Ich bin gerade über diesen thread in Twitter gestoßen, bei dem eine gewisse Sonia Durau ihre Studie anpreist. Leider ist diese nicht verlinkt, soll aber "Wie Kinder das generische Maskulinum interpretieren" heißen. Durchgeführt hat sie diese in München an der Lincoln Schule (sind eigentlich die berühmten Persönlichkeiten in Deutschland mittlerweile ausgegangen, dass man den alten Lincoln hier herziehen muss?). Was natürlich gleich ins Auge sticht ist, dass die Studie bestätigt, was man erforschen wollte, nämlich, dass Kinder das generische Maskulinum als männlich interpretieren.
Was mich stört sind verschiedene Parameter, die nicht erklärt werden. Ok, Twitter ist kein Medium in dem man Studien veröffentlichen kann, aber mir fallen da doch einige Fragen ein:
1. Die Größe der Versuchsgruppen wird nirgends erwähnt. Anhand der Zahlen, die hier genannt werden, halte ich diese aber für eher klein, d.h. nur die dritten Klassen, also 40-60 Schüler.
2. Es ist nicht erkenntlich, ob eine linguistische Überprüfung der Schüler stattgefunden hat oder ob diese im Deutschunterricht das generische Maskulinum überhaupt schon besprochen hatten.
3. Die Kinder sollten die Berufe Tänzer, Koch, Arzt, Pilot und Krankenpfleger zeichnen. An keiner Stelle wird erwähnt, wieso ausgerechnet diese gewählt wurden. Man hätte auch Hebamme, Koryphäe, Müllmann oder Führungskraft zeichnen lassen können. Lehrer wäre z.B. auch sehr aufschlussreich gewesen, da der überwiegende Teil des Lehrkörpers weiblich ist. Vermutlich hätten dann bei "zeichne einen Lehrer" mehr Kinder ihre Lehrerin gezeichnet. Das führt auch nahtlos zum nächsten Punkt.
4. Es wurde anscheinend nicht überprüft, wie die Einstellung der Kinder zur gegenderten Sprache ist. D.h. ist es ihnen schon bewusst aufgefallen, dass im Fernsehen immer von "Zuschauerinnen und Zuschauern" oder von "Zuschauer*innen" die Rede ist? Falls ja, dann wäre mein Erwartungswert, dass Kinder bei "zeichne einen Arzt" einen Mann zeichnen, weil die Aufgabe für eine Frau "zeichne eine Ärztin" heißen müsste.
5. Die Beurteilung der Zeichnungen erfolgte rein subjektiv (wie man ich im oben verlinkten Thread ansehen kann). Trägt die Person eine Hose oder hat keine Zöpfe (natürllich blond!), dann kann es ja nur ein Mann sein. Frauen mit kurzhaarschnitt und einem maskulinerem Outfit könnten ja von den Kindern gemeint gewesen sein, die Interpretation war aber anscheinen Sache der Studienleitung.
6. Welche Rückschlüsse auf die Gesellschaft lassen sich aus dieser Studie ziehen und waren diese vor allem VOR der Durchführung der Studie definiert - ich vermute nicht.
Insofern halte ich das Design für mangelhaft, die Aussage für eine Anekdote. Aber wie man an 570 Retweets und fast 80 kommentierten Retweets (natürlich alles positiv!) + über 1000 likes erkennen kann, sind die oben genannten Fragestellungen nicht so wichtig. Hauptsache man kann dem "alten weißen Mann" mal wieder eins reinwürgen, indem man eine von Vorurteilen überquellende Studie in die Welt setzt, die keine Aussagekraft für die Gesellschaft hat.
Für mich steht diese "Studie" pars pro toto für die Fülle der Studien, die aus dem Genderbereich produziert werden. Die Herangehensweise ist immer die gleiche: "ich habe Hypothese A", wie muss die Studie aussehen, damit diese bestätigt wird. Was wir auch nicht kennen ist die Zahl der Studien, die nie veröffentlicht wurden, weil sie das falsche Ergebnis produzierten. Das ist wissenschaftliches Denken des 19. Jahrhunderts, wo man noch der Meinung war, Naturgesetze "beweisen" zu können. Und da es sich hier um quasi religiösen Fanatismus handelt, kann man auch gerne Ashley Montague zitieren, die da sagte:
"Science has proof without any certainty. Creationists have certainty without any proof."
Oder auf dieses Beispiel persifliert: Wissenschat hat Belege ohne jegliche Gewissheit. Genderforscher haben Gewissheit ohne jeglichen Beleg.
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