Donnerstag, Oktober 22, 2020

Neulich bei der Debattenkultur...

 Ein Twitteruser schrieb folgendes zum religiös-motivierten Mordanschlag an Samuel Paty:


Dieser Post ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Erstens gibt es sowohl den Islam als auch das Christentum als einen definierbaren kleinsten gemeinsamen Nenner unter dem sich die Gläubigen subsumieren lassen. Speziell beim Islam ist der Koran ein zentrales Element, noch zentraler als die Bibel im Christentum. D.h. diese Behauptung ist schon einmal nicht richtig oder müsste weiter präzisiert werden (ok, das ist mit 240 Zeichen schwer).

Zweitens wird der Attentäter als "radikal", "gewaltbereit" und "hasszerfressen" bezeichnet, der sozusagen absichtlich den Islam ausnutzte oder gar missbrauchte um seine Menschenverachtung auszudrücken. Dieser Schluss ist ebenso falsch, da die Menschenverachtung, die Verachtung für alles nicht-muslimische, schon im Koran angelegt ist. D.h. man könnte mit Fug und Recht sagen, dass der Attentäter den Glauben nur gebrauchte - wenn auch auf eine radikale Weise. Abgesichert war er sogar noch durch eine sog. "Fatwa", d.h. eine Art Rechtsgutachten, dass sich ein paar religiöse Spinner Imame ausgedacht haben. D.h. in seinem religiösen Kontext handelte er beflissen, zielführend und gottesfürchtig.

Das kam dem User aber anscheinend nicht in den Sinn oder er blendete es aus um bloß nicht in den Verdacht zu geraten ein islamophobes Narrativ zu bedienen. Die Strategie ist klar: Brandmarken der Tat als Menschenverachtung, Isolation des Täters als nicht zur Gruppe der Gläubigen gehörig und gleichzeitig die Auflösung der Abgrenzung von gläubigen Gruppen. Das Ziel dabei ist Schaden vom Glauben abzuwenden, der eben nur von bösen, hasszerfressenen Einzeltätern "missbraucht" wird. Wenn das so ist, dann kann man ja guten Gewissens weiterglauben und Islamkritiker wieder als islamophob hinstellen, denn diese haben obigen Sachverhalt ja nicht verstanden.

Daraufhin ließ ich mich auf folgenden Retweet ein:

Wenn man die Worte Islam und Christentum durch politische Ideologien ersetzt, dann wird die Dürftigkeit der Argumentation besonders deutlich. Könnte man doch hiermit den Faschismus gut heißen (weil es "den" Faschismus ja gar nicht gäbe) und dieser wäre z.B. vom radikalen, gewaltbereiten, hasszerfressenen Hitler/Mussolini/Franco ja nur missbraucht worden um seine Menschenverachtung auszuleben! Potztausend, darauf hätte man ja auch mal früher kommen können! Oder die ursprüngliche Argumentation war dämlich und somit ist es die Argumentation dieser Persiflage auch.

Doch es geht noch weiter, der User retweetete jetzt meine Antwort folgendermaßen:

Ich hätte gleich stutzig werden sollen, dass hier plötzlich alles voller Hashtags war, wo doch der Ursprungspost komplett ohne auskam. Imho ist das ein beliebtes Verhalten um ggf. Follower anzulocken, dass hier ein phöser Rassist, Faschist oder was auch immer sein Werk tut. Auch die, wie ich jetzt annehmen muss, böswillige Unterstellung, ich hätte Religion mit Faschismus gleichgesetzt (warum wird der Kommunismus nicht genannt, mit dem ich sie ja auch offensichtlich gleichsetzte? etwa weil er etwas gutes ist?) und dass mein Tweet "sehr bedenklich" sei, tun ihr übriges.

Dabei ließen sich durchaus faschistoide Züge vor allem in den abrahamitischen Religionen ausmachen. Zuallererst die Einteilung der Menschen in Über- (Gläubige) und Untermenschen (Ungläubige), das rigorose Durchgreifen bei kleinsten Verfehlungen mit der Todesstrafe, Gedankenverbrechen (Apostasie), frühkindliche Indoktrination, Verfolgung Andersgläubiger, Narrative die "geglaubt" werden müssen, weil sie unbeweisbar sind usw.usf.. Parallel - und deswegen auch von mir gewählt - beobachten und beobachteten wir in den kommunistischen Systemen ähnliches. Ideologien sind sich halt doch näher als man wahrhaben möchte. Evtl. sollte ich dazu mal einen eigenen Artikel schreiben...

In meiner jugendlichen Naivität nahm ich ja noch an, dass mein Tweet wirklich falsch verstanden worden sein könnte, worauf ich wie folgt antwortete:

Daraufhin folgte diese Antwort:

Wieder der Hashtag, die Unterstellung wird wiederholt - was sie aber nicht richtiger macht. Deswegen meine Antwort:

Darauf kam noch folgende Antwort:


Auch hier wieder eine beliebte Masche, die ad hominem Argumentation. Keine Erklärung, wo diese Gleichsetzung jetzt stattgefunden haben sollte, sondern meine mangelnde Lesekompetenz oder meine faschistische oder rassistische oder islamophobe Einstellung sind das Problem... aber natürlich nicht sein dämlicher Anfangstweet. 🙄

Von mir gab es noch den Hinweis, dass ich in meinem Ursprungstweet noch nicht mal Religion erwähnte (wie man oben sehen kann), danach wurde ich geblockt (hier noch mal zum nachvollziehen).

Dieser Vorgang ist jedoch nur der krönende Abschluss für das, was es eigentlich nicht gibt, nämlich "Cancel Culture" bzw. das Diffamieren unliebsamer Meinungen. Man cancelt erst mal im Kleinen, weil hier ist ja nicht viel passiert (und keiner seiner Follower sprang auf den Zug auf - bis jetzt).

Jetzt ist natürlich der Killar auch ein kleines Licht und seine Reichweite begrenzt. Wenn er aber 10 oder 100 mal so viele Follower hätte, dann könnte das schon für einen Shitstorm reichen. Wenn meinen Beitrag genug Leute melden, reicht es ggf. sogar für eine Sperrung. Nachdem mein Klarname in Twitter steht, denn ich stehe hinter jedem meiner Tweets (und man kann sich meine Tweets und Antworten anschauen und wird dort nicht einen rassistischen oder faschistischen Tweet finden), könnte man auch mehr über mich herausfinden und mir das reale Leben schwer machen. Als zusätzlicher Effekt käme bei Twitter hinzu, dass Leute ganz wild auf Blocklisten sind, d.h. evtl. lande ich ja auf Killars Blockliste, die er weiterverteilt und bin dann plötzlich von Usern geblockt, mit denen ich noch nie etwas zu tun hatte.

Und warum das ganze? Weil unser Killar nicht in der Lage ist, seine Meinung zu begründen, stattdessen auf die Likes der eigenen Blubble abzielt (guter Islam; phöser missbrauchender Nicht-Muslim) und Gegenwind nicht mal im Ansatz verträgt. Auch ist deutlich eine Uneinsichtigkeit und keinerlei Diskussionsbereitschaft zu erkennen, was auf Twitter (und wahrscheinlich anderen Social Media Plattformen) ad nauseam vorkommt und jegliches Geschreibsel so ermüdend macht. 

Ein Argument kann noch so hanebüchen sein, wenn es nur von jemandem mit der richtigen Gesinnung ausgesprochen wird, ist es valide. Jeder Kritiker ist eine Persona non grata oder sowieso ein Depp. Der einzige, der hier von Anfang an das Unmenschliche in den (meisten) Religionen relativiert hat, ist aber Killar selbst, indem er ihnen das o.g. Hintertürchen baute. Abschließend sei nur zu sagen, dass dieses Vorgehen diesmal nicht goutiert wurde und es (bislang) keine weiteren Konsequenzen gab. Aber es geht um das Muster... wehret den Anfängen! 😑

PS: Noch ein kleiner Verbesserungsvorschlag an Twitter: dass man geblockt wurde, solle auch eine Benachrichtigung wert sein und man sollte dann auch noch die Möglichkeit haben, denjenigen zuückzublocken - das wäre nur fair.

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