Mittwoch, Oktober 25, 2006

Neulich bei den Kanibalen...

Die Transsubstantiationslehre (abgesehen davon, dass viele Gläubige mit dem Begriff nichts anfangen können) ist eine der größten Vergewaltigungen des gesunden Menschenverstands. Besagt diese doch, dass bei der Eurcharistie der Wein und der Keks durch Gottes Gnade (und bei den Katholiken noch zwingend durch das Sakrament des Priesters) zwar nicht physikalisch (also messbar) verwandelt werden, aber dem Wesen nach jetzt Blut und Leib (also Fleisch) Christi sind. Keiner kann den Unterschied zwischen einem transsubstationierten Keks und einem frisch aus der Oblatenfabrik unterscheiden, aber wichtig ist ja nur, dass man daran glaubt!

Das ist ungefähr genauso bescheuert, als würde ich mit einem 5 €-Schein zum Computershop meines Vertrauens gehen, mir einen Rechner für 499 € aussuchen, den 5er auf die Theke knallen und dem verdutzten Angestellen ein lässiges "den Rest können sie behalten" entgegenschleudern. Falls dieser dann nachfragt, ob ich noch ganz bei Trost bin, sage ich zu ihm, dass dieser Euro-Schein transsubstantioniert ist - damit dem Wesen nach ein 500-€-Schein - und somit dem Gegenwert des Rechners entspricht.

Ich denke, mein Standpunkt ist klar geworden. Wir sind nicht hier auf der Welt um uns gegenseitig die Hucke mit irgendwelchem Scheiß vollzulügen. Das christlich-kanibalistische Ritual jeden Sonntag wäre ja noch einigermaßen im Rahmen, hätte man sich diese schwachsinnige Story über die Wesensveränderung der Ingredienzien erspart und das Ganze einfach symbolisch gesehen. Aber wenn man als Christ, v.a. als Katholik oder Protestant, die Transsubstantiation verwirft, kann man auch gleich das ganze Christentum mitverwerfen.

Diese lange Einleitung ist nötig, weil es nämlich (leider zu viele) Leute gibt, die diese Transsubstantiation für wahr halten, d.h. für diese ist das Bestandteil unserer Welt, ist Realität. Deshalb nicht verwunderlich, dass man dazu eine Internetseite baut, auf der u.a. die diversen (und sämtlich erschwindelten) Wunder diesbezüglich gesammelt sind. So heißt es da:


In der ehemaligen Klosterkirche des hl. Longinus in Lanciano feierte im 8. Jahrhundert eines Tages ein Basilianermönch, wie gewohnt, die hl. Messe. Nachdem er die Hostie in den hochheiligen Leib Christi und den Wein in das kostbare Blut Christi verwandelt hatte, hielt er einige Augenblicke inne. Mag sein, dass er von einem Zweifel an der wirklichen Gegenwart Jesu Christi im heiligsten Altarssakrament geplagt wurde. Im selben Augenblicke wurde er von einem ausserordentlichen Wunder überrascht. Ein Teil der geweihten Hostie verwandelte sich nämlich vor seinen entsetzten Augen in blutendes Fleisch, während der übrige Teil weiterhin wie Brot aussah; der verwandelte Wein nahm gleichzeitig die Gestalt frischen Blutes an, das nach und nach zu fünf Blutkörperchen gerann, die in Form und Gestalt verschieden waren.
Zuerst einmal sollte man festhalten, dass es das "Wunder" so wie es unter Gläubigen verstanden wird, nicht gibt. Entweder etwas außergewöhnliches passiert, dann müssen wir unsere Physik/Chemie/wasauchimmer auf die neuen Gegebenheiten anpassen oder das beobachtete scheint nur wunderbar zu sein, dann lässt sich auch eine normale Erklärung dafür finden. Die wahrscheinlichste Erklärung für das oben Dargestellte ist einfach Betrug. Die Kirche hat - vor allem im Mittelalter - dermaßen viel aus Macht- und Profitsucht gefälscht, dass hier eigentlich kein anderer vernünftiger Schluss übrigbleibt.

Aber angenommen es handle sich wirklich um diesen wunderbaren Zauber, der einen Keks in ein Kotlett verwandelt hat. Das weit größere Problem mit Wundern ist, dass durch sie absolut keine wahre Aussage über Gott getroffen werden kann. Aus einem Wunder kann man nicht die Existenz Gottes folgern, das ist ein logischer Fehlschluss, ein sog. non sequitur.

(1) Es passiert etwas wunderbares, etwas unererklärliches
(2) Kein Mensch kann etwas unerklärliches bewirken
-> also gibt es Gott

Etwas konkreter:
Ein Ureinwohner am Amazonas (der noch nicht mit der modernen Welt in Berührung kam) sieht ein Flugzeug am Himmel. Für ihn ist das ein Wunder, eine unerklärbare Erscheinung. Also schließt er daraus, dass es seinen Hausgott Xzwehgahagfagetchl geben muss, denn sonst könnte keiner (aus seinem Dorf) dieses Ding an den Himmel zaubern.

Noch dazu haben fast alle Religionen dieser Erde ihre "Wunder". Seien es die Muslime mit ihrem Mohammed, der auf einem geflügelten Pferd in den Himmel ritt, seien es die Juden mit den vielen Wundern im Alten Testamten, die sie sich mit den Christen teilen müssen, seien es Hidus, manche Richtungen des Buddhismus etc.etc.. Wenn ein Wunder somit ein Beleg dafür wäre, dass ein Glaube, eine Religion wahr ist, dann müssten alle Glaubensrichtungen, alle Religionen, die Wunder verwenden, wahr sein, was de facto auf Grund ihrer unvereinbaren Lehren unmöglich ist.

Aber von einem wahrhaft Gläubigen werden diese Argumente gegen Wunder natürlich mit einem Verweis auf Gottes Logik und Wege und deren Unergründlichkeit vom Tisch gewischt und eine "wissenschaftliche Untersuchungskomission" vom dortigen Bischof ins Leben gerufen (anno domini 1970/71 - also noch fern jeglicher DNS-Analyse!), die dann die blutigen Überreste der Keksschlacht Zauberkekse untersucht. Geleitet wurde diese von Prof. Odoardo Linoli, der - wen wundert's - Chefpathologe der katholischen Klinik "S.Maria Sopra i Ponti" in Arezzo ist/war (ebenfalls lässt sich erahnen wie "ergebnisoffen" hier geforscht worden sein muss...). Dieser brachte dann auch folgende 8 "wissenschaftliche" Erkenntnisse zu Papier:

1. Das Fleisch ist wahrlich Fleisch und das Blut wahrlich Blut.
(schon Einstein sagte: wahrlich, wahrlich, e ist gleich m mal c zum Quadrat!)
2. In der Hostie selbst gibt es keine Hinweise von Brot und Mehl. Obwohl die Hostie aus Weizen gemacht wird, verwandelte sie sich nach den Wandlungsworten in Fleisch und der Wein in Blut.
(hmm.. also der Keks ist gar kein Keks mehr sondern ein Stück Fleisch? Also mich wundert es nicht wenn ich in einem Stück Fleisch keinen Hinweis auf Brot und Mehl finde - außer ich war beim Schotten essen)
3. Sowohl das Fleisch als auch das Blut gehören einer lebenden Person. Das Blut, obwohl geronnen, ist in einem Zustand, als ob es in den Venen einer Person fließe, und das Fleisch, als ob es von einer lebenden Person stammen würde. Es ist ein Beweis dafür, dass Jesus wirklich auferstanden ist, und dass er sowohl im Himmel als auch in der Eucharistie wahrhaft lebendiges und verklärtes Fleisch hat.
(hier offenbart sich jetzt die ganze Wissenschaftlichkeit Prof. Linoleums, da die Fakten, die er analysiert hat einfach nur die Schlussfolgerung zu lassen, dass es sich um menschliches Blut und Gewebe handelt. Das Auferstehungsmärchen ist seine persönliche Interpretation und hat in einer wissenschaftlichen Arbeit nichts zu suchen!)
4. Das Fleisch und das Blut gehören der gleichen Blutgruppe (AB), was darauf hinweist, dass es sich um eine einzelne Person handelt. Der Blutgruppe AB gehören 95 % der jüdischen Frauen an. Die Heilige Jungfrau Maria, deren menschliches Fleisch die zweite Person der Heiligen Dreifaltigkeit durch Einwirkung des Heiligen Geistes annahm, war jüdischer Abstammung. Deshalb musste Christus der gleichen Blutgruppe angehören. Das Blut ist identisch mit dem, das sich auf dem Turiner Grabtuch befindet.
(mal abgesehen davon, dass ich die 95% von Prof. Linux nirgends finden konnte, ist - abgesehen von dem apologetischen Geschwurbel - der Schluss falsch, dass das Kind einer AB-Mutter auch AB haben muss. Außerdem könnte er jetzt wenigstens konsequent sein und gleich mitbehaupten, dass der Heilige Geist nicht die Blutgruppe 0 haben konnte!)
5. Die fünf Kügelchen geronnen Blutes, von verschiedener Größe, wiegen insgesamt 15,85 gr., wie alle fünf zusammen. Das ist, was uns der Glaube lehrt:
Der Leib und das Blut Christi sind gleich vollkommen enthalten, sei es in der Hostie, sei es im Kelch und auch in jedem Teil oder Fragment davon. Wenn die Hostie oder der Kelch geteilt wird, werden der Leib und das Blut Christi nicht geteilt, sondern sie bleiben in allen Teilen vollkommen erhalten.
(und? ist das irgendein wissenschaftlicher Beitrag zu dem Thema? Es ist die Verwurstung von Messung mit Annahmen - höchst unredlich!)
6. Das Fleisch ist von Fasern des Herzens, d.h. aus dem Organ, das am besten die Liebe Christi zu uns versinnbildlicht.
(Und? Beweist das was? Wenn das Fleisch aus dem Hinterteil gewesen wäre, wäre das dann die Versinnbildlichung dass wir Christus am Arsch vorbeigehen? Hallo Herr Professor.. sie interpretieren zum soundsovielten Mal!)
7. Im Fleisch und auch im Blut wurden keine Substanzen oder Zutaten, die die Verwesuung verhindern, gefunden. Hierbei handelt es sich um naturelles Fleisch und Blut.
(In Mumien gibt es auch naturelles Fleisch und Blut und diese sind bis zu 5000 Jahre alt. Nachdem sich Professore zu gut für eine Radiocarbonanalyse war bzw. diese zum damaligen Zeitpunkt mit so kleinen Proben noch nicht funktionierte, wissen wir noch nicht mal ob es sich dabei nicht um eine Fälschung aus späterer Zeit handelt - oder, was auch wahrscheinlich ist, er hat gerade diese Ergebnisse nicht veröffentlicht)
8. Die Konservierung dieser Reliquie, in ihrem jetzigen Zustand, während mehr als 1200 Jahre, ist ein wissenschaftlich unerklärliches Phänomen. Es wurde ein Akt mit verschiedenen Kopien gemacht und eine davon Papst Paul Vi. persönlich überreicht.
(Dass ein trockener Fleischklumpen in einer Monstranz, über 1200 Jahre mehr oder weniger luftdicht eingeschlossen, nicht verwest ist selbst für mich als Nichtwissenschaftler kein unerklärliches Phänomen - im Gegenteil, die Similauner Gletscherleiche ist >5000 Jahre alt und dafür in recht gutem Zustand!)

Es ist und bleibt nichts wunderbares an Lanciano. Das einzige was bleibt ist der schwelende Verdacht, dass hier ein Pfaffe sein Dorf in den Abruzzen bekannt machen wollte, um seine Einnahmen durch die Wallfahrer zu erhöhen. Denn so sehr die Geistlichen auch das Leben nach dem Tod preisen, weltliche Macht und weltliche Reichtum wurden diesem schon immer vorgezogen...

Das nur mal als kleinen Denkanstoß für alle die, die demnächst wieder bei der heiligen Kokserei Kekserei Eurcharistie das Fleisch Christi essen und dessen Blut trinken. (Übrigens ist auch die Transsubstiantiationslehre dafür verantwortlich, dass mit den Hostien umgegangen werden muss, wie mit einem rohen Ei - inkl. wegsperren und den ganzen Kokolores. Man darf den Keks nicht einfach wegschmeißen, wolle man nicht auf ewig in der Hölle schmoren, so man doch den Herrn in der Biotonne entsorgen würde!)

283. Was bedeutet Transsubstantiation?
Transsubstantiation bedeutet die Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes. Diese Verwandlung vollzieht sich im eucharistischen Gebet durch die Wirkkraft des Wortes Christi und das Handeln des Heiligen Geistes. Die sinnlich wahrnehmbaren Merkmale des Brotes und des Weines, also die „eucharistischen Gestalten“, bleiben jedoch unverändert.
(kath. Katechismus)

"Es ist erbärmlich anzusehen, wie die Menschen nach Wundern schnappen, um nur in ihrem Unsinn und Albernheiten beharren zu dürfen und sich gegen die Obermacht des Menschenverstandes und der Vernunft wehren zu können."
(Johann Wolfgang von Goethe)

Ich glaube, dass sehr vieles möglich ist, wovon unsere Schulweisheit nichts träumt; aber an ausgemachten Blödsinn glaube ich nicht.
(Deschner)


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