Dienstag, Oktober 21, 2008

Das Wort zum Sonntag #58

Thema heute:
Warum sind klerikale Warnungen so sinnlos?

Klerikale Warnungen werden an allen Ecken ausgesprochen und v.a. von jeder Glaubensrichtung. Hier mal ein paar Beispiele vor was so alles gewarnt wird (kath.net):

  • Papst Benedikt [...] warnt vor Anti-Klerikalismus
  • Bischof Gerhard Ludwig Müller warnt [...] vor einer Verengung des Reformationsgeschehens auf Martin Luther
  • Benedikt warnt [...] vor den "falschen Göttern"
  • Die christliche Organisation "Christian Defense Coalition" warnt [...] vor der Wahl von Barack Obama
  • Bischof Wanke warnt vor übertriebenen Ängsten bei den Strukturreformen in den deutschen Bistümern
  • Bischof Müller warnt vor einem 'romantischen Einheitsgefühl' [Anm.: bzgl. Okumene]
  • Der Wiener Kardinal [Anm.: Schönborn] warnt SPÖ und ÖVP vor der Einführung der Homo-Ehe
  • Bischof von Limburg warnt vor theologischen Überbewertung von Pfarren
  • Peter Hahne warnt vor atheistischem Fundamentalismus
  • Der Papst warnte davor, dass „Sexualität sich in eine Droge verwandelt, die den Partner den eigenen Sehnsüchten und Interessen unterwirft“
  • Papst warnt vor 'ichbezogener Selbstverwirklichung'
Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Doch was ist dran, an all diesen Warnungen? Wieso warnen Pfaffen allerorts nur vor dem Offensichtilichen und/oder vor dem, was ihnen gegen den Strich geht? Ich hätte mir zum Beispiel gedacht, dass irgendein röckchen- und/oder kopfwindeltragender Geistlicher vor dem Tsunami 2004 gewarnt hätte (zumindest einen Teil seiner Schäfchen) oder ich hätte auch erwartet, dass man kirchlicherseits wenigstens seine eigenen Leute warnt und nicht blauäugig in die Lehmann-Brothers-Falle tappt


Die Kirche hatte 4,3 Millionen Euro bei der amerikanischen Bank angelegt, die Mitte September Insolvenz angemeldet hatte.

D.h. es wird v.a. sehr allgemein durch die Gegend gewarnt. Je unspezifischer die Warnung, desto lieber und öfter wird sie verwendet. Vor dem Atheismus kann man immer warnen, vor falschen Göttern ebenso; egoistisch sind Menschen i.d.R. auch genug, so dass auch hier eine Warnung stets auf fruchtbaren Boden fällt.



Hat man erst einmal eine stupende Fülle an Warnungen produziert, diese - wie katholischerseits zu beobachten - evtl. auch noch in diversen Schriften festgehalten, so ist es ein leichtes sie bei passender oder unpassender Gelegenheit wieder hervorzukramsen und darauf zu verweisen. So treibt man zum 40jährigen Jubiläum die Enzyklika "Humanae Vitae" der Pillen-Sau Pauls VI. wieder und wieder durchs Dorf. Geflissentlich übersehen wird dabei, dass kein Prälat vor AIDS warnte und genannte Entzyklika (in Verbindung mit dem katholischen Kondomverbot, denn ein Gebrauch dieser würde ja zur ungezügelten Lust führen, wovor man ebenfalls ad nauseam warnte und warnt) eine irrwitzige Menge Menschenleben in Gefahr gebracht oder gar gekostet hat.

Auch seltsam, dass nie vor der eigenen Gottheit gewarnt wird - zumindest heute nicht mehr. In einem Zeitalter, in welchem Naturkatastrophen dem Verantwortlichen (nämlich der Natur) zugeordnet werden können, kommt höchstens im Nachhinein irgendein Pfaffe auf das schmale Brett z.B. die Überflutung New Orleans als Strafe Gottes zu verkaufen (vor der aber im Vorhinein niemand warnte). Einige Jahrhunderte früher jedoch war die Warnung vor göttlichen Racheplänen gang und gäbe, heute lockt das keinen mehr hinter dem Ofen hervor, zu gut sind meterologische Phänomene oder andere Naturgewalten (Stichwort: Richterskala) erklärt.

Somit kann man getrost festhalten, dass jedesmal, wenn ein Pfaffe den Mund aufmacht um vor etwas zu warnen, man diese Warnung guten Gewissens in den Wind schießen kann. Denn entweder ist sie offensichtlich (z.B. nicht die bloße Hand auf eine heiße Herdplatte legen), dann ist die Warnung maximal eine Erinnerung und sollte auch so genannt werden. Oder sie ist unspezifisch (z.B. Warnung vor der Gottlosigkeit), denn gerade der Papst dürfte nur von einer Katholizismuslosigkeit warnen, da gem. seiner Auffassung jeder andere Gottglaube (auch der Protestantismus!) gleichermaßen in die Hölle führe. Oder sie ist schlicht und ergreifend falsch (z.B. Warnung vor atheistischem Fundamentalismus - vor welchem gottlosen "Fundament" wird denn hier gewarnt?).

Am 10. November 1938, an Luthers Geburtstag, brennen in Deutschland die Synagogen. Vom deutschen Volke wird zur Sühne für die Ermordung des Gesandtschaftsrates vom Rath durch Judenhand die Macht der Juden auf wirtschaftlichem Gebiete endgültig gebrochen und damit der gottgesegnete Kampf des Führers zur völligen Befreiung unseres Volkes gekrönt. (...)In dieser Stunde muß die Stimme des Mannes gehört werden, der ... der größte Antisemit seiner Zeit geworden ist, der Warner seines Volkes wider die Juden.
(Landesbischof Martin Sasse, 1938)

6 Kommentare:

Tammo Oxhoft hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Tammo Oxhoft hat gesagt…

Es betrübt mich gar sehr in Deiner Liste auch Deutschlands größten Denker und Analysten Peter Hahne zu sehen!
Und das, obwohl er in Deutschlands bekanntestem Intellektuellenblatt „BILD AM SONNTAG“ predigt!
Ein echtes Rätsel, daß seine Warnungen nicht 1:1 von der Bundesregierung adaptiert werden. Wie kann es denn nur sein, daß so ein Großgeist wie Pastor Hahne nicht mehr mit seinen Warnungen durchdringt?

Die Frage hat er sich offenbar auch schon selbst gestellt und flugs ein Buch darüber herausgeseiert:

Leid - Warum läßt Gott das zu?

Seine Homepage verrät:

Unzählige im Leid lebende Menschen haben in den letzten Jahren dieses Buch von Peter Hahne als eine Hilfe erlebt. Viele waren froh, ein Buch weitergeben zu können, in dem ein bekannter Journalist und Mitglied des Rates der EKD in der Frage nach dem Sinn des Leides überzeugend argumentiert. Peter Hahne schrieb es, lange bevor er mit "Schluss mit lustig" die Debatte über beständige, zukunftsweisende Werte lostrat. Beiden Büchern liegt die gleiche Überzeugung zugrunde: Wahre Hoffnung gibt es nur, wenn unsere Werte auf dem Fundament der Bibel aufbauen.

Na WAS’N GLÜCK, dass nun wenigstens einer erkannt hat, was sich Gott so denkt, wenn er Auschwitz und ähnliches desinteressiert zuguckend geschehen läßt!

LG
Tammox

Po8 hat gesagt…

Vielleicht hätte Hahne mal auf seiner Homepage vor seinem "fundamentalen Blödsinn" warnen sollen. Das wäre zwar auch trivial, aber wenigstens mal ehrlich gewesen ;-)

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Vielleicht SIND es sogar Warnungen vor ihrem "fundamentalen Blödsinn", die Hahne, Ratzi und Co das ausstoßen. Nur eben etwas sehr ironisch und verquer ausgedrückt.

Da muß man zwischen den Zeilen lesen.

Aber falls sie damit erreichen wollten, daß möglichst viele Leute schreiend aus der Kirche abhauen und ihre Mitgliedschaft kündigen, kann man ja einen gewissen Erfolg in Deutschland nicht absprechen - immerhin haben schon die relative Mehrheit; über ein Drittel der Deutschen, den Kirchen auf Nimmerwiedersehen gesagt.

Wenn Hahne noch ein paar solcher Bücher schreibt und B-16 weiter alles beleidigt, was nicht bei drei auf dem Baum ist, schaffen wir auch noch die absolute Mehrheit.
Das wäre viel schwieriger, wenn in Rom ein ernst zunehmender Sympath sitzen würde.

Falls es doch irgendetwas Spirituelles geben sollte, das ich nicht sehen kann, sind möglicherweise Ratzinger, die M-Bischöfe und Hahne die Rache Luzifers an der Kirche.

Anonym hat gesagt…

Mir hätte ja schon eine kurze Wahrnung bezüglich meiner Ehe als Gottesbeweis gereicht, aber was passiert? Gar nix.

Po8 hat gesagt…

@Roland

Mich hat ja auch keiner vor Deinem Artikel gewarnt... und jetzt sitz ich da... *schneuz*, wieso solls Dir da besser gehen? ;-)