Donnerstag, Mai 21, 2020

Wie phoenix aus der Asche...

Ohne lange drum herum zu reden, ich will meinen Punkt heute beim Tendenzfernsehen des öffentlich Rechtlichen Rundfunks machen - und zwar am Beispiel des Verhaltens im Vorfeld des Beschneidungsurteils 2012. Ich habe mir hierzu 4 Beispiele herausgesucht, zwei vom Spartensender phoenix (einer Kooperation zwischen ARD und ZDF), die Talkshow von Anne Will und die Maischberger Runde.

Das Rezept, eine Diskussion in die gewünschte Richtung zu lenken ist recht einfach. Die Grundlage sind die Personen, die an so einer Talkrunde teilnehmen.

1. Phoenix - "Ist die Beschneidung zulässig?" - vom 04.07.2012
Moderation: Alexander Kähler, stelv. Geschäftsführer phoenix
Pro-Beschneidung:
Rafael Seligmann, Publizist
Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland
Contra-Beschneidung:
Prof. Hans-Peter Bruch, Vorsitzender der dt. Gesellschaft für Chirurgie
Prof. Holm Putzke, Juraprofessor in Passau

2. Phoenix - "Religiöse Beschneidung - erlauben oder verbieten?" vom 05.09.2012
Moderation: Pinar Atalay
Pro-Beschneidung:
 Ali Kizilkaya (Vorsitzender Islamrat)
 Stephan J. Kramer (Generalsekretär Zentralrat der Juden in Deutschland)
Contra-Beschneidung:
Prof. Reinhard Merkel (Strafrechtler Universität Hamburg)
Wolfram Hartmann (Präsident Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte)
Indifferent:
Wolf-Michael Catenhusen (Stellv. Vorsitzender Deutscher Ethikrat)

3. Anne Will - "Streit ums Beschneidungs-Urteil - Religionsfreiheit ade?" 12.07.2012
Moderation: Anne Will
Pro-Beschneidung:
Khola Maryam Hübsch - Journalistin, Muslima
Yitshak Ehrenberg - Rabbiner
Contra-Beschneidung:
Holm Putzke - Rechtswissenschaftler
Angelika Kallwass - Psychotherapeutin und TV-Moderatorin
Seyran Ates - Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin

4. Menschen bei Maischberger - "Der Beschneidungsstreit" 14.08.2012
Pro-Beschneidung:
Dieter Graumann - Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland
Bilkay Öney - Integrationsministerin BW
Contra-Beschneidung:
Necla Kelek - Autorin & Islamkritikerin
Christa Müller - Katholikin
Während der Diskussion werden noch zwei Ärzte hinzugebeten, der eine ist Muslim und befürwortet Beschneidungen, der andere ist dagegen.

Positiv zu vermerken ist, dass sich zumindest in Bezug auf die Anzahl der Teilnehmer, sich pro und contra die Waage halten (das ist nicht immer so, wie man z.B. hier sehen kann). Ich halte alle Runden für tendenziös, wobei die contra-Fraktion bei Anne Will noch am besten dasteht, was vor allem das Verdienst Holm Putzkes ist. Er hat die 8 Tage, die zwischen der ersten Phoenix-Talkshow und Anne Will liegen gut genutzt und seinen Standpunkt wesentlich geschärft. Auch Reinhard Merkel in der 2. Phoenix Runde macht eine sehr gute Figur und vertritt seine Argumente konsequent. Das war es aber auch schon fast an Highlights.

Wieso kombinierte man nicht z.B. Michael Schmidt-Salomon (hier mit einem argumentativ großartigen aber rhetorisch etwas schwachen Ali Utlu zu sehen) mit Holm Putzke. Das wäre mal ein ordentliches Pfund in der Waagschale der Beschneidungsgegner. So begnügt man sich aber mit relativ farblosen Sidekicks, die entweder schlecht vorbereitet, zu emotional oder gar - wie Herr Catenhusen - gar keine eigene Meinung besitzen (und trotzdem, oder vielleicht auch deswegen, im deutschen Ethikrat sitzen).

Bei der pro-Fraktion lädt man meist irgendwelche "Zentralräte" ein, ohne darauf hinzuweisen, dass es z.B. "den Islam" gar nicht gibt. Die größte homogene Gruppe unter 1 Mrd. Muslime zählt gerade mal 12 Mio. Mitglieder. Mit Rafael Seligmann oder Dieter Graumann hat die pro-Fraktion starke Streiter, die man i.d.R. auch von der Moderation unwidersprochen ausreden lässt, egal wie groß die verbreitete Idiotie auch ist.

Die größte Crux an diesen Formaten ist aber folgendes:
Die Informationen waren 2012 schon alle auf dem Tisch. Holm Putzke zählt diese bei Anne Will auch noch mal auf (Schmerzgedächtnis von Säuglingen, Recht auf Unversehrtheit, psychische Probleme). Auch, dass die WHO-Studien gerade nicht eindeutig waren und sich nicht auf Babys und kleine Kinder bezogen war bekannt. All das wurde in den MAZ-Einspielungen unterschlagen. Es wäre redaktionell ein Leichtes gewesen, die gängige medizinische Meinung und alle Fakten (z.B. auch den Rückgang der Beschneidungen in den USA) auf den Tisch zu legen - nur leider hätte dann die pro-Fraktion keine Argumente mehr gehabt, außer "mein Gott will es so".

Für mich sah und sieht es so aus, als wollte man absichtlich den Regierungskurs der Beschneidungskanzlerin stützen um aus Deutschland keine Komikernation zu machen. Vorauseilender Gehorsam bei den Sendeanstalten des öffentlichen Rechts. Aufklärung - Fehlanzeige! Das Perfide dabei, im oben im Text verlinkten Video von "ZDF-info Log in" sprechen sich am Ende 60% der Zuschauer gegen Beschneidung von Kindern aus. Es wurde also offensichtlich Erziehungsfernsehen gemacht, damit Deutschland ein Land bleibt, in dem man an wehrlosen Babys und Kindern (nur Jungs!) weiterhin Genitalverstümmelungen vornehmen kann - wie widerlich 🤮

Der Rest ist Legion, wie ich hier geschrieben habe, boxte die damalige Merkel-Regierung einen Verfassungsverstoß mit Lichtgeschwindigkeit durchs Parlament und seit dem 12.12.2012 dürfen sich in Deutschland die ganzen Rabenmütter und -väter in Kohorte mit Ärzten, die ihren hippokratischen Eid auf dem Rummel gewonnen haben, durch die Reihen von Kinderpenissen metzgern, als gäbe es kein Morgen mehr - und das alles ganz legal. Und bezeichnend auch, dass nach dem Beschluss des Bundestages die männliche Genitalverstümmelung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk kein Thema mehr ist - 8 Jahre Schweigen. Mehr Komikernation geht gar nicht... 😑

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