Donnerstag, März 11, 2021

Neulich am Rubikon...

Die Schweizer haben abgestimmt. Demokratisch, wie das in der Schweiz so üblich ist. Diesmal ging es um eine Belanglosigkeit, nämlich die islamisch motivierte Verhüllung von Frauen mittels Nikab oder Burka. Auch wenn der liberale Teil von mir eine Kleidungsvorschrift (oder Kleidungsverbot) ablehnt, so stellt die Abstimmung doch die schweizerische rote Linie dar, den Rubikon, die man nicht mehr bereit ist zu übertreten und der Teil in mir, der religiösem Fanatismus nicht noch mehr Raum geben will, findet die Entscheidung richtig.

Wie viele andere Religionen ist auch der Islam darauf ausgelegt, Frauen systematisch zu unterdrücken - wen wundert das, hat doch Mohammed vom Christentum abgeschrieben. Nachdem die wenigsten eschatologischen Religionen ihren Jenseitsanspruch beweisen oder begründen können, beobachtet man eine stete Gängelung im Diesseits mittels dämlicher Vorschriften wie z.B. Essgebote und -verbote, Bekleidungsvorschriften, Vorschriften zum Geschlechtsverkehr oder Tagesabläufe, die an der göttlichen Entität ausgerichtet sind - also die Nase 5x am Tag nach Mekka ausrichten (oder so ähnlich... ich frage mich ja, wie das auf der ISS funktioniert). Dinge, die von den diesseitigen Glaubensführern gut überwacht werden können und die in den natürlichen Lebensablauf stark eingreifen, also oft bewusst oder unbewusst übertreten werden können.

In keiner Religion ist es verboten auf der Spitze des Mt. Everest gegen den Wind zu pinkeln. Warum nicht? Weil es sich zum einen schwer überwachen ließe und zum anderen nur ein Bruchteil der Menschheit überhaupt auf dieser Bergesspitze war. Das ist das grundlegende Prinzip, Gängelung im Kleinen, Überwachung möglichst 24h am Tag und Ahndung von Pseudoverstößen bzw. "Sünden" durch die Glaubensgemeinschaft. Eine Zwangsjacke par excellence.

Der Kampf um die Verschleierung ist nur ein Mosaiksteinchen im Ringen um die Vorherrschaft im Diskurs und letztendlich über die Deutungshoheit. Deutschland verliert diesen andauernd, weil man der Meinung ist, dass jede Religionsvorschrift - egal wie dämlich - irgendwie schon seine Berechtigung haben wird. Man könnte falscher nicht liegen. In Berlin wird die Verschleierung von Richtern zugelassen, in bestimmten Landkreisen hat man sich Minarette und Muezzin Rufe erstritten. Die nächsten Schritte sind dann die Verbannung von Schweinefleisch aus dem öffentlichen Raum, Eingriff in das Strafrecht (z.B. Duldung von Ehrenmorden) oder Anpassung des Arbeitsrechts, damit muslimische Arbeitnehmer mit dem Arsch gen Mekka wackeln können, Eheanbahnung im Kindesalter und die Heirat von Mädchen unter 14 Jahren. Es wird immer etwas geben, um das man streiten kann.

Wenn wir es zulassen, dass jede religiöse oder weltanschauliche Befindlichkeit den öffentlichen Raum über Gebühr einnimmt, dann ebnen wir damit nur der Intoleranz den Weg. Radikale oder fanatische Gläubige haben nämlich überhaupt kein Problem damit, gegenüber einem säkularen, pluralistischen Staat intolerant zu sein. Das kleinste Problem dieser Gruppe ist die Integration, denn diese wird i.d.R. nicht gewünscht oder angestrebt. Man möchte eher seinen eigenen Krams ohne Rücksicht auf Verluste ausleben, eben weil Gesellschaften westlicher Prägung so liberal sind. So wie wir auch die Sklaverei nicht wieder einführen würden, obwohl diese in heiligen Büchern steht, so müssen wir dem religiösen Fanatismus, dem glaubensbedingtem Brett vor dem Kopf, Grenzen setzen, eben genau die Grenzen, die wir andernorts auch ziehen - z.B. im Straßenverkehr mit der Geschwindigkeitsbegrenzung, mit der strafrechtlichen Relevanz von Exhibitionismus im öffentlichen Raum oder mit dem Verbot von Nazi Symbolen und Devotionalien aus dem historischen Kontext heraus.

Und umgekehrt wird genauso ein Schuh daraus. Im Iran, seit dieser wieder zum Gottesstaat unter dem Eierdotter Chomeini mutierte, gelten Bedeckungsvorschriften für Frauen - und zwar für alle. Deswegen teilte die Lufthansa in den 90ern, die als eine der wenigen Airlines Teheran  noch anflog, Wegwerfschleier an alle weiblichen Passagiere aus. Wo streiten da alle Kopftuchbefürworter gegen das Verhüllungsgebot im Iran? Hier herrscht lautes Schweigen, denn bei einer fanatischen Theokratur, wie im Iran oder Afghanistan, ist es halt gefährlich seine Stimme gegen die Mullahs und Immame zu erheben. In Deutschland oder der Schweiz kann man hingegen ungestraft alle Verbotsbefürworter in die Nazi-Ecke stellen (oder zumindest sehr weit nach rääächts), ohne irgendwelche Repressalien fürchten zu müssen oder dafür am nächsten Autokran aufgehängt zu werden. Gratismut, wie wir ihn von Fridays for Future kennen.

Wir müssen offen darüber reden und uns einig werden, was wir wollen und was nicht. Glaube und Emotionen können und dürfen nicht stärker sein, als ratio und leges. Wir sollten uns hinter unsere europäischen Eidgenossen stellen und deren demokratische Abstimmung nicht verurteilen, sondern uns solidarisieren, getreu dem inoffiziellen schweizerischen Motto: unus pro omnibus, omnes pro uno*


*= einer für alle, alle für einen

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