Sonntag, Januar 26, 2020

Das Wort zum Sonntag #71

Thema heute: Kindesmissbrauch und Zölibat

Wie man z.B. hier, aber auch an anderen Stellen lesen kann, bleibt von der großspurig angelegten Aufdeckungsaktion weniger übrig als ein Kaninchenfurz:

Im Herbst 2018 machte die Missbrauchsstudie der katholischen Kirche mit erschreckenden Zahlen Schlagzeilen: Mindestens 3677 Minderjährige wurden in den Jahren 1946 bis 2014 von 1670 Klerikern missbraucht.

Man hat zur Ermittlung der Daten schon fast 8 Jahre gebraucht, jetzt streitet man sich u.a. über Entschädigung (und aus welchem Topf diese zu bezahlen wäre) und wieder sind weitere zwei Jahre vergangen, in denen die Kirche nichts gemacht hat außer: die Täter in den eigenen Reihen zu schützen!

Prof. Holm Putzke, der schon sehr positiv bei den Beschneidungsdiskussionen aufgefallen ist, dem aber imho v.a. im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu wenig Raum gegeben wird (evtl. weil er gegen Religioten aber für Kinder argumentiert?), formuliert das so:

... die katholische Kirche habe sich "redlich darum bemüht, damit die in ihren Reihen massenweise begangenen Verbrechen an Kindern inzwischen nicht mehr verfolgbar sind".

Ich hatte selbst damals, noch bevor die Studie in Auftrag gegeben wurde, auf die Schweinerei im Bistum Regensburg hingewiesen, die natürlich ohne jegliche Konsequenzen für Bischof Müller verlaufen ist. Wie man es erwartete und wie man es von den Kirchen kennt, Probleme werden andiskutiert und dann ausgesessen. Das Strafgesetzbuch mag für den profanen Kinderschänder gelten, klerikale Kinderficker scheinen über diesem zu stehen, weil sie ja innerkirchlich (meist mit Versetzung) bestraft würden - was für eine Heuchelei und Bigotterie.

Doch ein Punkt stört extrem, der speziell die katholische Kirche betrifft: die unsägliche Verquickung von Zölibat und Kindesmissbrauch. Das liest sich wie folgt:

„Denn der Zölibat ist Teil eines Systems. Und der Zölibat ist ein Risikofaktor für den Missbrauch. Deshalb darf man das Thema nicht länger aussitzen oder in einer Entschuldigungsrhethorik vertuschen. Sondern, es muss grundsätzlich dieses Problem, das Systemproblem, angegangen werden – und zwar im Interesse der Opfer“ (Deutschlandfunk, Hubert Wolf, Theologe)


Der Zölibat ist nicht die Ursache, aber er begünstigt den Missbrauch. Offensichtlich werden Menschen mit einer verkorksten Sexualität vom Zölibat des katholischen Priestertums besonders angezogen. (Zeit, Anselm Bilgri, ehem. Benediktinermönch und Priester) 
Deutsche Welle: Würde nicht etwa die Abschaffung des Pflichtzölibats helfen? In dem Bericht, der letztes Jahr von der Deutschen Bischofskonferenz vorgestellt wurde, heißt es, dass das Pflichtzölibat der Priester ein Faktor sei, der Missbrauch begünstigen kann. 
Zollner: Aber in dem Bericht steht auch drin, dass der Zölibat nicht eo ipso zum Missbrauch führt. Insofern ist das selbst in dem Bericht nicht eindeutig. Wenn man in andere Berichte schaut, die in den USA, Australien oder sonstwo von Regierungen im Auftrag gegeben wurden, dort heißt es: Der Zölibat führt nicht zum Missbrauch. Dass ein zölibatär Lebender im Lauf der Zeit zu einem Risikofaktor für Missbrauch, aber nicht nur vom Missbrauch von Jugendlichen, sondern auch von Alkohol oder von sonstwas werden kann, ist eine andere Sache. Dazu braucht es eine andere Art vom Vorgehen. Zu erwarten, dass durch die Aufhebung des Zölibats der Missbrauch ein für allemal verschwindet, ist sehr falsch - vor allem auch wenn man in die Gesellschaft und in die anderen Religionen hineinschaut. (DW, Hans Zollner 
Dazu gehörten „Machtmissbrauch und Klerikalismus, Sexualität und Sexualmoral, Zölibat und Ausbildung der Priester“. Allerdings sei „der Zölibat nicht die Ursache für Missbrauch, das ist absolut nicht der Fall“. Dennoch könne ein Leben in der Ehelosigkeit kombiniert mit bestimmten Schwächen einer Person zum Problem werden. (Der Tagesspiegel, Kardinal Marx, Vorsitzender der Bischofskonferenz)


Ich habe natürlich vollstes Verständnis dafür, dass die progressiveren Kreise den Zölibat loswerden wollen, nur sollte er in diesem Zusammenhang eines nicht verschleiern: die faktischen Verbrechen an Kindern und Minderjährigen. Manche Ausführung liest sich so, als wäre der Zölibat so etwas wie der fehlende Sicherheitsgurt im Auto, durch den ein erhöhtes Verletzungsrisiko bestünde. Auch ist das Aufführen von beiden Begriffen in meinen Augen grob falsch. Es gab und gibt auch Missbrauchsfälle auf protestantischer Seite und dort gibt es den Zölibat nicht.

Der faktische Zölibat sieht in Deutschland so aus, dass eine Beziehung des Priesters mit seiner Haushälterin oder seinem Haushälter geduldet wird. Sogar für uneheliche Kinder aus diesen Beziehungen übernimmt die Kirche den Unterhalt. Wer also damit leben kann, dass er nicht auf dem Papier verheiratet ist, den perforiert der Zölibat nur tangential. Andere Priester haben auch schon die Kirche verlassen oder ihr Priesteramt niedergelegt, um offiziell heiraten zu können.

D.h. der Zölibat ist vernachlässigbar - auch und gerade als Risiko. Durch die Vermengung der Begriffe entsteht beim laienhaften Zuhören aber folgender Eindruck:

"Der arme Herr Pfarrer konnte ja nicht anders, als sich am Ministranten zu vergreifen, wenn ihn die Kirche doch keine Frau haben lässt...."
Der "Herr Pfarrer" ist aber ein erwachsener Mann, der wusste auf was er sich einlässt. Der Herr Pfarrer hat die Hochschulreife erworben und ein Theologiestudium (egal wie blöd das auch ist) absolviert und der Herr Pfarrer sollte auch wissen, dass sexuelle Handlungen an Minderjährigen einen Straftatbestand darstellen. Das ist durch nichts zu entschuldigen, am wenigsten durch den Zölibat!

Freitag, Januar 24, 2020

Sonntag, Januar 19, 2020

Neulich in Niederbayern...

Mit diesem und diesem Wort zum Sonntag, sollte meine Einstellung zur Abtreibung deutlich geworden sein. Hier aber noch ein kleiner Nachtrag. In dieser Spiegelkolumne schreibt Frau Stokowski (mit der ich - offen gestanden - nicht oft einer Meinung bin) folgendes, was ich aber diesmal unterstreichen kann:
Wer sich 30 Sekunden mit Abtreibung beschäftigt hat, weiß, dass da keine "Kinder auf die Welt geholt werden - und zwar tot". Der Zellklumpen, der bei einer Abtreibung in den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft aus dem Uterus geholt wird, ist noch kein Kind. Die einzige Gruppe, die das so benennen würde, sind sogenannte Lebensschützer, also AbtreibungsgegnerInnen, die Abbrüche am liebsten komplett verbieten würden.
Frau Stokowski bezieht sich auf diesen Artikel im Tagesspiegel, den ich mir natürlich auch zu Gemüte geführt habe. Und ja, ich sehe genau die gleiche Tendenz (v.a. durch das Bild) wie die Spiegelkolumnistin, wenn auch unter der Fragestellung "Wann ist ein Mensch ein Mensch?" der aktuelle Stand differenziert dargestellt wird:
Sobald eine Eizelle befruchtet ist, beziehungsweise sich in der Gebärmutter einnistet, sagen konservative Christen.
Sobald die zwölfte Woche vorbei ist, sagt der Gesetzgeber, der in den Siebzigerjahren diese Zahl bestimmt hat, weil ein Fötus gewissermaßen „fertig“ ist. Körper, Gliedmaßen und Organe sind angelegt, danach wachsen sie nur noch. Sobald ein Fötus außerhalb des Körpers der Mutter überleben könnte, sagt Thoralf Fricke von pro familia, also um die 24. Woche. Das Bürgerliche Gesetzbuch sagt: Mit Abschluss der Geburt ist der Mensch ein Mensch – im juristischen Sinne. Der Arzt Michael Spandau sagt: Sobald der Embryo ein funktionierendes Großhirn hat, ein Bewusstsein und Schmerzempfinden. Neulich las er in einem Fachmagazin, dass all dies wohl erst um die 30. Woche gegeben sei.
Für mich unverständlich: wir haben hier ein Thema, das man biologisch, anthropologisch, soziologisch, psychologisch und medizinisch betrachten kann. Die Auswirkungen einer Abtreibung sind extrem begrenzt. Von den jährlichen ca. 100.000 Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland habe ich nicht einen mitbekommen, noch hätte mich einer in meinem Leben beeinflusst. Trotzdem handelt es sich um einen Straftatbestand. Ich fühle mich unweigerlich an den "Schwulenparagraphen" erinnert, der erst in den 70ern gestrichen wurde - mein Leben wurde auch nicht durch den einvernehmlichen, gleichgeschlechtlichen Sex beeinflusst, der bis dahin als Straftat begangen wurde.

Anscheinend bekommen es Gesellschaften wie die Deutsche (die Österreicher ja auch), nicht gebacken, hier eine klare, säkulare, wissenschaftsbasierte Gesetzeslage zu schaffen. Was lässt uns hoffen, dass bei einem hochkomplexen Thema wie dem des Klimawandels bessere Entscheidungen getroffen, bessere Gesetze gemacht würden? Hängt der Ruf nach der Wissenschaft vom Gusto oder der Tagesform ab? Ich sage nicht, dass die Wissenschaft die Antworten hat, aber sie hat wenigstens die Fakten. Und Fakten sollten immer die Diskussionsgrundlage bilden, nicht irgendwelche persönlichen Erfahrungen oder Gefühle (wie bei den Grünen und der Homöopathie) oder irgendwelche religiösen Schwurbeleien (wie bei den Pro-Life Aktivisten), dich noch nicht mal durch die (un)heiligen Bücher abgedeckt sind.



Freitag, Januar 10, 2020

Montag, Januar 06, 2020

Das po8ische Bilderrätsel #63

Nach langer Zeit mal wieder was zum Knobeln:


Hier noch die Auflösung von #62:
~ Krähen + green = Graham Green

Sonntag, Januar 05, 2020

Das Wort zum Sonntag #70

Thema heute: (A)Soziale Netzwerke

Obwohl mein Twitter Account schon seit 2009 existiert, habe ich erst in den letzten paar Wochen angefangen diesen zu nutzen. Facebook & Instagram kenne ich nur vom Hörensagen, ich gehe aber davon aus, dass die Lage dort ähnlich ist. Ich habe ein prinzipielles Problem mit dem Begriff "folgen", für mich schwingt hier - rein semantisch gesehen - noch der Leichengeruch des dritten Reichs mit oder die lange verbreitete autoritäre Erziehung, in beiden Fällen musste/sollte (bedingungslos) gefolgt werden. Vielleicht hätte ich mit "einseitig verknüpfen" weniger Probleme, aber diese Bezeichnung ist halt für ein Smartphone definitiv zu lang. Ich versuche mich daran zu gewöhnen und "folge" mittlerweile auch ein paar Leuten.

Twitter schlägt mir jetzt natürlich basierend auf den Leuten denen ich schon folge, wieder neue Leute vor, denen ich auch folgen könnte. Praktisch ist, dass diese sich meist in den gleichen Bereichen befinden. Insofern lädt Twitter gerade dazu ein, sich in einer Bubble einzuigeln. Bubble bedeutet hier, dass man quasi nur Leuten folgt oder von Leuten vergefolgt wird, die annähernd das gleiche denken oder die gleiche Meinung haben wie man selbst.

Meine steile These heute ist, dass dieses Blasenverhalten in Kombination mit Followern sich auch nicht viel anders manifestiert als eine Pseudoreligion. Jedoch sind die Inhalte dermaßen wenig festgezurrt, dass, wenn man den Finger in die Wunde legen wollte, diese schon wieder etliche Tweets weiter ist und eine andere "#Umweltsau" durchs Dorf getrieben wird. Ich werde dazu auch leider ein bisschen ausholen müssen.

Umweltsau deswegen, weil sich vor Weihnachten dort folgendes "Drama" (kurz zusammengefasst) ereignete:

1. Akt
FridaysForFuture Germany (FFF) hatte folgenden post am 23.12. abgesetzt
Leider kann man hier die Uhrzeit nicht erkennen, aber zwischen dem ursprünglichen post und "was darf Satire" vergingen m.W. einige Stunden. Wäre beim ersten post wenigstens ein Zwinkersmiley dabei gewesen, dann hätte man das auf Anhieb als satirischen Seitenhieb auffassen können. Wie man auch an den "likes" (den Herzchen) sehen kann, fanden das bis zum 1.1. über 4.000 Leute toll. Natürlich haben sich sofort Leute aufgeregt, dass das ja im Prinzip gegen die Großeltern Generation geht, die viel geleistet haben usw. weswegen FFF noch am selben Tag die untenstehende Entschuldigung postete. Meine persönliche Meinung ist, dass dies als bewusste Provokation gemeint war (dieses "Wachrütteln" halt) und man seitens FFF erst dann zurückruderte, als die Stimmung im Keller war.

2. Akt
Wahrscheinlich auf Grund dieses kleinen Shitstorms (denn nicht alle 5.382 Antworten waren freundlich - aber ich habe mir auch nicht alle durchgelesen) fühlte sich der WDR verpflichtet Schulterschluss zu zeigen und hat mit einem Kinderchor eine Persiflage auf "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" eingesungen und anschließend online gestellt. Meines Wissens wurde das nie gesendet. Der Vollständigkeit halber sei auch dieser angeführt:
Den FFF Tweet fand ich schon wenig prickelnd, v.a. weil er nicht wirklich lustig war. Eine der wichtigsten Eigenschaften von Satire sollte sein, dass man darüber lachen kann oder sich zumindest vorstellen kann, dass darüber jemand lacht, wenn man selbst eine Spaßbremse ist. FFF war da imho einfach zu ernst und zu bemüht. Und genauso mutet der Kinderchor an, man "bemüht" sich die Nachkriegsgeneration auf die Schippe zu nehmen - aber es sieht nach Angestrengtheit und Wortschubserei aus. Außerdem ist die Zielgruppe des Spotts ja gerade nicht besonders in den sozialen Medien unterwegs. Besser wäre es gewesen, das wirklich über den Sender zu jagen, evtl. mit einer zweideutigen Anmoderation von Helene Fischer o.ä., damit die Zielgruppe der Satire wenigstens eine Chance hat, das mitzubekommen. Oder man hätte es einfach lassen sollen.

3. Akt
Der Shitstorm der dann über den WDR hereinbrach war noch heftiger als der des FFF. Man (d.h. in dem Fall Rechte) fühlte sich zu Spontandemos vor dem WDR Gebäude berufen, es gab einen "Brennpunkt" oder so (ich schaue ja kein Fernsehen) in dem der Intendant sich dafür entschuldigte.

Sidekick an dieser Stelle war ein freier Mitarbeiter des WDR, der - und auch hier schlägt imho wieder schlechte Satire zu - den FFF post mit dem WDR-Song zusammen persiflierte und die Großelterngeneration als #Nazisäue bezeichnete. Ok, kann man machen, muss man aber nicht. Es gab dann natürlich den entsprechenden Sidekick-Shitstorm gleich noch gratis obendrauf mit (zumindest lt. seiner Aussage) noch ein paar Morddrohungen und der dämlichen Idee, man möge doch den freien Mitarbeiter rauswerfen.

Selbstredend, dass der WDR das Video offline nahm - aber das Internet vergisst und vergibt nicht, deswegen kann man es oben noch sehen 😉

Epilog:
Auf jeden Fall schien das Weihnachtliche Newsloch gestopft, denn bis heute werden dazu Kommentare verfasst, Artikel geschrieben, die Lage analysiert usw. Vermutlich kam der meiste Shit des Storms aus der rechten Ecke (zumindest beim WDR). Einen recht guten Kommentar finde hier diesen hier.

Mittwoch, Januar 01, 2020

Neulich beim Jahreswechsel...

Auch wenn sich in Südafrika eigentlich zu wenig verändert hat, seit man den unterirdischen Jacob Zuma aus dem Amt gedrängt hat und ich in absehbarer Zeit auch keine Besserung vermute - eines konnte er doch wie kein anderer:
ein frohes Neues Jahr zu wünschen!

Insofern möchte ich den Großmeister zu Wort kommen lassen:

Wer den Witz hier nicht ganz nachvollziehen kann, bitte dieses Video anschauen 😉