Samstag, Februar 10, 2007

Neulich bei der Überbevölkerung...

Es gibt anscheinend noch nicht genug Katholiken auf der Welt, denn wie man hier und hier lesen kann ist Abtreibung wohl das Schlimmste was es überhaupt geben tut (natürlich wieder im Zusammenhang mit unserem wiener Bauunternehmer).

"Der Mensch ist Mensch von Anfang an. Mit der Verschmelzung von Samen- und Eizelle entsteht neues Leben, das Gott gewollt hat und das unserer besonderen Liebe und Fürsorge anvertraut ist." Deswegen sei Abtreibung immer auch Tötung eines Menschen;
Was an dieser Stelle immer bewusst ausgeblendet oder unterschlagen wird ist, dass entweder alles was wir hier treiben (inkl. Abtreibung) Gott so gewollt hat oder der alte Herr nicht allmächtig ist. Speziell Christen verdrehen ihren Verstand und vereinen beide Positionen, weil sie der Meinung sind, der "freie Wille des Menschen" rettet Gott aus dem Dilemma. Wenn wir uns aber mit unserem freien Willen über Gottes Willen hinwegsetzen können und er dies nicht verhindern kann, so ist er entweder nicht allmächtig oder er will es nicht wirklich, somit war sein Wille nicht vorhanden (weiters leiten sich die radikaleren Elemente eine Legitimation zu handeln aus Gottes Untätigkeit ab und nehmen, wie z.B. Paul Hill, Gottes Willen selbst in die Hand).

Weiters steckt in diesem verachtenswerten Zitat auch, dass speziell der Mensch etwas sei, das es besonders zu schützen gilt. Nun stellt sich aber die Frage, was denn den Menschen z.B. von einem Affen unterscheidet und was hier so einer besonderen Konservierung bedarf. Egal welche Eigenschaft jetzt angeführt wird (Intelligenz, Körperbehaarung, Seele etc.), die gleiche Eigenschaft kann gegen andere Menschen verwendet werden und wurde im Lauf der Geschichte v.a. auch von Christen verwendet - bis heute (Rassismus, Hetze gegen Schwule etc.).

Erst wenn man den Theozentrismus und anschließend den Anthropozentrismus, d.h. der Mensch ist das Maß aller Dinge, zugunsten eines Holismus, der alles als wertvoll erachtet, über Bord geworfen hat, wird man verstehen, dass es kein besser oder schlechter, kein minderwertig oder höherwertig sondern nur ein "anders" gibt. Insofern ist die Tötung eines erwachsenen Wiederkäuers - vom Standpunkt des Leids aus betrachtet - qualitativ schwerwiegender, als die Abtreibung eines Zellklumpens, der noch nicht einmal ein Nervensystem gebildet hat. Wo sind all die religiösen, gottgesandten Heerscharen, die die Schlachthöfe besetzen, die Supermarktketten boykottieren und auf ihr Frühstücksei (das ja auch eine befruchtete Eizelle ist) verzichten? Die Antwort ist einfach: sie stehen vor der Lugner-City und demonstrieren gegen legale medizinische Eingriffe, die von ihnen als "Kindsmord" bezeichnet werden, was sie aber per definitionem nicht sind!

Nichtsdestotrotz ist sich die Kirche (sowohl ev. als auch kath.) nicht zu blöd ein Heer von Militärpfaffen zu unterhalten, die im Kriegsfall dann die Seelsorge betreiben, wenn der Soldat gottgewollt den Feind niedermetzeln soll. Nichtsdestotrotz sind vor weniger als 100 Jahren Christen "mit Gott" in die beiden größten Kriege der Geschichte gezogen, angefeuert von eben dieser Art von Pfaffen, Bischöfen und Päpsten, die ja jetzt vom Saulus zum Paulus migrierten und sich auf ekelhafte Art und Weise in das Leben von Christen und Nicht-Christen einmischen. Sie schützen den Fötus, bis man ihn Taufen kann (Moraltheologen diskutieren darüber, wie mit Früh-, Tot- und Missgeburten tauftechnisch zu verfahren ist!), danach soll er möglichst flott für das profane Wohl der Schafshirten sorgen und für diese, und vor allem für ihren Gott!, im Notfall auch sein Leben wieder lassen. Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen.
Und weil der Soldat nach Verwesung stinkt
Drum hinkt ein Pfaffe voran
Der über ihn ein Weihrauchfaß schwingt
Daß er nicht stinken kann.
(aus Bert Brechts Legende vom toten Soldaten)

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

habe nie verstanden wieso nicht jede fehlgeburt und abtreibung zünftige katholische weihen bekommt, ist schließlich eine seele die ohne weitere versuchung dem himmel zugeführt wird. (man verfolge die kapriole um die vorhölle;)

jeder der auf erden wandelt hat nach katholen logik schon mal die arsch-karte gezogen zur sünde versucht zu werden;

ich bekomme kopfweh.........

Hank hat gesagt…

Hallo!
Sicher, daß jedes Frühstücksei eine "befruchtete Einzelle" ist? Sind die Legehennen die ganze Zeit am Rumpoppen, oder woher kommt die Befruchtung?

Ansonsten: Weitermachen! :-)
Es grüßt
der Hank

Anonym hat gesagt…

Das ist aber jetzt hoffentlich kein Plädoyer für die Abtreibung, oder? :unsure:

Po8 hat gesagt…

@greg
das ist die natürliche Reaktion ;-)
Moraltheologen befassen sich noch mit ganz anderen Dingen, z.B. ob der Mann, wenn er gekommen ist, die Frau aber noch nicht, diese "manuell" zum Höhepunkt bringen darf...

@Hank
Das Hühnchen legt wohl auch unbefruchtete Eier - aber weiß man's, wenn man es kocht? Etliche tausend Jahre Anpassung an den Bauern veranlassen es jetzt ca. 200 pro Jahr zu legen, wohingegen ein Wildhuhn nur ca. 5-6 per annum zustande brachte.

@Sir Legolas
hmm.. das mit den Smileys muss ich noch hinbekommen...
Es ist ein Plädoyer für die Vernunft und gegen den Chauvinismus, den der Bischof so locker flockig hinausventiliert.
Solange 7 von 10 "Kindern" bereits ohne Eingriff des Menschen innerhalb des ersten Monats abgehen (oftmals unbemerkt), denke ich mal, dass selbst der Allmächtige Anhänger der Fristenlösung ist ;-)