Thema heute:Die Parallelen zwischen Demokratie und Glauben.Also Religionen funktionieren ungefähr so: man stelle eine Behauptung auf, die faktisch nicht überprüfbar oder beweisbar ist (z.B. es gibt einen allgütigen Gott) und interpretiere alle Daten, die nicht dazu passen entsprechend (z.B. Gott wollte die Tsunamiopfer strafen, das steht mit Allgüte nicht im Widerspruch).
Dummerweise tendieren wir Menschen dazu auf solcherlei Humbug hereinzufallen. Dies umso mehr, je stärker wir an eine solche Herangehensweise konditioniert wurden. Doch wie sieht das jetzt in einer Demokratie aus?
Man stelle ein Ziel auf, zu dessen Erlangung man eine organisatorische Struktur benötigt (z.B. Gesundheitssystem), dessen Berechtigung aber faktisch nicht beweisbar ist (wird meist "Wille des Volkes" genannt). Tauchen jetzt Fakten auf, die berechtigte Zweifel am Ziel oder der Struktur aufkommen lassen, so suche man sich schnell einen Sündenbock (z.B. Gesundheitssystem: böse Pharmafirmen, gierige Ärtzte). Tatsächlich ist es aber so, dass hier unfähige Politiker gepaart mit einer planwirtschaftlichen Organisationsstruktur zussammentreffen, was das System sehr teuer und gleichzeit sehr ineffizient macht.
Doch auf Grund unserer Schwäche für einfache Erklärungen, die möglichst wenig von unserem Weltbild kaputtmachen, tendieren wir dazu der billigen Erklärung zu "glauben"
Die richtige Herangehensweise wäre jetzt, den kompletten Prozess zu hinterfragen, also ob dieser Volkeswille sich tatsächlich so ein stümperhaftes System gewünscht hat, das v.a. gierige Pharmaunternehmen + gierige Ärzte produziert und gleichzeitig dem Patienten lange Wartezeiten und Mondbeiträge verschafft. Ob der Staat wirklich die einzige Instanz ist, welche so ein System ins leben rufen kann. Ob das Gesundheitswesen wirklich planwirtschaftlich organisiert sein muss. etc.etc. Vermutlich ist dem nicht so.
Das ist überhaupt ganz seltsam mit dem "Volkswillen", denn obwohl noch nicht mal zwei Menschen einen zu 100% übereinstimmenden Willen haben, hat ein ganzes Volk einen solchen. Das muss man sich wahrscheinlich so ähnlich wie in der Homöopathie vorstellen, wo ein Wille immer konkreter und konkreter wird, je mehr Individuen daran beteiligt sind. Ähnlich verhält es sich mit dem Willen Gottes, denn obwohl dieser "unbegreiflich" ist, gelingt es doch ständig irgendwelchen geronten Travestiten genau zu wissen was der jeweilige Gott will, den sie hier auf Erden vertreten.
Darauf angesprochen reagieren die meisten Leute mit Ablehnung. Doch diese Ablehnung resultiert einzig und allein daraus - und hier schließt sich auch der Kreis zu religiösen Vorstellungen wieder -, dass Realität und die Vorstellung der Realität im Kopf des einzelnen nicht übereinstimmen.
Oder um dies zu konkretisieren: Gläubige sagen z.B. sie glaubten an Gott, weil es die Wahrheit ist. In Wirklichkeit glauben sie genau an den Gott, weil sie so erzogen wurden und/oder sie Spaß an den gemeinsamen Keksorgien haben und/oder ihr soziales Umfeld sich in diesem Kreis bewegt und/oder ... . Denn wären sie an der Wahrheit interessiert, dann müssten sie jedem um den Hals fallen, der ihre Denkfehler aufzeigt.
Und so verteidigen Demokraten die Demokratie, weil es "das beste System sei, dass wir kennen", weil es "gerecht" sei, weil es eine gewaltlose Regierungsform sei etc.pp.. In Wirklichkeit verteigigen sie Demokratie, weil sie i.d.R. nichts anderes kennen und/oder weil sie darauf hoffen, selbst irgendwann den Willen des Volkes
zertreten vertreten zu dürfen und/oder weil Freiheit in ihrem Leben eine untergeordnete Rolle spielt und/oder ... . Hier - mutatis mutandis - das gleiche, ein Demokrat müsste demjenigen um den Hals fallen, der zeigt, dass das System nicht gerecht ist, dass es nicht gewaltlos ist usw.. In Wirklichkeit fällt er diesem aber nicht um den Hals, sondern er geht ihm dann an die Gurgel.
So man nun aber aufzeigt, dass jedes Handeln eines (demokratischen) Staates _nur_ auf Gewalt bzw. der Androhung derselben beruht, dass das Vorhandensein eines (demokratischen) Staates keinen Wohlfahrtsgewinn, sondern einen Wohlfahrtsverlust produziert und dass "freiheitliche demokratische Grundordnung" ein Widerspruch in sich ist, so macht man sich alles, nur keine Freunde. Denn man deckt die Diskrepanz zwischen dem was man beobachten kann (z.B. Steuereintreibung unter Androhung von Gewalt) und dem was der Betreffende nun wider besseres Wissen "glaubt" (z.B. höhere Gesamtwohlfahrt) auf. Und Boten die unliebsame Nachrichten überbringen ließ man nur allzuoft meucheln anstatt sich mit diesen Fakten auseinanderzusetzen.
Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern das er nicht tun muß, was er nicht will.
(Jean-Jacques Rousseau)