Mittwoch, Oktober 03, 2007

Neulich bei der Fürstin...

Die katholische Realsatireseite hat sich mit Gloria Fürstin von Thurn und Taxis unterhalten. Geistesblitze gabe es - wie zu erwarten war - keine, jedoch scheint die Fürstin under einer seltsamen Art von Amnesie und/oder geistiger Verwirrung zu leiden, denn bzgl. den berechtigten Angriffen auf Eva Herrmann und Kardinal Meisner ventilierte sie folgendes:
Heute wird man öffentlich angeklagt und vors Medientribunal gezerrt, ohne sich adäquat verteidigen zu können. Ob zu Recht oder nicht – der Angeklagte ist gebrandmarkt und gesellschaftlich out. All das erinnert an die Zeit vor der Inquisition. Also an eine Zeit, wo es noch keine geregelte Rechtsprechung gab und ein Beschuldigter ohne Verfahren verurteilt werden konnte.
Interessant, dass hier der öffentliche Diskurs über öffentliche Äußerungen von Prominenten mit einer barbarischen und menschenverachtenden Praxis des Mittelalters verglichen werden. Noch dazu impliziert ihre dümmliche Fürstlichkeit, dass es zur Zeit der Inquisition eine "geregelte Rechtsprechung" gab! Denn das einzig "öffentliche" an der Inquisition war die Hinrichtung der Delinquenten, deren einziges Vergehen es war, etwas anderes geglaubt zu haben!

Noch dazu sollte man sich an dieser Stelle die Äußerung der fürstlichen Taxifahrerin in Erinnerung rufen, die sie dieses Jahr im April tätigte und die ihr in obigem Interview anscheinend völlig entfallen war:
Ich finde, wir bräuchten wieder eine Inquisition für die Leute, die immer unseren Bischof angreifen, oder für die, die Frauen als Priester wollen.
Bei so einem intellektuellen Armutszeugnis und offensichtlichem Geschichtsunverständnis kann man eigentlich nur noch tiefes Mitleid empfinden. Ernst nehmen sollte man die Frau jedoch nicht mehr.

11 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

*Denn das einzig "öffentliche" an der Inquisition war die Hinrichtung der Delinquenten, deren einziges Vergehen es war, etwas anderes geglaubt zu haben!*

Das stimmt so nicht. Die Inquisition im eigentlichen Sinne funktionierte nach genau festgelegten Prinzipien, die wir teilweise auch heute noch verwenden. Todesurteile waren in den Verfahren recht selten.

Das, was üblicherweise als "Inquisition" bezeichnet wird, waren vor allem ad-hoc-"Prozesse", die gerade nicht von der kirchlichen Inquisition, sondern von weltlichen Machthaben durchgeführt wurden.

Po8 hat gesagt…

Ok, wir können auch ins Detail gehen ;-)

Die Erlangung der Geständnisse waren nicht wirklich "öffentlich", sondern wurden meist in "peinlichen Befragungen" erzielt. Der Ausgang des sich daran anschließenden weltlichen Prozesses war somit durch die Inquisitoren schon vorgezeichnet. Einen hartnäckigen Ketzer hatte man damals immer verbrannt, wenn er von seier Häresie abließ, dann erdrosselte man ihn kurz bevor er den Flammentod gestorben wäre. Grundlage dazu, und zwar zu jeglicher "Inquisition", war, dass man entweder wirklich etwas anderes glaubte oder, und das finde ich noch scheußlicher, dass bestimmte ökonomische und/oder politische Interessen dahinter steckten.

Bis heute behauptet v.a. die katholische Kirche, sie hätte sich nie die Hände blutig gemacht, weil sie nie die Hinrichtungen selbst ausführte. Fakt ist aber, dass man Staat und Kriche im Mittelalter (und eigentlich bis zu den ersten Säkularisierungsbestrebungen Ende des 18. Jh.) nicht wirklich voneinander trennen kann.

Der Staat hat Gesetze auf Grund der kirchlichen Einflussnahme erlassen, hat sich sozusagen als willige Dienerin dem Klerus angebiedert. Die letzten Gesetze aus diesem Dunstkreis (Kuppelei, Schwulenparagraph) sind erst im 20. Jh. abgeschafft worden.

Die Inquisitionsbehörde der Katholiken, die "Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition", ist nicht etwa abgeschafft, sondern firmiert unter "Kongregation für Glaubenslehre" weiter. Und wie damals betreibt sie, mit vergleichbaren Methoden (nein, halt, der Scheiterhaufen ist abgeschafft - was für ein Fortschritt!), die "Säuberung" in den eigenen Reihen sowie die Abkanzelung aller anderen Weltanschauungen (in .de z.B. mittels der "Sektenbeauftragten"). Gerade die Inquisitionsprozesse waren - abgesehen von deren fast schon liturgischem Ablauf - geprägt von einer kompletten Willkür des Inquisitors. Weder war eine Unvoreingenommenheit der "Befrager" vorhanden noch eine allgemeine Basis (z.B. Menschenrechte), die ein Mindestmaß an Humanität garantieren hätten können.

"Die Folter war von der Kirche autorisiert und wurde regelmäßig von der Inquisition benutzt, um Ketzereien aufzudecken. Die zivile Gerichtsbarkeit belegte als schuldig überführte Angeklagte mit Strafen wie Handabhacken, Ohrenabschneiden, sie ließ ihre Opfer verhungern, verbrennen, häuten und in Stücke reißen. Es war eine alltägliche Sache, Verbrecher gegeißelt, gestreckt und am Schindanger erhängt zu sehen. Man sah abgeschlagene Köpfe und gevierteilte Körper, die auf Stangen über der Stadtmauer zur Schau gestellt wurden. In jeder Kirche gab es Bilder von Heiligen, die die verschiedensten grausamen Martyrien erlitten hatten – durch Pfeile, Speere, Feuer, Dornen –, alles war in Blut getaucht. Blut und Grausamkeit waren ein allgegenwärtiges Element der christlichen Kunst, sogar ein zentrales, denn Christus wurde zum Erlöser und die Heiligen heilig nur dadurch, daß sie unter den Händen ihrer Mitmenschen Gewalt erlitten hatten."
(Barbara Tuchman)

Anonym hat gesagt…

hi po8,
da gehste aber hart mit der ollen gloria ins gericht. im grunde schon richtig, mir sind die blaublütigen ja auch sehr suspekt. doch wenn ich so mit frischem bier aus großen gläsern einen fröhlichen abend verbringe, dann will ich meine sprüche auch nicht auf politische korrektheit überprüfen lassen. (allerdings würd' ich im suff auch nicht sooo schlau die fresse aufreissen wie madame gräfin das tut)
und evchen herrmann ist halt recht einfach gestrickt, fertig. einen ideologischen hintergrund würde ich ihr nicht unterstellen. ich finds eher interessant zu überlegen warum die alle so hysterisch reagieren. da fängt einer an zu schreien, und alle schreien mit. und die, die richtig dreck am stecken haben, die plärren am lautesten, damit auch jaaaa kein zweifel aufkommt. das alte spielchen. sicherheitshalber hat man sie gleich achtkantig rausgeworfen, soll die ma' sehen, die nazisau. in ihrer kündigung steht wahrscheinlich irgendwas schwammiges 'das publikum ist ein wenig irritiert, wir müssen uns korrekt verhalten, es tut uns leid...schleim, schleim. yummie down on this!
ich meine, was hat die denn groß gesagt, oder hab ich irgendwas nicht mitbekommen? vielleicht ist sie ja nackt mit springerstiefeln durch hamburg gerannt und hat blond-braune parolen gebrüllt?

ich finds nicht erstaunlich, daß die fürstin sich mit evchen solidarisiert. immerhin ist sie ja auch schon mehrmals verbal-beidbeinig in die kacke gesprungen: "der neger schnaxelt halt gerne...", wer erinnert sich nicht. saublöd, sicher auch peinlich wie sau.
damals haben auch alle möglichen arschlöcher versucht, das politisch für sich auszuschlachten. nur das (blöde) schaf war nicht so leicht zu töten, weils ne fürstin war.

ich hoffe, daß das dumme evchen die penner tüchtig verklagt. dann wird sie wahrscheinlich erst recht fertig gemacht und sie muß sich neue freunde suchen, so what. (bei den nazis ist sie sicher willkommen, die kapieren ja auch nix.) aber sie hinterläßt vielleicht auch ein paar blutige schrammen an den schienbeinen von dem ein oder anderen sesselpfurzer. vielleicht muß sich ja einer von den feiglingen schleichen.

wolfi

Po8 hat gesagt…

@Wolfi

Ich bin auch der Meinung, dass die "Nazikeule" in .de des öfteren zu früh und auch teilweise an falscher Stelle ausgepackt wird.

Doch gerade bei Lehmann und Herman geht es mir nicht primär um den Nazi-Vorwurf (um diesen mag es dem NDR gehen), sondern um die prinzipielle Aufteilung der Welt in Gut und Böse. Gute Kunst hier, "entartete" Kunst da - die gute ist die christliche, die "entartete" eben alles andere. Bei Herman genau das gleiche: gutes (weil christliches) Heimchen auf der einen Seite, böse Feministin, weil selbständig und eigenverantwortlich, auf der anderen Seite.

Die Welt ist nicht schwarz-weiß und es gibt keine "Wahrheit", die man durch eine Inquisition herausfinden könnte. Wenn diese drei Personen des öffentlichen Lebens schon der Meinung sind, dass ihre Gedanken irgendeinen Wert für die Allgemeinheit haben, dann sollten sie entweder ihre mittelalterlichen Vorstellungen aufgeben oder diese andernfalls sehr gut begründen können. Und diese Begründung fehlt imho völlig.

Weiters wollte ich vor allem herausstellen, dass ihre thurnerische Taxigkeit inquisitorische Tendenzen anprangert (wenn es um ihre Freunde geht), andererseits aber genau wieder diese hervorkramt, wenn sich ihr Weltbild (verkörpert durch den regensburger Bischof) der Kritik stellen muss. Das ist imho bigott und mit zweierlei Maß gemessen.

Anonym hat gesagt…

gestern hat kerner eva herrmann vor laufenden kameras aus dem studio geworfen - und ich habs leider nicht gesehen. was hat sie denn schon wieder gesagt...?

Po8 hat gesagt…

Ich habe es auch nicht gesehen, aber hier kann man es wenigstens nachlesen ;-)

Anonym hat gesagt…

ja, haben die denn ausser verquirlte kacke nix im kopf? auch du, mario barth?
der artikel in der 'welt online' ist die erste einigermassen objektive publikation, die ich zu dem thema gesehen habe.
http://www.welt.de/fernsehen/article1250311/Die_ffentliche_Hinrichtung_der_Eva_Herman.html
ich hab inzwischen einige ausschnitte aus der sendung kerners gesehen: selten hab ich mich über eine fernsehsendung so aufgeregt. kerner ist wirklich ekelerregend.
er hat sich an der sichtlich angeschlagenen eva herrmann hochgezogen, daß es einem den magen umgedreht hat. dazu senta berger (hat die überhaupt ein hirn?), mario barth (bin echt enttäuscht, was für ein dummer bub) und obendrauf noch margarethe schreinemakers(!). ein tribunal im namen von sitte, anstand und moral, jedoch motiviert durch selbstsucht, selbstgefälligkeit und einer solchen unverfrorenheit, ignoranz und halsstarrigkeit, die wohl sogar für die fernsehbranche aussergewöhnlich ist.
ach hätte eva herrmann doch die nerven verloren und hätte kerner eins auf die nase gegeben. das wär fein. auch ein zünftiger sacktritt hätte ihm gut 'zu gesicht' (sackgesicht) gestanden. doch leider kann das dumme evchen kein kung fu.
bin gespannt, ob sie die herrmann noch in den selbstmord treiben.
bild titelt heute schon: nazis feiern eva herrmann!
und der zentralrat warnt! und mahnt! (na klar). so hat jeder was von der 'story', der will.
pfui!

Anonym hat gesagt…

@p08, habe mich köstlich über deinen Post amüsiert. Wie sagt man so schön, uralter Landadel, seit 15 Generationen mit Erbkrankheiten belastet und doch ein festes Anstellungsverhältnis. :)

Anonym hat gesagt…

noch ein letzter nachsatz zum thema eva herrmann. ich kenn den knaben nicht, aber er bringsts mit einfachen worten auf den punkt:
http://www.myvideo.de/watch/2509583

Po8 hat gesagt…

@wolfi

Vielen Dank für die Links.
Das Kerner-Tribunal war eigentlich ein Witz und unterstreicht nur meine persönliche Abneigung gegen diesen Moderator. Das perfide ist nämlich, dass sich jeder über Hermans "3.Reich-Vergleich" auslässt, aber kein Wort über ihr Familienbild des 19. Jahrhunderts, welches sie in ihren Büchern propagiert und als für Frauen erstrebenswert darstellt, verliert, geschweige denn Kritik daran übt. Gleiches gilt für Lehmann, dessen Wortwahl zwar unglücklich, viel kritisierenswerter aber Lehmans fundamental ablehnende und abwertende Haltung gegenüber aller profanen Kunst war. Es sieht so aus, als sehen die Leute den Wald vor Lauter Nazi-Bäumen nicht.

@nickpol

Welch hoher Besuch in meinen bescheidenen Hallen. ;-)
Vielen Dank für das Kompliment.

Anonym hat gesagt…

"was hat sie gesagt?"
"autobahn!"
"was, autobahn...!!?, also das ist ja unerträglich...!"
"davon muß ich mich sogar distanzieren!"
"also, ich geh jetzt"
"also, da krieg ich erhöhten puls"

WÜRG!!!

ich würde mir wünschen, daß einer unser comedians (nicht mario barth. nein, einer mit hirn.) den 'sketch' aufgreift und so richtig gas gibt.