Sonntag, Juli 01, 2007

Das Wort zum Sonntag #20

Thema heute:
Soll man missionieren bzw. das "Wort Gottes" verbreiten?

Die Bibel selbst gibt sich dazu - wie meistens - widersprüchlich. So liest man z.B. bei Matthäus 10,5f:
Diese Zwölf sandte Jesus aus, gebot ihnen und sprach: Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter, sondern geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel.
Oder auch Apostelgeschichte 16,6:
Sie zogen aber durch Phrygien und das Land Galatien, da ihnen vom Heiligen Geist verwehrt wurde, das Wort zu predigen in der Provinz Asien.
Hingegen liest man an anderer Stelle wieder folgendes:
Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes
(Mat 28,19)
Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur.
(Mar 16,15)
Als sie nun das Wort des Herrn bezeugt und geredet hatten, kehrten sie wieder um nach Jerusalem und predigten das Evangelium in vielen Dörfern der Samariter.
(Apg 8,25)
Wie man wieder einmal sehen kann, ist das "Wort Gottes" schon in sich nicht besonders schlüssig, mal sollen die Samariter es nie erfahren, dann wieder werden sie von den Aposteln damit vollgepredigt, mal ist es nicht für Heiden (also so gut wie alle anderen) bestimmt, dann wieder soll man in "alle Welt" gehen und "alle Völker" damit vollsülzen.

Aber es stellt sich noch eine weitere Frage in bezug zur Mission. Warum sollte eine Lehre, die in sich schlüssig und wahr ist, Mission überhaupt nötig haben? Würde sich dieses Wissen nicht ganz ohne Zutun von Wanderpredigern verbreiten? Wären Menschen, die bereits anderen Göttern/Götzen anhängen, nicht geneigt zum wahren Gott zu wechseln, so sie dessen Lehre überzeugt?

Ich denke Überzeugen ist hier das Zauberwort, denn eigentlich überzeugt keine Religion unter kritisch-rationalen Gesichtspunkten wirklich. Das, was wirklich wichtig ist (ewiges Leben, Auferstehung etc.), muss immer blind geglaubt werden und somit "überreden" die Missionare andere Menschen eher zu deren Glauben, als dass sie sie überzeugen. Wenn man einen Blödsinn nur oft genug wiederholt (und vorher ausreichend gegen Kritik immunisiert hat), so wird er zwangsläufig irgendwann geglaubt. Dies umso mehr, so der Missionar den Menschen etwas gutes tut (z.B. medizinische Hilfe), oder - wie auch in der Geschichte oft genug vorgekommen - sie mit vorgehaltenem Schwert dazu zwingt.

Diese Eigenheit zeigt auch frappierend auf, warum Theologie keine Wissenschaft ist, denn welcher Mathematiker, Physiker oder Chemiker hat es nötig durch die Welt zu ziehen und kleine Kinder zu überreden an die Schwerkraft zu glauben, dass die Wurzel aus neun drei ist oder dass Wasserstoff und Sauerstoff mit einem Knall zu Wasser werden? Richtigeres oder gesichertes Wissen setzt sich (fast) von alleine durch und lässt sich auch immer fundiert kritisieren.
Du bist! du bist! sagt Lavater. Du bist!!
Du bist!! du bist!!!! Du bist, Herr Jesus Christ!!!!
Er wiederholte nicht so heftig Wort und Lehre,
wenn es ganz just mit dieser Sache wäre.

(Johann Wolfgang v. Goethe)

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