Sonntag, Juli 22, 2007

Das Wort zum Sonntag #23

Thema heute:
Was war am Anfang?

Christen werden nicht müde zu behaupten, dass ihr Gott ganz am Anfang war. Doch schauen wir zunächst mal in die hl.Schrift. Da steht z.B. in 1 Mose 1,1:
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
In den Sprüchen 8,22 liest man dann:
Der HERR hat mich schon gehabt im Anfang seiner Wege, ehe er etwas schuf, von Anbeginn her.
Oder in Joh 1,1:
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
Oder Offenbarung 22,13:
Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.
Also wie man es dreht und wendet, Gott war irgendwie am Anfang und davor war nichts.

Diese Sichtweise hat allerdings zwei Schönheitsfehler. Denn zum einen wird Gott ständig als der Unverursachte Verursacher missbraucht, da man (außer bei Gott) immer davon ausgeht, dass alles eine Ursache haben müsse. Fragt man dann welche Ursache Gott habe, so bekommt man die lapidare Antwort, dass Gott selbst keine Ursache benötige. Wenn es aber eine Sache gibt (Gott), die keine Ursache benötigt, so ist es legitim anzunehmen, dass es evtl. auch andere Dinge gibt, die unverursacht geschehen (z.B. Universum). D.h. um das Verursacherprinzip als gültiges Argument vorlegen zu können, muss man darlegen können, wer oder was Gott verursacht hat.

Der zweite Schönheitsfehler liegt darin, dass (nachdem Gott am Anfang ganz alleine im Nichts war) alles, alles, alles was geschaffen wurde ursächlich auf eben diesen Gott zurückzuführen ist. Wer hat den Teufel verursacht? Gott! Wer hat die Hölle verursacht? Gott! Wer hat die ganzen Parasiten und tödlichen Krankheiten verursacht? Gott!
Letztendlich landet man, wenn man das konsequent durchdenkt, wieder beim Theodizee-Problem, das ich in #21 zum Thema hatte.

Und eine weitere Implikation ergibt sich auch noch für Gott selbst. So er nie "erschaffen" wurde, sondern ewig existiert, so ist die Frage "woher komme ich" für ihn prinzipiell unbeantwortbar und führt geradewegs in ein psychisches Dilemma. Weiters wissen wir, dass soziale Verhaltensweisen, also das, was wir dann mit Ethik und Moral bewerten, nur durch die Interaktion von Individuen, oder noch allgemeiner, Entitäten möglich ist. Welche Bezugspunkte hatte Gott denn um dann moralische Richtlinien erlassen zu können?

Und schließlich noch der lezte Punkt, nämlich die logische Unmöglichkeit etwas im Nichts zu schaffen. Im Nichts gibt es weder Raum noch Zeit. Ein Schaffensvorgang, wie wir ihn kennen, beinhaltet zum einen einen räumlichen Bezug zu dem zu Schaffenden, sowie einen zeitlichen Bezug, nämlich die Idee mit anschließender Ausführung. Beides kann für Gott nicht möglich gewesen sein, so er sich im Nichts befand. Der einzige Ausweg wäre, auf die Vokabel "schaffen" zu verzichten, denn diese ist in diesem Zusammenhang schlicht falsch. Also kann man sagen "Gott hat gezrumpftelt" oder "Gott hat flarlaragt" oder welches Fantasiewort einem auch einfallen mag, denn "schaffen" ist definitiv falsch.
Es ist für mich ebenso leicht, zu glauben, daß das Weltall sich selber geschaffen hat, als daß ein Schöpfer des Weltalls sich selber schuf, nein vielleicht sogar leichter, denn das Weltall existiert in sichtbarer Form und schafft sich selbst im Fortschreiten ständig neu, während ein Schöpfer dieses Weltalls eine Hypothese ist.
(George Bernhard Shaw)

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