Dienstag, April 03, 2007

Neulich beim Registerziehen...

Der Bund für Geistesfreiheit München bittet zum Tanz und die katholische Kirche steigt - wie erwartet - darauf ein. Dabei werden wieder mal alle Register gezogen (wie man auf kath.net lesen kann). So ist sich das Ordinariat München nicht zu schade, Sätze wie die folgenden in die Welt zu setzen:
Die aggressive und intolerante Werbung für die Veranstaltung zeige zudem, dass der Karfreitag herabgesetzt und diffamiert werden solle.

Also wenn man eine Veranstaltung plant, z.B. unter dem Motto "Lasst uns alle wieder mauern!" und diese dann für den 3. Oktober ansetzt, wird dann der Tag der dt.Einheit auch herabgesetzt und diffamiert? Oder "Ich bin faul und stolz darauf!" inkl. eines Filmvortrags über Faultiere am 1. Mai? Kann man einen Tag überhaupt diffamieren und herabsetzen? Aber es geht noch weiter:
Das Kreisverwaltungsreferat wird von Simon aufgefordert, auch im Interesse des öffentlichen Friedens dem gesetzlich besonders geregelten Schutz des Karfreitags durch ein angemessenes Vorgehen der Behörden Geltung zu verschaffen.

Ist das jetzt eine versteckte Drohung, dass die Christen, im Falle eines Stattfindens der Veranstaltung, einen plündernden Mob organisieren und somit eine Gefahr für den öffentlichen Frieden darstellen (damit §166 StGB zum greifen kommt)?

Das Kreisverwaltungsreferat hat inzwischen auch schon reagiert (wie auf hpd zu lesen ist) und hat den Veranstaltern u.a. geschrieben:
Es könne nicht hingenommen werden, dass mit der Durchführung einer „öffentlichen Vergnügung, die nicht dem Ernst des Tages“ entspreche, der „Rechtsstaat und seine Vollzugsorgane“ provokant herausgefordert
würden.

D.h. wenn sich ein paar Leute treffen, einen Film anschauen und dann noch eine Band spielt fordert man damit den Rechtsstaat heraus? Ist das so ähnlich, als würde im Iran eine Frau im Bikini durch die Straßen ziehen und damit den "iranischen Rechtsstaat" herausfordern, noch dazu provokant? Und wie verbringt man den Karfreitag "dem Ernst des Tages" angemessen? Und wie macht man das als Ungläubiger? Was für einen Sinn hat es, die Kreuzigung einer historisch zweifelhaften Person zu betrauern, wenn man eh weiß, dass diese nicht wirklich gestorben ist? Und warum kennt man den Geburtstag des Jesukindes so haargenau (Abend des 24. Dezember) wohingegen sein Todestag unbekannt ist und man diesen jedes Jahr verschiebt um evtl. einmal den richtigen Freitag zu erwischen?

Update:
Die letzte Mitteilung des hpd dazu.
Eine Meldung voll christlicher Schadenfreude auf kreuz.net

Und dieser Leserkommentar auf kreuz.net ist einfach zu gut um ihn vorzuenthalten:
Wer den göttlichen Willen in sich führt…
hat auch das Recht ihn anderen aufzuzwingen. Ich habe damit überhaupt kein Problem. Wenn Gott es gibt, so ist es ein gerechtes Anliegen und der Mensch soll es tun. Gott hat seinen Willen dem alten Israel auch aufgezwungen und es nicht nach seiner Meinung gefragt. Und recht so! Die Könige und Kaiser haben regiert und das Volk nicht nach der Meinung gefragt. Und recht so! Fragen etwa gute Eltern ihre störrischen Kinder nach ihrer Meinung? Sie befehlen und die Kinder haben zu gehorchen, zu ihrem eigenen Wohl. Recht so!Wer die Autorität hat der hat auch das Recht und die Pflicht sie auszuüben. Das kann ich hier nicht oft genug absetzen. Seid selbstbewußt íhr Christen. Kommt Euch nicht jämmerlich vor. Ihr seid mutige Helden. Nehmt keine Rücksicht, seid intolerant zu denen, denn die sind nicht von Gott, ergo haben sie keine Autorität und auch kein Recht, deshalb fürchten sie uns.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Na komm, natürlich handelt es sich dabei um gezielte Provokation. Und dass die Damen und Herren sich nicht entblöden, sich mit der Sternkampagne gegen Abtreibung und der Demokratiebewegung Martin Luther Kings auf eine Stufe stellen zu wollen, ist fast noch entlarvender als ihre Diskussion darum, ob es demokratisch legitimierbar ist, wenn man aus bestimmten Gründen zur Rücksichtnahme auf andere aufgefordert (und gegebenenfalls dazu gezwungen wird). Als gäbe es in Deutschland nicht auch so etwas wie die Freiheit des anderen (die man ja sehr gerne für sich selbst in Anspruch nimmt. Aber sie den Christen ebenfalls zuzugestehen, kommt ja gar nicht in die Tüte.)

Wenn man diese Veranstaltung als "politische Veranstaltung" deklariert und mit der Überschrift "Religionsfreie Zone München 2007 versieht, dann ist doch wohl klar, dass sich da nicht nur "ein paar Leute treffen, einen Film anschauen und dann noch eine Band spielt". Ich glaube, die wären recht beleidigt, wenn sie ihre Veranstaltung so charakterisiert sehen würden.

Sicher, wenn man nur ne eigene Auffassung und eigene Erfahrungen hat, dann kann man rechtsstaatliche Gebote schon mal so einfach ignorieren. Die armen, diskriminierten Atheisten tun mir ja so leid. Und wie unverschämt ist eigentlich die Kirche, dass sie auf ihre vom Rechtsstaat garantierten Rechte pocht? Ist ja ganz furchtbar, so was.

Entschuldige mein Dampf ablassen, aber nachdem ich deinem Link gefolgt war, hab ich tatsächlich angefangen, mich etwas aufzuregen.

<- zur Prügel freigegeben, ihr lieben "Gottlosen" :)

Po8 hat gesagt…

Wäre Deine Argumentation die gleiche, wenn z.B. allen Frauen in .de am Geburtstag Mohammeds (AmiiKf) (31.03.) ein Vermummungsgebot auferlegt und dies "rechtstaatlich" garantiert würde? Wer nicht nicht daran hält muss mit einer Strafe bis 10.000 € rechnen?

Oder sollte man hier auch brav den Schleier anziehen, sich in Toleranz üben und sagen, dass der eine Tag ja doch gar nicht so schlimm wäre?

Und wenn schon die Nicht-Christen am Karfreitag die Schnauze halten sollen, so können wir doch auch wieder alle Menschen mit dunkler Hautfarbe hinten im Bus unterbringen, oder? Ich sehe hier keinen prinzipiellen Unterschied.

Anonym hat gesagt…

Natürlich sehe ich einen Unterschied zwischen einem "Vermummungsgebot", mit dem gleich mehrere Menschenrechte gebrochen werden, und dem Verbot von Tanzveranstaltungen aus einem ganz bestimmten Grund an einem ganz bestimmten Tag. Ja , das würde ich anders sehen.
Ich wäre aber sofort dafür, das Verbot auf einen von der Bedeutung für Muslime äquivalenten Feiertag auszudehnen.

Und Martin Luther King kämpfte dafür, dass der schwarze Teil der Bevölkerung der USA dieselben Rechte erhielte wie der weiße. In Deutschland ist es ja nun gerade nicht so, dass den Atheisten irgendetwas verwehrt würde (die Drohung, gegen dieses Gesetz vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen, könnte man schliesslich auch so warh machen, ohne vorher geltendes Recht zu brechen - und dagegen hätte ich auch nicht die geringsten Einwände.

Letzten Endes ist es eine Frage des Respekts vor dem Glauben anderer Menschen, wie man in dieser Frage vorgeht. Und genau diesen Respekt vermisse ich in diesem Fall. Das macht mich unglaublich wütend.

Hier geht es nirgends um "Schnauze halten". Hier geht es darum, dass eine verschwindend geringe Minderheit von Menschen den anderen ihre Religion aufzuzwingen versucht. Und damit meine ich jetzt nicht etwa die Christen, sondern die Atheisten des Bfg München

Po8 hat gesagt…

Meines Wissens muss zuerst ein Verstoß vorliegen bzw. ein Verbot der Veranstaltung um dagegen gerichtlich vorgehen zu können. Deswegen auch die "Provokation".

Respekt vor anderen Menschen: ja, ohne Diskussion. Respekt vor den Vorstellungen anderer Menschen: nein, solange diese nicht mit der Realität übereinstimmen.

Wenn ein Muslim der Meinung ist, allen Dieben müssen die Hände abgehackt werden (weil Allah das so will), so habe ich vor dieser Meinung keinerlei Respekt. Wenn das Christentum in .de der Meinung ist, es müsse auf Grund einer unbewiesenen Kreuzigung eines unbewiesenen Wanderpredigers einen "stillen Freitag" geben, so habe ich dafür ebensowenig Respekt.

Und sry, Lego, aber das mit "Religion aufzwingen" hast Du doch nicht ernst gemeint, oder? Welche Religion sollten denn Atheisten denn anderen "aufzwingen" wollen? An nichts zu glauben ist keine Religion, so wie nichts zu essen kein Abendessen ist.

Anonym hat gesagt…

Tut mir leid, hab ich doch. Jemand, der an nichts glaubt, ist ein Agnostiker. Ein Atheist ist jemand, der glaubt, dass es keinen Gott gibt. Mit Betonung auf Glauben, denn wissen, oder gar beweisen, kann er es nicht.
Im übrigen haben die Atheisten inzwischen auch ihre religiösen Schriften (von Karl Marx über Nietzsche bis hin zu Richard Dawkins). Fehlt eigentlich nur noch die übergreifende kirchliche Organisation, aber da ist der BfG ja schon zumindest auf dem richtigen Wege, versteht er sich doch schon als Lautsprecher aller konfessionslosen Deutschen (von denen sich die meisten wohl dagegen verwahren würden, aber das interessiert ja nun wieder keinen).

Po8 hat gesagt…

Ein A-theist ist jemand der "frei von Gott" ist. Ein "Glaube" ist dazu komplett unnötig. Ich sitze nicht abends zu Hause und denke mir, "Gott gibt es nicht, das glaub ich ganz feste" oder "ich glaube, dass da nichts ist". Da hätte ich nämlich viel zu tun, gibt es doch neben dem christlichen Gott noch Hunderte anderer Götter, die sich die Menschheit über die Jahrtausende ausgedacht hat und an die ich dann "nicht-glauben" müsste. Das Wort "Gott" ist für mich so inhaltsleer wie z.B. "wzlbrmft".

Ich mache mir das Leben einfacher und lehne strickt jede Behauptung ab, so sie nicht
a) durch Fakten erhärtet und/oder
b) plausibel und/oder
c) in Übereinstimmung mit der Realität ist.
Das Christentum bietet nichts von alledem.

Nichtsdestotrotz bin ich "agnostisch" gegenüber noch unbekannten Göttern. Erst wenn diese definiert sind und einer kritischen Überprüfung nicht standgehalten haben, dann bin ich ihnen gegenüber atheistisch - so einfach ist das :-)

Warum organisieren sich Konfessionslose in Gruppen? Weil deren Interessen in .de viel zu schlecht vertreten werden und ein Einzelner leider viel zu wenig ausrichten kann. Jedoch zieht der bfg nicht von Haus zu Haus und versucht jemanden zum Atheismus zu "konvertieren". Btw, bei getauften Christen geht das eh nicht, denn die haben ein unauslöschliches Mal auf ihrer Seele :-P