Sonntag, Januar 19, 2020

Neulich in Niederbayern...

Mit diesem und diesem Wort zum Sonntag, sollte meine Einstellung zur Abtreibung deutlich geworden sein. Hier aber noch ein kleiner Nachtrag. In dieser Spiegelkolumne schreibt Frau Stokowski (mit der ich - offen gestanden - nicht oft einer Meinung bin) folgendes, was ich aber diesmal unterstreichen kann:
Wer sich 30 Sekunden mit Abtreibung beschäftigt hat, weiß, dass da keine "Kinder auf die Welt geholt werden - und zwar tot". Der Zellklumpen, der bei einer Abtreibung in den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft aus dem Uterus geholt wird, ist noch kein Kind. Die einzige Gruppe, die das so benennen würde, sind sogenannte Lebensschützer, also AbtreibungsgegnerInnen, die Abbrüche am liebsten komplett verbieten würden.
Frau Stokowski bezieht sich auf diesen Artikel im Tagesspiegel, den ich mir natürlich auch zu Gemüte geführt habe. Und ja, ich sehe genau die gleiche Tendenz (v.a. durch das Bild) wie die Spiegelkolumnistin, wenn auch unter der Fragestellung "Wann ist ein Mensch ein Mensch?" der aktuelle Stand differenziert dargestellt wird:
Sobald eine Eizelle befruchtet ist, beziehungsweise sich in der Gebärmutter einnistet, sagen konservative Christen.
Sobald die zwölfte Woche vorbei ist, sagt der Gesetzgeber, der in den Siebzigerjahren diese Zahl bestimmt hat, weil ein Fötus gewissermaßen „fertig“ ist. Körper, Gliedmaßen und Organe sind angelegt, danach wachsen sie nur noch. Sobald ein Fötus außerhalb des Körpers der Mutter überleben könnte, sagt Thoralf Fricke von pro familia, also um die 24. Woche. Das Bürgerliche Gesetzbuch sagt: Mit Abschluss der Geburt ist der Mensch ein Mensch – im juristischen Sinne. Der Arzt Michael Spandau sagt: Sobald der Embryo ein funktionierendes Großhirn hat, ein Bewusstsein und Schmerzempfinden. Neulich las er in einem Fachmagazin, dass all dies wohl erst um die 30. Woche gegeben sei.
Für mich unverständlich: wir haben hier ein Thema, das man biologisch, anthropologisch, soziologisch, psychologisch und medizinisch betrachten kann. Die Auswirkungen einer Abtreibung sind extrem begrenzt. Von den jährlichen ca. 100.000 Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland habe ich nicht einen mitbekommen, noch hätte mich einer in meinem Leben beeinflusst. Trotzdem handelt es sich um einen Straftatbestand. Ich fühle mich unweigerlich an den "Schwulenparagraphen" erinnert, der erst in den 70ern gestrichen wurde - mein Leben wurde auch nicht durch den einvernehmlichen, gleichgeschlechtlichen Sex beeinflusst, der bis dahin als Straftat begangen wurde.

Anscheinend bekommen es Gesellschaften wie die Deutsche (die Österreicher ja auch), nicht gebacken, hier eine klare, säkulare, wissenschaftsbasierte Gesetzeslage zu schaffen. Was lässt uns hoffen, dass bei einem hochkomplexen Thema wie dem des Klimawandels bessere Entscheidungen getroffen, bessere Gesetze gemacht würden? Hängt der Ruf nach der Wissenschaft vom Gusto oder der Tagesform ab? Ich sage nicht, dass die Wissenschaft die Antworten hat, aber sie hat wenigstens die Fakten. Und Fakten sollten immer die Diskussionsgrundlage bilden, nicht irgendwelche persönlichen Erfahrungen oder Gefühle (wie bei den Grünen und der Homöopathie) oder irgendwelche religiösen Schwurbeleien (wie bei den Pro-Life Aktivisten), dich noch nicht mal durch die (un)heiligen Bücher abgedeckt sind.



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