöfe am 10. Dezember 1941


"Ein Sieg über den Bolschewismus wäre gleichbedeutend mit dem Triumph der Lehren Jesu über die der Ungläubigen."

Die deutschen katholischen Bischöfe im Jahre 1942


"Alle Serben in möglichst kurzer Zeit zu töten. Das ist unser Programm."

Franziskanerpater Simic 


"Am Altarstein lässt sich so gut und scharf das Schwert schleifen"

Theologe G. Stipberger, 1914


"Jeder Krieg steht sogar in einem geheimen Zusammenhang mit dem blutigen Drama auf Golgatha. Er ist eine Fortsetzung des Kampfes, den unser Erlöser geführt hat. Liegt … darin nicht ein einzigartiges Motiv, das Heilige - ich meine den Krieg - heilig zu behandeln?"

Der Prior des Klosters Maria Laach, Hammenstade


"Deutschlands Krieg ist ein Kampf für die Christenheit"

Radiopriester Charles E. Coughlin über den Überfall auf Russland


"... dass der Krieg gegen Russland ein europäischer Kreuzzug  ist... Dieses starke und verpflichtende Erlebnis eures Einsatzes im Osten wird euch zu Bewusstsein bringen, wie unsagbar groß das Glück ist, dass wir Deutsche sein dürfen"

Der deutsche Feldbischof Rarkowski


"Pius XII. habe freundschaftliche Gefühle für das Reich. Er wünsche dem Führer nichts sehnlicher als einen Sieg..."

Erklärung der Päpstlichen Nuntien in Madrid und Vichy


"Es ist keine Sünde mehr, ein siebenjähriges Kind zu  töten, wenn es gegen die Gesetzgebung der Ustaschen verstößt. Obwohl ich das Kleid des Priesters trage, muss ich oft nach dem Maschinengewehr greifen."

Der katholische Geistliche Dionis Juricev


"... Mut, unter Aussicht auf millionenfache Zerstörung menschlichen Lebens in der heutigen Situation das Opfer atomarer Rüstung zu bejahen..."

Der Jesuit Hirschmann

"Die Anwendung des atomaren Krieges ist nicht absolut unsittlich"
"Denn wir haben erstens sichere Gewissheit, dass die Welt nicht ewig dauert, und zweitens haben wir nicht die Verantwortung für das Ende der Welt."
Der Jesuit Gundlach


Wenn man genau aufpasst, dann kann man sowas wie einen roten Faden erkennen...




Montag, November 11, 2019

Neulich im Bayrischen Landtag...


Unter Gesichtspunkten des gesunden Menschenverstands müsste man jetzt 120 Abgeordnete nach Hause schicken. Auch zeigt sich hier wieder sehr schön, was Fraktionszwang bewirkt. Durch diesen wissen wir leider auch nicht, wie viele Abgeordnete der Nein-Stimmen Fraktion für Ja gestimmt hätten, umgekehrt auch nicht, wie viele Abgeordnete der Ja-Stimmen kein großes Loch im Kopf haben.

Allen kann ich nur meinen Homöopathietest ans Herz legen...

Dienstag, November 05, 2019

Neulich beim Dauerzocken...

Eigentlich wäre das eher was für Erichs Kategorie, aber ich bin Erster 😉

Ein 17jähriger ist anscheinend an einem Schlaganfall gestorben, nachdem er (wer weiß wie lange) am PC gezockt hat - wie man hier nachlesen kann.

Ok, man kann beim Computerspielen sterben, andere Leute sterben in ihren Stiefeln, im Bett, im Büro, beim Autofahren, vor, während oder nach dem Sex (letzteres wäre vorzuziehen) usw.usf.. Auch ein Schlaganfall bei einem 17jährigen ist zwar sehr selten, jedoch bei einer Anzahl von ca. 100 Millionen 17jährigen weltweit durchaus im Rahmen der Wahrscheinlichkeit. Korrelation bedeutet jedoch auch hier nicht Kausalität. Auch wenn die Bedingungen (wenig Schlaf, ungesundes Essen, stundenlanges Zocken) hinreichende Voraussetzungen sein könnten, so muss dies keine notwendige Ursache für einen Schlaganfall sein.

Leider wird so ein "black swan" immer überbewertet, wie auch der Vater im Artikel das als Warnung an andere Eltern ausgeben will. Gaming, auch exzessives Gaming, stellt ein weit geringeres Risiko für Leib und Leben dar, als z.B. der Straßenverkehr - oder tödliche Haushaltsunfälle.

Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass exzessives Zocken in 99,9999999% aller Fälle bei einem 17jährigen KEINEN Schlaganfall auslöst, also als extrem sichere Freizeitbeschäftigung gelten kann.

Samstag, November 02, 2019

Neulich im Jahr 2028...

T minus 38 Tage. Wir hatten es erst vor circa 2 Jahren bemerkt und erst vor 14 Monaten Gewissheit bekommen. In etwas mehr als einem Monat wird die Erde von einem anderen Planeten getroffen werden, der in etwa die Größe des Merkur besitzt. Anscheinend irrt dieser Planet schon seit Millionen von Jahren durch den Weltraum, man vermutet, dass er durch irgendeinen Umstand aus seinem Sonnensystem geschleudert wurde und jetzt bahnlos durch den Raum geistert.

Die letzten 400 Tage waren äußerst interessant. Zunächst wurde versucht, den faktischen Weltuntergang - denn nichts anderes bedeutet ein Einschlag dieser Größenordnung - seitens der Regierungen geheim zu halten, was jedoch schief ging, da die Information geleaked wurde.

Danach passierte folgendes, wenn auch nicht gleichzeitig:
die Börsenkurse weltweit befanden sich im freien Fall
...


Diesmal ein Post zum mitmachen. Welche weiteren Auswirkungen würde das oben beschriebene und natürlich fiktive Szenario noch nach sich ziehen? Was würde man selbst in den letzten 400 Tagen seiner Existenz machen? Das Abitur nachholen? Ein Apfelbäumchen pflanzen? Würden wir alle Kriege beenden? Ein Generationenraumschiff bauen? Oder Verbrechen nach Lust und Laune begehen, weil lebenslänglich nur 400 Tage bedeutet? Würde man gläubig werden und beten, weil nur noch ein allmächtiger Gott die Katastrophe verhindern könnte?

Donnerstag, Oktober 24, 2019

Neulich in der SpielHalle...

Ein, aus meiner Sicht, recht guter Artikel zu der aufgekommen Diskussion zwischen den Morden in Halle und der Gaming/Gamer Szene.

Es gibt "toxische" Computerspiele, sagen nun alle. Und haben Recht damit. Die gibt es. Und jetzt? Dummerweise erlernte der Täter das Schießen aber nicht "toxisch" am heimischen Bildschirm, sondern bei der Bundeswehr.

Es ist wirklich ein Unding, dass seitens der Politiker Computerspiele jedes mal dafür herhalten müssen um irgendwelche Gräueltaten verstehbar zu machen. Die Welt ist nur leider nicht so linear und binär, als dass man sie in gut und böse einteilen könnte oder dass eine gewisse Softwareapplikation einen zum (Massen)Mörder werden lässt. Dahinter steckt die dämliche Annahme, dass wenn jemand etwas macht, was so aussieht wir im richtigen Leben, dass das auch der Grund dafür ist, dass er das im richtigen Leben macht.

Das ganze erinnert fatal an den Cargo-Kult, bei welchem indigene Völker im pazifischen Raum der Meinung waren, wenn sie nur genau nachahmten, wie ein Flugplatz funktioniert, dass dann wieder eine von den tollen Versorgungsmaschinen landete, die das viele Cargo dabei hätte. Insofern bastelten sie Kopfhörer aus Holz, einen Tower dazu und taten so als ob sie funkten.

Die Attentäter von 9/11 hatten auch Flugstunden genommen und (wahrscheinlich auch) mit Flugsimulatoren trainiert. Nur hat der Flugsimulator sie nicht zu religiös-fanatischen Idioten gemacht. Dafür braucht es leider immer noch reale Menschen, das haben Maschinen/Computer noch nicht so drauf - vielleicht in der Zukunft irgendwann...






Samstag, Oktober 12, 2019

Neulich beim E-Scootern Öl-Scootern...

Das Oktoberfest ist mal wieder vorbei, Gott sei Dank, könnte man als gläubiger Mitbewohner dieses Planeten dann noch anhängen...
Umso lustiger, dass die E-Scooter-Plage hier in München dann noch folgendes produziert hat:
Laut eigener Mitteilung stellte die Münchner Polizei 774 Alkoholfahrten fest, davon 414 bei E-Scooter-Fahrern. 254 Scooter-Nutzern wurde der Führerschein entzogen. Auch bei den 21 Unfällen im Zusammenhang mit E-Scootern auf der Wiesn waren 13 Fahrer alkoholisiert. Insgesamt wurden 15 Menschen dabei verletzt. (hier der ganze Artikel)
Was bedeuten diese Zahlen nun? Bei geschätzten 6 Mio. Besucher dieses größten Volksbesäufnissesfestes wurden 414 Leute mit E-Scootern erwischt. Die Wiesn geht ca. 2 Wochen, das bedeutet bei 14 Tagen ca. 450.000 Besucher pro Tag.

Gehen wir davon aus, dass 30% mit einem Fahrzeug kommen, so wären das 150.000 potentielle Opfer einer Alkoholkontrolle pro Tag. Gehen wir weiter davon aus, dass einer von 10 Leuten alkoholisiert mit dem Fahrzeug unterwegs ist (das entspricht in etwa der Bevölkerungszahl, die in .de nicht mit Alkohol umgehen kann). D.h. 15.000 hätte man theoretisch pro Tag erwischen können, ca. 50 hat man erwischt. Angesichts der Besucherzahlen pro Tag ergibt das eine Quote von 0,01 Promille. Also alles wie gehabt, man wird quasi so gut wie nicht besoffen beim Fahren von was auch immer erwischt... 😜

PS: der Titel ist natürlich einer österreichischen Begrifflichkeit geschuldet...

Freitag, Oktober 04, 2019

Neulich beim in die Röhre Schauen...

Ich habe für dieses und dieses Video innerhalb der letzten 5 Jahre ca. 360 hits bekommen, d.h. überschlagsmäßig waren das ein Aufruf alle 5 Tage. Insofern kann man mir wirklich nicht Kommerzialität vorwerfen....

Vor ein paar Monaten habe ich diese Geschichte hier vertont und jetzt auch noch mal in die Röhre gestellt. Einen Durchbruch erwarte ich nicht mehr, aber vielleicht gefällt es ja dem/der einen oder anderen 😉


Sonntag, September 29, 2019

Das Wort zum Sonntag #65

Thema heute: Religiöse Argumentation

Ich bin zufällig in einem alten Spiegel von 2015 über ein Interview gestolpert, welches das Blatt mit dem britischen Astrophysiker Ben Moore und dem Hamburger Pastor Johann Hinrich Claussen geführt hatte (und welches sogar hier eingesehen werden kann).

Dabei nimmt es schon fast kafkaeske Züge an, wie Claussen sich um jede existentielle Frage drückt. Man hat weniger Probleme dessertcremeartige Nachspeisen an die Wand zu nageln. Wobei man aber auch schamvoll zugeben muss, dass sich die beiden anderen Parteien (Spiegel & Moore) nicht besonders geschickt anstellen, obwohl es manch guten kritischen Ansatz gibt, der das Interview in toto lesenswert macht.

Hier ein Beispiel:
Moore: […] Ich würde also hinzufügen: Versucht nicht, andere von euren Ideen zu überzeugen, denn damit richtet ihr Katastrophen an, dann geht es plötzlich um Kontrolle, um Gehirnwäsche.  
SPIEGEL: Richten Sie Katastrophen an, Herr Claussen?  
Claussen: Jede Art der Kultur ist ambivalent, in allem steckt das Gute und Böse.  
SPIEGEL: Auch in der Religion?  
Claussen: Natürlich. Im Journalismus übrigens auch.  
SPIEGEL: Okay.
Das "Gute" und das "Böse" ist eine subjektive Qualifikation. Claussen entzieht sich der Antwort auf die Frage, indem er es von der Religion im Besonderen zur Kultur im Allgemeinen lenkt und dann auch noch dem Journalismus Gutes und Böses unterstellt. Seine Meinung, ob Religion nun für Katastrophen verantwortlich ist (wie z.B. die Massaker in Ruanda) bleibt unbeantwortet.

Etwas später geht es dann um die Wurst. Moore stellt dar, dass alles (auch die Liebe) nur chemischen Abläufen geschuldet ist, daraufhin geht es dann so weiter:

Moore: Ja, natürlich. Eine Nervenzelle ist ein komplexes Gebilde, aber man kann nachvollziehen, wie sie funktioniert. Und Gefühle sind eine molekulare Interaktion, Hormone führen dazu, dass wir uns gut fühlen oder schlecht.
SPIEGEL: Stimmen Sie zu, Herr Claussen?
Claussen: Natürlich nicht. Ich widerspreche entschieden. Sie simplifizieren alles.
Moore: Wieso das?
Claussen: Weil Menschen Gedanken haben und Gefühle. Wie wollen Sie die Selbstwahrnehmung, das Selbstbewusstsein des Menschen mit diesem Modell verstehen? Sicher, jedes Gefühl, jeder Gedanke ist mit einem materiellen Prozess im Gehirn verbunden, lässt sich aber nicht auf diesen reduzieren.
Moore: Es gibt keinen Beweis dafür, dass noch andere Faktoren im Spiel sind.
Claussen: Die Frage, wie man sich bewusst zu einem Gegenstand verhält, wie man ihn interpretiert und versteht, geht doch weit über neurophysiologische Reaktionen hinaus. Wahrscheinlich würde uns ein Philosoph des Bewusstseins, jemand wie Immanuel Kant, jetzt helfen können, er würde zwischen Ihnen und mir vermitteln.
Moore: Ein Philosoph würde hier auch nichts ausrichten können. Ich spreche von Wissenschaft. Sie sprechen von irgendeinem merkwürdigen Ding, das in unseren Köpfen herumspuken soll und für dessen Existenz ich keinerlei Beweise habe.
Claussen: Das ist kein Ding, sondern eine Dimension, wie wir die Welt betrachten. Naturwissenschaft kann nicht alles erklären.
SPIEGEL: Wer ist für diese Dimension verantwortlich? Gott?
Claussen: Mhm.
Moore: Glauben Sie eigentlich an Gott? Sorry, dass ich Sie jetzt so direkt frage: Glauben Sie zu 100 Prozent an ihn oder zu 99,9 Prozent? Haben Sie vielleicht auch Zweifel?
Claussen: Ich glaube an ihn, und ich habe Zweifel.
Moore: Sie wachen morgens nicht auf und denken: Ach, so ein Mist, das macht doch alles gar keinen Sinn?
Claussen: Nein, mein Glaube an Gott ist ein wesentlicher Teil meiner Beziehung zu dieser Welt.
Moore: Welche Aufgabe hat Gott in Ihrer Welt? Wenn Gott Ihrer Meinung nach weder den Menschen geschaffen hat noch das Universum: Welche Rolle bleibt ihm da noch?
Claussen: Ich glaube fest daran, dass es da etwas Bedingungsloses gibt in dieser Welt, etwas, das wunderschön ist, wahr und gut, etwas, was mich innerlich berührt und durch mein Leben führt. 
Leider lenken die beiden Interviewer des Spiegel dann vom Thema ab. Es wäre doch wirklich interessant zu erfahren, wie man sich etwas "Bedingungsloses" in einer Welt vorzustellen hat, in der bislang wirklich alles, was uns soweit untergekommen ist, bedingt ist. Selbst bei für uns "scheinbar" bedingungslosen Ereignissen (z.B. in der Quantenphysik) liegt die Vermutung nahe, dass sich uns die Abhängigkeiten für solche Ereignisse noch nicht vollumfänglich erschlossen haben. Claussen bemüht auch hier die Argumentation, die man ad nauseam aus der esoterischen Ecke kennt: alles ist irgendwie mehr als die Wissenschaft erkennt, ein Gedanke ist nicht nur eine komplexe bio-elektro-chemische Schaltung im Gehirn, sondern da kommt noch etwas on top... zwar gibt er zu, dass ursächlich die biologische Reaktion notwendig ist, aber aus seiner Sicht nicht ausreichend. Auch hier hätte Moore und/oder der Spiegel etwas mehr festnageln sollen. Was kommt denn dazu? Was muss hier dazugeschwurbelt werden?

Man sollte nie so dumm sein und Kleriker unterschätzen. Diese sind es von Berufs wegen gewohnt, den größten Teil ihres Lebens im Doppeldenk zu verbringen. Moore und die Damen & Herren vom Spiegel sind ja nicht die ersten Un- oder Weniggläubigen, die Claussen über den Weg laufen. Diese zweifelnden Fragen sind ja das Brot- und Buttergeschäft eines jeden Seelsorgers. Claussen hat sich gut geschlagen (die Gegenspieler hätten evtl. etwas früher aufstehen müssen 😉) und somit wahrscheinlich seine aktuelle Aufgabe als Kulturbeauftragter der EKD verdient...
"Theology is the effort to explain the unknowable in Terms of the not worth knowing." - H.L. Mencken 
 

Montag, September 16, 2019

Dienstag, September 10, 2019

Neulich beim alten Potter...

Gut, über die literarische Qualität der Harry Potter Bücher kann man geteilter Meinung sein (hatte ich ja schon mal kundgetan). Ich sehe das ähnlich wie die Dan Brown Bücher (Sakrileg usw.), gute Popcorn-Literatur, aber nicht nobelpreisverdächtig.

Umso interessanter ist es, dass Frau Rowlings Fantasie anscheinend tatsächlich wirkt. Zumindest im Kopf von Pastor Dan Reehil, der sich, gem. dieser Meldung zufolge, nicht entblödete zu sagen:

Man sei zu dem Schluss gekommen, dass "die Flüche und Zaubersprüche in diesen Büchern echt sind und, wenn sie von einem Menschen gelesen werden, böse Geister heraufbeschwören könnten".

Listen wir mal die Annahmen auf, die hinter so einem Statement stecken:
  • es gibt Geister
  • eine gewisse Anzahl dieser Geister ist "böse"
  • Geister können beschworen werden, wenn Menschen etwas lesen
  • es gibt Flüche
  • es gibt Zaubersprüche
  • Flüche und Zaubersprüche können "echt" oder "unecht" sein
D.h. selbst in einer so kurzen Meldung sind schon 6 Annahmen enthalten, die beleglos von unserem amerikanischen Röckchenträger in die Welt posaunt werden. Doch werfen diese Annahmen noch weitere Fragen auf, nämlich:
  • Wie kann man einen bösen von einem guten Geist unterscheiden? Am besten noch "bevor" man diesen durch das Lesen eines Harry Potter Buchs beschworen hat...
  • Genügt für die Beschwörung stilles Lesen oder müssen die Flüche und Zaubersprüche laut vorgelesen werden? Falls ja, wie erklärt man sich die unterschiedliche Wirkung?
  • Wie kann man einen echten Fluch/Zauberspruch von einem unechten unterscheiden?
  • Wurden jemals empirische Versuche zur Geisterbeschwörung mittels Harry Potter Romanen unternommen?
Und wer jetzt der Meinung ist, diese Frage stelle sich ja nicht, da man das nicht so ernst nehmen solle, dem sei gesagt, dass der gute Pastor Dan auf unsere (bzw. amerikanische) Kinder losgelassen wird. Man kann dann ja nur vermuten, welch anderen Blödsinn er ihnen noch eintrichtert. Was auch erschreckend ist, dass das Internet voll von obiger Meldung ist, i.d.R. komplett unkommentiert wiedergegeben, anstatt darauf hinzuweisen, dass jemand der so etwas von sich gibt oder fiktionale Literatur aus einer Bibliothek verbannt, weil er Zaubersprüche dahinter vermutet, eher in eine Zwangsjacke, denn an die Spitze einer Schule gehört (auch wenn es eine katholische ist).