Samstag, November 21, 2009

Neulich reichlich undifferenziert...

Spiegel-online, genauer der Journalist Wolfgang Kaden, spricht ein wichtiges Thema an, nämlich Deutschland verfällt dem Schuldenrausch. Doch wäre es ein Spiegelartikel, wenn er klar Ross und Reiter nennen würde? Stattdessen wird undifferenziert moralisiert:
Wir alle sind es, die diese Blase mit produzieren

Vielleicht wäre es ganz angebracht, wenn wir mal bei uns selbst anfangen würden, statt immer nur die da oben verantwortlich zu machen. Ja, wir alle sind es, die diese Blase mit produzieren - als Teile einer Gesellschaft, die keine Phasen des Innehaltens und der Neuorientierung mehr zulässt. Die ohne ständig steigendes Sozialprodukt aus den Fugen gerät. Einer Gesellschaft, in der das Wort "Wachstum" zur meist gebrauchten Metapher in den Reden der Politiker und Manager aufgestiegen, zu einer Art Religionsersatz geworden ist.

Gierig sind eben nicht allein die Banker, maßlos nicht allein die Politiker. Gierig und maßlos sind wir alle. Das sieht man schon daran, dass wir uns von der neuen Regierung ein "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" verpassen lassen. Welch eine großartige Wortschöpfung! Das vielsilbige Ungetüm steht für eine Politik, die sich bedingungslos dem "Immer mehr!" verschrieben hat. Wachstum wird mit neuen Schulden erzeugt, wir können nicht mehr ohne die Schuldendroge. Wohlstand auf Kosten der Zukunft.


Klar ist jeder Mensch gierig, diese Erkenntnis ist so trivial, dass man darüber eigentlich kein Wort verlieren muss - gemeinhin nennt man dies übrigens ökonomisches Verhalten. Nur wer so argumentiert verkennt, wo Entscheidungen gefällt werden und wer das Gewaltmonopol besitzt, diese durchzudrücken. Nicht das Gros der Unternehmer oder Angestellten war maßlos, sondern Politiker konnten ihre Gier nach Macht nicht zügeln und klügelten mit den Großunternehmen (vornehmlich Banken) auf Kosten der Normalsterblichen, welche sich nicht ein Stück dagagen wehren konnten. Denn dass alle Macht vom Volke ausginge, ist schon lange Makulatur.

Wenn in guten Zeiten die Politik alles richtig gemacht haben will und sich anschickt dafür die Meriten einzustreichen, dann muss sie auch in schlechten Zeiten alles falsch gemacht haben. Somit betreibt der Spiegel moralisch gesehen genau das, was die Politiker finanzpolitisch betreiben, nämlich die (Zwangs)Sozialisierung der Schuld: alle sollen quasi haften und alle sollen ein schlechtes Gewissen haben. Sry, Herr Kaden, aber diese Predigt des Maßhaltens ist zu albern um ernst genommen zu werden.

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