Sonntag, Mai 28, 2006

Neulich beim alten Psalter...

Nachdem sich Benedetto auf einer Rundreise durch Polen befindet und dort auch wieder mal das ein oder andere geistliche von sich gab, so ist mein Blick doch auf einer Stelle seiner Rede in Auschwitz hängengeblieben, nämlich diejenige, an der er Psalm 44 zitiert. Nachdem ich meiner (zugegebenermaßen beschaulich) kleinen Leserzahl nicht zumuten kann, jede Stelle der heiligen Schrift auswendig zu kennen, hier der Psalm im original und ungekürzt! (Hervorhebungen von mir, blau hat Paparatzi verwendet):


1 [Für den Chormeister. Ein Weisheitslied der Korachiter.] 2 Gott, wir hörten es mit eigenen Ohren, unsere Väter erzählten uns von dem Werk, das du in ihren Tagen vollbracht hast, in den Tagen der Vorzeit. 3 Mit eigener Hand hast du Völker vertrieben, sie aber eingepflanzt. Du hast Nationen zerschlagen, sie aber ausgesät. 4 Denn sie gewannen das Land nicht mit ihrem Schwert, noch verschaffte ihr Arm ihnen den Sieg; nein, deine Rechte war es, dein Arm und dein leuchtendes Angesicht; denn du hattest an ihnen Gefallen. 5 Du, mein König und mein Gott, du bist es, der Jakob den Sieg verleiht. 6 Mit dir stoßen wir unsere Bedränger nieder, in deinem Namen zertreten wir unsere Gegner. 7 Denn ich verlasse mich nicht auf meinen Bogen, noch kann mein Schwert mir helfen; 8 nein, du hast uns vor unsern Bedrängern gerettet; alle, die uns hassen, bedeckst du mit Schande. 9 Wir rühmen uns Gottes den ganzen Tag und preisen deinen Namen auf ewig. [Sela] 10 Doch nun hast du uns verstoßen und mit Schmach bedeckt, du ziehst nicht mit unserm Heer in den Kampf. 11 Du lässt uns vor unsern Bedrängern fliehen und Menschen, die uns hassen, plündern uns aus. 12 Du gibst uns preis wie Schlachtvieh, unter die Völker zerstreust du uns. 13 Du verkaufst dein Volk um ein Spottgeld und hast an dem Erlös keinen Gewinn. 14 Du machst uns zum Schimpf für die Nachbarn, zu Spott und Hohn bei allen, die rings um uns wohnen. 15 Du machst uns zum Spottlied der Völker, die Heiden zeigen uns nichts als Verachtung. 16 Meine Schmach steht mir allzeit vor Augen und Scham bedeckt mein Gesicht 17 wegen der Worte des lästernden Spötters, wegen der rachgierigen Blicke des Feindes. 18 Das alles ist über uns gekommen und doch haben wir dich nicht vergessen, uns von deinem Bund nicht treulos abgewandt. 19 Unser Herz ist nicht von dir gewichen, noch hat unser Schritt deinen Pfad verlassen. 20 Doch du hast uns verstoßen an den Ort der Schakale und uns bedeckt mit Finsternis. 21 Hätten wir den Namen unseres Gottes vergessen und zu einem fremden Gott die Hände erhoben, 22 würde Gott das nicht ergründen?Denn er kennt die heimlichen Gedanken des Herzens. 23 Nein, um deinetwillen werden wir getötet Tag für Tag, behandelt wie Schafe, die man zum Schlachten bestimmt hat. 24 Wach auf! Warum schläfst du, Herr? Erwache, verstoß nicht für immer! 25 Warum verbirgst du dein Gesicht, vergisst unsere Not und Bedrängnis? 26 Unsere Seele ist in den Staub hinabgebeugt, unser Leib liegt am Boden. 27 Steh auf und hilf uns! In deiner Huld erlöse uns!

Nachdem ich mir ein Theologiestudium geschenkt habe und der Meinung bin, wenn jemand etwas zu Papier bringt (oder heutzutage etwas ins Netz stellt o.ä.), dann muss sich der Text durch bloßes Lesen erschließen.

In Psalm 44 erschließt sich mir zuersteinmal eine Lobeshymne auf die vielen "Nationen" die man - Gott sei Dank & dank Gottes Hilfe[!] - "zerschlagen" hat. Dann geht der Psalter in Meckern über, denn so richtig gut lief es anscheinend nicht mehr und zum Schluss fragt er, warum der alte Herr schlafen gegangen ist, weil die Kriegstreiber (bzw. deren Söhne) vom Beginn des Psalms jetzt selbst in der Scheiße stecken.

Wie kann man auf der einen Seite an eine ausgleichende, göttliche Gerechtigkeit glauben, wenn man auf der anderen Seite die Siege toll findet, die Niederlagen aber weinerlich bejammert. Und v.a. was soll den Opfern des Nationalsozalismus so ein Psalm sagen?

Hier ein paar meiner Vorschläge:
  • Seid selbstgerecht im Sieg, wehleidig in der Niederlage.
  • Vernichtet was euch unter die Finger kommt, fleht um Gnade, wenn ihr selbst an der Reihe seid.
  • Gott liebt die Eroberer und entzieht sich den Geschlagenen
  • ...
Wie auch immer, es ist ein gutes Beispiel für die selektive Wahrnehmung und vor allem für die selektive Verbreitung der heiligen Schrift durch den Klerus. Mit viel verve, wird eine Stelle in der Bibel gesucht die zu den ungeheuerlichen Greultaten in Auschwitz passt, deren Kernaussage - die ebenfalls unmenschlich ist - wird jedoch geflissentlich verschwiegen.

Und ich möchte an dieser Stelle mit den Worten Senecas d.J., eines römischen, nicht-christlichen Philosophen schließen, dass sich diverse Kleriker auch mal hinter die Ohren schreiben könnten:
"Niemand irrt für sich allein. Er verbreitet seinen Unsinn auch in seiner Umgebung."

Mittwoch, Mai 24, 2006

Neulich in der Bibliothek...

...kam ich an einem Regal vorbei in dem auffallend kleine und dünne Bücher standen. Hier eine dezente Auswahl:
  • Anleitung zur arabischen Demokratie
  • Al Gore: Meine wilden Jahre
  • "Die Reise ins Ich" von Dennis Rodman
  • Die christliche Sicht der weiblichen Emanzipation
  • Amelia Earharts Führer durch den Pazifik
  • Helikopter City Tours in New York 2002
  • Deutschlands berühmteste Rechtsanwälte
  • Das amische Telefonbuch
  • Bundesfinanzministerium: "Steuern leicht gemacht"
  • "So kriegen sie jede rum - Anmachtips" von Guido Westerwelle & Klaus Wowereit
  • "Wie man legal Wahlen gewinnt" von George W. Bush
  • "Das Buch der Tugenden" von Bill Clinton
  • Klinische Bestätigung der Homöopathie
  • "Empfängnisverhütung" von Papst Benedikt XVI.
  • "Qualitätssicherung in Softwareprojekten" von Bill Gates
  • Stadtführer Salzgitter
  • "Schlank & Fit" von Ottfried Fischer
  • Viele Verschiedene Arten 'Uwe' zu buchstabieren
  • Der Unterschied zwischen Realität und Dilbert
  • UNIX leichtgemacht
  • Ayatollah Chomeinis "Anleitung zur religiösen Illustration"
  • Modeführer für Ingenieure
  • Alles, was Männer über Frauen wissen
  • Alles, was Frauen über Männer wissen
  • Französische Gastfreundschaft
  • "Graz, meine Heimatstadt" von Arnold Schwarzenegger
  • Englische Gastronomie
  • "Kuscheln mit Tigern" von Siegfried & Roy
  • "Wie man als Musiker Karriere macht" von Art Garfunkel
  • Fortschritte bei den Menschenrechten in China
  • "Die perfekte Rede" von Edmund Stoiber
  • "So klappt das erste Rendezvous" von Mike Tyson
  • Verzeichnis der mormonischen Scheidungsanwälte
  • "So wollte ich die echten Mörder stellen" von O.J. Simpson
  • "Dinge, die ich nie für Geld machen würde" von Dennis Rodman
  • "Mein gewinnendes Lächeln" von Angela Merkel

Samstag, Mai 20, 2006

Neulich im Matheunterricht...

Es fasziniert immer wieder, wenn man Dinge wie diese lesen muss:
Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU) betonte, es gebe keine Alternative. Man habe lediglich die Wahl zwischen zwei Übeln, nämlich zwischen den Steuererhöhungen und einer wachsenden Staatsverschuldung. Dabei sehe das Gesetz nicht nur Steuererhöhungen, sondern ebenso eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten vor. Dies sei auch ein Beitrag zu mehr Wirtschaftswachstum.
Das heißt also, es gibt nur eine entweder-oder-Entscheidung. Entweder die Steuern werden brutal erhöht oder die Staatsverschuldung steigt ins Unermessliche. Dass es eine dritte Alternative, nämlich die Prüfung und evtl. Einsparung von allen Subventionen - wie vor der Wahl angekündigt, gibt, ist schon wieder völlig aus den Köpfen verschwunden. Ich würde, wäre ich Wahlberechtigter im Kreis Bergstraße, diesen Dampfplauderer Dr. Meister (der im übrigen im Fachbereich Mathematik promovierte, aber offensichtlich nicht bis drei zählen kann) nicht mehr wählen.

Und wenn schon Kürzungen, dann stehen nur die üblichen Verdächtigen auf dem Subventionseinsparungsprogramm:
Eigenheimzulage & Pendlerpauschale.

Dabei gäbe es einen schönen Batzen bei einer Firma zu holen, die in Europa der größte nichtstaatliche Arbeitgeber ist, und deren Vermögen in .de auf ca. 500 Mrd. € geschätzt wird. Die Rede ist, wie könnte es anders sein, von der theologischen Supermarktkette - lassen sie ihr Hirn bei uns und nehmen sie den Glauben mit nach Hause - mit einer Filiale in jedem Dorf:

Das heißt zusätzlich zur Kirchensteuer (ca. 9 Mrd.€/Jahr) bläst jeder Christ, Muslim, Jude, Buddhist, Shintoist und Atheist dem Klerus 14 Mrd. Euro in den Ar$ch. Die Einnahmen der Tabaksteuer in .de bewegen sich in ungefähr derselben Dimension. Betrachtet man die aktuelle MwSt. Erhöhung - von der sich Merkel & Co. 21 Mrd.€ erwarten, so könnte die Erhöhung um 2/3 geringer ausfallen, wenn, ja wenn man nur mal alle Subventionen auf den Prüfstand legte....

Wie sagte schon Karlheinz Deschner:
Das einzig Sichere an der Erlösung, ist der Erlös daraus.