Montag, August 05, 2019

Neulich bei der Natürlichkeit...

Ich kann mich nicht an einen Tag in meinem Leben erinnern, an dem ich wirklich Hunger gelitten hätte (außer ich habe freiwillig auf die Nahrungsaufnahme verzichtet 😋). Das ist das Privileg, wenn man nach den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts in der "1. Welt" geboren ist. Es gibt immer noch Menschen auf dem Planeten, die hungern, immer noch zu viele, aber es wird besser.

D.h. in einem Land wie .de quält einen heute nicht mehr die Frage ob und wieviel man isst, sondern immer mehr was man isst. Die Nahrungsaufnahme war immer schon wichtig und gem. einiger Anthropologen könnte die Nahrungszubereitung der Schlüssel zur dominanten Stellung der menschlichen Spezies sein. Nicht der muskelbepackte Krieger hat es gedeichselt, sondern der Smutje, der Chef de Cuisine 😉

Interessanterweise zeichnen sich hier aber immer mehr religiöse Züge ab. Allen voran die Einteilung in schwarz und weiß... pardon... gut und böse. Wir "sündigen", wenn wir uns etwas Süßes gönnen, Fasten, was und wie wir essen (kein Schwein, koscher usw.) war auch schon immer Thema in den etablierten Weltanschauungen - auch wenn sich fast alles davon heute als Anachronismus darstellt - es ist "böse" ein Schwein zu essen, aber "gut" eine geschächtete Kuh zu verzehren... naja... wer's glaubt.

So ist im Supermarkt natürlich auch alles erst mal "gut" was irgendwie "bio", "natürlich" oder "vegan" heißt. Wir blenden dabei leider aus, dass nicht alles, was aus der Natur kommt per se "gut" ist. Eher das Gegenteil ist der Fall. 90% unseres Planeten (= Natur) ist für uns als Habitat nicht geeignet. Von den Millionen unterschiedlicher Spezies (Tiere sowie Pflanzen) sind nur ein geringer Teil für uns als Nahrung geeignet und davon schmeckt uns auch nur ein noch kleinerer Teil. Irgendwelche lustigen Mahlzeiten aus Algen haben sich (zum Glück) noch nicht großflächig durchgesetzt.

Würden wir heute nur das auf den Tisch bekommen, was die Natur "natürlich" produziert, dann hätten wahrscheinlich die wenigsten Freude daran. So gut wie alle Nahrungsmittel die wir kennen, egal ob pflanzlichen oder tierischen Ursprungs wurden vom Menschen über die Jahrtausende "genetisch" verändert - mit den Mitteln, die unseren Vorfahren zur Verfügung standen, was fast ausschließlich Züchtung bzw. Kreuzung war. D.h. wir essen (auch wenn es "bio" heißt) i.d.R. ein kulturelles, also menschgemachtes Produkt.

Insofern muss man ehrlicherweise anerkennen, dass ein aus dem Wolf durch Züchtung hervorgegangener Rehpinscher genauso natürlich bzw. unnatürlich ist, wie ein durch Genmanipulation erzeugter Rehpinscher. In der "Natur" kämen beide nicht vor - aber vielleicht hat die Natur uns genau deshalb "hervorgebracht", weil sie Bock auf Rehpinscher hatte? Was wir auch gerne ausblenden, die allermeisten Nutztiere und -pflanzen sind ohne die Menschliche Pflege in der Natur kaum oder nicht lebensfähig bzw. würden von ihren nicht gezüchteten/genmanipulierten Artgenossen überrannt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein genmanipulierter Rehpinscher die Weltherrschaft an sich reiße, geht gegen null.

Somit sollten wir uns von irgendwelchen esoterischen oder metaphysischen Beurteilungen der Naturveränderung lösen (denn alles auf der Erde, auch die unbelebte Materie, "beeinflusst" die Natur/das Leben in irgendeiner Art und Weise) und zunächst möglichst objektiv und naturalistisch das Geplante durchdenken - welchen Nutzen bringt es, welche Risiken birgt es. Leben ist Veränderung, sich dagegen zu stellen, bedeutet in einem Orkan gegen den Wind zu pusten.

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