Sonntag, Februar 17, 2008

Das Wort zum Sonntag #38

Thema heute:
Warum sind Wissenschaft und Religion unvereinbar?

Man stelle sich einmal folgendes vor:
Auf einem Kongress der Astrophysiker wird die Delegation der Astrologen eingeladen um den Zusammenhang zwischen Tierkreiszeichen und Aszendent auf die Persönlichkeitsentwicklung darzustellen.

Oder folgendes:
Auf einem Geologenkongress werden Wünschelrutengänger gehört, die den Zusammenhang zwischen Bewegung der Rute und Erdstrahlen darlegen.

Oder dies:
Auf einem Gynäkologenkongress wird die vatikanische Delegation mit Spannung erwartet, die deren neueste Erkenntnisse zur Jungfrauengeburt veröffentlichen wird.

Wieso wohl haben wir eine solche Meldung noch nie vernommen? Glaube und Vernunft sind zwei Spieler, die nicht in derselben Liga spielen. Können wir mit der heutigen Erkenntnis noch "glauben", dass sich die Sonne um die Erde dreht? Vermutlich nicht. Wohl aber können einige Leute "glauben", dass es (trotz 250 kg Mondgestein hier auf der Erde!) die Amerikaner nie zum Mond geschafft haben. Kann ein Richter noch an die Schuld des Angeklagten "glauben", wenn für dessen Unschuld klare Beweise vorliegen?

Das menschliche Gehirn hat offensichtlich die Kapazität auch sich gegenseitig widersprechende Systeme zu kombinieren. So gibt es Wissenschaftler, die tagsüber die strengen Kriterien wissenschaftlicher Überprüfbarkeit anwenden, aber am Sonntag sich aus einem Buch vorlesen lassen, das diesen Kriterien nicht standhält. So gibt es Ärzte, die jeden Tag Babys auf die Welt zu bringen helfen, aber in einer seltsamen Zeremonie ein Plätzchen zu sich nehmen, das angeblich der Leib des Herrn ist, der von einer Jungfrau geboren wurde die danach noch "intakt" war.

Dass dies aber kein Dauerzustand ist, zeigen zwei Phänomene. Erstens sind intellektuelle Eliten (speziell was Wissenschaftler betrifft) weniger religiös als der Durchschnitt der Bevölkerung und zweitens - und das finde ich die fast bemerkenswertere Entwicklung - findet man alle Nase lang religiöse Gruppen, die ihre Glaubensvorstellungen mit der aktuellen Wissenschaft in Einklang bringen möchten.

So wird z.B. seitens der Kreationisten (intelligent Design - ID - ist nur eine pseudowissenschaftliche Variante davon) ständig versucht die Evolutionstheorie zu widerlegen, da nur eine Widerlegung wieder Platz für ein Schöpfungsmärchen ließe. So werden auf muslimischer Seite Koranverse wieder und wieder exegetisch behandelt, bis man herauslesen kann, dass Mohammed, ein epilieptischer, legasthenischer und evtl. pädophil veranlagter Viehirte aus dem Frühmittelalter, das Handy oder den Computer vorhergesagt hat. Man versucht Gott im Quant zu finden und verlegt dessen Schöpfungsakt vor den Urknall usw.usf.

D.h wir haben neben dem Bedürfnis für Spiritualität und Sicherheit in einem unglaublichen und lebensfeindlichem Universum auch ein hohes Bedürfnis an intellektuelle Redlichkeit. Nur lässt sich irgendein Blumentopf gewinnen, wenn man irgendeinen Schöpfungsmythos als gleichberechtigt neben die Evolutionstheorie stellt? Gewinnen wir im Bereich der Astrophysik eine neue Erkenntnis, wenn man als Auslöser des Urknalls Fitzliputzli annimmt? Ich denke nicht!

Insofern ist für mich die einzige Beteiligung von Glaubensgemeinschaften am wissenschaftlichen Diskurs dann gegeben, wenn sie sich wissenschafltichen Kriterien (v.a. der Falsifikation) stellen. Gerade dies würde aber - wie man z.B. an der kritischen Bibelforschung erkennen kann - einige unliebsame Wahrheiten zu Tage fördern, die doch den einen oder anderen Kleriker um Lohn und Brot brächten. Aus diesen Gründen haben meines Erachtens Religionen in der Wissenschaft so viel bzw. wenig zu suchen, wie ein Haar in der Suppe oder Sand im Getriebe.

Die Wissenschaft, richtig verstanden, heilt den Menschen von seinem Stolz;
denn sie zeigt ihm seine Grenzen.
(Albert Schweitzer)


Religionen haben - trotz anderer Behauptungen - den gegenteiligen Effekt...

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