Dienstag, Mai 05, 2009

Neulich bei der Zensurium tremens...

Im gestrigen "report Mainz" wurde auch ein Bericht über jugendliches Komasaufen gezeigt. Dass es solche Alkoholexzesse gibt, mag man für bedenklich halten - doch hey, wir hatten damals z.B. auch Engländer beim Schüleraustausch, die sich in nullkommanix die Birne weggelötet hatten, eine sogar krankenhausreif.

Wesentlich bedenklicher schien mir in dem Bericht die "Expertenmeinung" von Prof. Wolf-Dieter Ring, seines Zeichens Präsident der bayrischen Landeszentrale für neue Medien, welcher die Videos am liebsten verbieten würde. Der Eindruck wird erweckt, dass es sich hier tatsächlich um einen habilitierten Wissenschaftler handelt, obwohl der "Professor" wahrscheinlich nur ein organisatorischer Titel ist. Dieser Ring hat - gem. Bericht - auch schon veranlasst, dass eine Seite gesperrt wurde, die Jugendliche beim Zusichnehmen von Alkohol zeigt - alles aus Gründen des "Jugendschutzes" selbstverständlich.

Ganz anders ist jedoch seine Position zu offensichtlicher Abzocke von Sendern wie Scheiße hoch 9 9live, wie hier zu lesen:

Diese Art des Umgangs mit einer Aufsichtspflicht gibt bei BLM-Insidern allerdings nur bedingt zur Verwunderung Anlass, denn der Präsident der Landesmedienzentrale, Wolf-Dieter Ring, stellt den Einsatz für bestimmte Unternehmen unverhohlen als modernen medienpolitischen Pragmatismus dar. Trotzdem sitzt er relativ fest im Sattel: Umstritten ist er weniger in der Politik, als bei den Mitarbeitern seiner Anstalt, die er wie ein Fürst regiert. Zu seinem 60. Geburtstag musste die gesamte Belegschaft am Opernball-Fan vorbeidefilieren, während sie zur großen V.I.P.-Party nicht nur nicht eingeladen war, sondern dringlichst gebeten wurde, möglichst den Dienst vor dem Eintreffen der Gäste zu beenden und das Gebäude über den Hinterausgang zu verlassen.
Sehr interessant auch der letzte Absatz des Telepolis-Artikels:

Bei so prunkvollen Feiern bleibt natürlich wenig Zeit für eine effektive Kontrolle der Sender. So wenig, dass nach Informationen aus der Anstalt hunderttausende Unterschriften gegen Nachmittagstalkshows seit etwa einem Jahrzehnt "bearbeitet" werden – ohne Ergebnis, versteht sich. Andere ehemalige Mitarbeiter äußern anhand der erfahrenen Arbeitsabläufe den Verdacht, dass es sich bei der BLM um eine Alibi-Behörde handeln könnte, in der gegebenenfalls absichtlich ineffektiv gearbeitet wird, um Beschwerden des Publikums wirksam zu kanalisieren und ins Leere laufen zu lassen - damit Medienunternehmen weiter senden können wie bisher.
Doch report Mainz schickt noch einen "scharfen Hund" ins Rennen, Professor Christian Pfeiffer, der natürlich ebenfalls solche Internetinhalte, nämlich trinkende Menschen, für "hoch jugendgefährdend" hält. In Wikipedia kann man zu Pfeiffer folgendes lesen:

Pfeiffer gilt neben dem Neurologen Manfred Spitzer als einer der schärfsten Kritiker von digitalen Unterhaltungsmedien. Im Zusammenhang mit der Diskussion um „Killerspiele“ sagte Pfeiffer, dass insbesondere Jungen viele Stunden mit diesen Spielen vor dem Computer verbrächten. Eine Korrelation zwischen Videospielen und einer damit zusammenhängenden Gewaltbereitschaft der User konnte nicht nachgewiesen werden, allerdings konstatierte Pfeiffer einen direkten Zusammenhang zwischen zu zeitaufwändigem Videospiel-Konsum und nachlassenden Leistungen in der Schule: „Je brutaler die Spiele sind und je häufiger man sie spielt, desto schlechter sind die Noten.“ Weiterhin merkte er an: „Je mehr man Ego-Shooter spielt, desto höher ist die eigene Gewaltbereitschaft.“ Pfeiffer trat zu diesem Thema auch häufig in den Medien auf. Er wurde jedoch des Öfteren wegen seiner Art und Weise der Argumentation kritisiert, die viele als polemisch und verkürzt empfinden. Pfeiffers Aussagen und Schlussfolgerungen sind umstritten, nicht zuletzt, da die den Studien zugrundeliegenden Quellen in vielen Fällen nicht veröffentlicht wurden.
D.h. wir haben auf der einen Seite einen Möchtegernprofessor einer ineffektiven Behörde (über welche man einen ganzen Blogeintrag verfassen könnte) und auf der anderen Seite einen kriminologischen Kampfhund, die beide Internetvideos und -seiten unter dem Deckmantel des "Jugendschutzes" verbieten, somit zensieren möchten.

Ich halte den Jugenschutz, speziell die deutsche Variante, für hochgradig asozial. Es wird ein riesiges finanzielles Rad gedreht, man weiß gar nicht wie schnell wer wo was wieder unter ein Verkaufsverbot bzw. auf eine Black-List setzen möchte - man spricht weichgewaschen von Indizierung, faktisch kommt es aber einer Zensur gleich und die Rechnung dafür bekommt - wie immer - der Steuerzahler präsentiert, egal wie sinnlos oder unnütz die Maßnahme auch sei.

Wie wäre es denn, wenn alle diejenigen, denen das Wohl der Jugend doch ach so am Herzen liegt (also Pfeiffer, Ring & Co.), die Dinge selbst finanzieren, die sie großspurig im Staatsfernsehen fordern? Wenn Ring eine Seite verbieten lassen will, so kann er doch dem betreiber die Domain abkaufen und diese stillegen. Wenn Pfeiffer die Videos (wie diesen hier - yousucktube hat ihn mittlerweile in vorauseildendem buckelnden Gehorsam gesperrt) nicht mehr sehen will, dann soll er doch den jugendlichen Machern die Rechte dafür abkaufen - dann kann er damit tun und lassen was er will. Einfacher, und v.a. wesentlich kostengünstiger, ist natürlich der Ruf nach der Beschneidung der Rechte aller mittels staatlicher Verbote - mit einem freien Rechtsstaat hat das aber nichts mehr zu tun (evtl. sollte man in diesem Zusammenhang über einen weiteren Wissenstransfer mit China nachdenken).

Was ich mich bei allen Jugenschutzdiskussionen immer frage: wenn schon die Eltern es nicht hinbekommen, die i.d.R. ihre Kinder besser kennen, diese leichter überwachen können und eine bessere Beziehung zu ihnen haben, dass die Sprösslinge das eine oder andere nicht machen, wie kommt man auf das schmale Brett, dass eine Behörde oder ein staatliches Verbot dies besser handhabt?

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