Ich habe mir in diesem Zusammenhang ihr neues Buch zu Gemüte geführt,
"Was wirklich wirkt - Kompass durch die Welt der sanften Medizin"*,
wohl wissend, dass mich hier eine "geläuterte" Frau Grams erwarten würde. Und was soll ich sagen, ich wurde nicht enttäuscht.
Ähnlich wie beim neuen Buch von Richard Dawkins, konnte Frau Grams mich als Skeptiker nicht fundamental überraschen, aber nach der Lektüre ist mein medizinisches Bild von der Welt doch um einiges runder geworden, einiger Wissensstand aktualisiert und einige (Gegen)Argumente vervollständigt. Auch schildert sie ihre persönliche Hin- bzw. Abwendung zur/von der Homöopathie, was im Zusammenhang mit ihrer hochschulmedizinischen Ausbildung dem Buch noch mehr Authentizität verleiht.
Den roten Faden im Buch bilden die Aussagen, die man ad nauseam in Stammtischmedizindiskussionen um die Ohren geworfen bekommt, wie z.B. "wer heilt, hat recht", "Impfungen verursachen Autismus" und den ganzen anderen
Nichtsdestotrotz ist Frau Grams Grundtenor das kritische Denken - und nicht nur in die Richtung der Pseudomedizin, sondern ganz generell. Wir müssen uns selbst in Frage stellen, z.B. unsere Einstellung zur Hochschulmedizin, den aktuellen Medizinbetrieb, den sie auch an verschiedenen Stellen kritisiert z.B. bzgl. der "Fließbandabfertigung", aber eben auch jegliche Art von behaupteter "Wunderheilung" wie sie in der "Alternativmedizin" weit verbreitet ist. Dabei ist gerade ihre Biographie als frühere Homöopathieanhängerin eher ein Segen als ein Fluch. An einigen Stellen kann sie anhand ihrer persönlichen Erfahrung aufzeigen, wie genau diese Mechanismen aus dem "alternativen Milieu" gegriffen haben und erspart damit u.U. dem Leser in die gleiche Falle zu tappen.
Um es noch mal zu betonen, in dem Buch wird nicht "sinnlos" oder "hasserfüllt" eine Abrechnung mit alternativen Heilmethoden gesucht - was sogar verständlich wäre, denn "die größten Kritiker der Elche, waren früher selber welche"** -, sondern es werden sachlich, unterhaltsam und (fast) ohne Polemik (für meinen Geschmack hätte es etwas mehr sein können 😉) Lösungen gesucht bzw. aufgezeigt - und dem Leser genau dieser Kompass, diese Landkarte, dieser Sextant an die Hand gegeben, um sich im "Medizindickicht" besser zurecht zu finden. Abgerundet wird dies durch eine Kurzvorstellung der wichtigsten "Alternativen" (Homöopathie, TCM usw.) am Ende des Buches, falls man vor dem nächsten Arztbesuch nicht mehr alles parat haben sollte.
Ich kann das Buch prinzipiell jedem empfehlen - wie oben schon erwähnt, hat es mich auch weitergebracht -, möchte es aber speziell den Leuten ans Herz legen, die "so viel mehr zwischen Himmel und Erde" vermuten (wie Frau Grams und ich übrigens auch) nur dabei der Ansicht sind, dass alte Weisheiten, durch Engel gechannelte Energien oder in feuchten Träumen entstandene Eingebungen einen höheren Erkenntnisgewinn liefern, als evidenzbasierte, wissenschaftliche Medizin. Den Leuten, die lieber zu selbsternannten Heilern ohne vernünftige Ausbildung laufen, die mit ihren "Erfolgen" prahlen, aber dabei ihre Misserfolge in der Schublade verschwinden lassen oder esoterisch wegschwurbeln ("tja, der Patient hat die Erstverschlimmerung halt nicht überlebt - selbst schuld).
Funfact noch zum Schluss: Herr Behnke, seines Zeichens "Programmleiter für integrative Medizin" bei der Carstens-Stiftung (da geht das auch ohne Dr.med.!), eine Organisation, die fast allem möglichen und unmöglichem Schwurbel Raum bietet, hat hier eine negative Kritik geschrieben, was man eigentlich als klare Kaufempfehlung sehen sollte - denn nur getroffene Hunde bellen 😋
Insofern: 8 von 8 möglichen Punkten
* - Aufbau Verlag, 249 Seiten, ISBN: 978-3-351-03471-9
** - Robert Gernhardt
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