Donnerstag, April 09, 2020

Neulich in Südafrika...

Ich habe drei Weihnachten hintereinander in Südafrika (SA) verbracht, von 2016 bis 2018. Alles was ich hier schreibe, unterliegt natürlich meiner persönlichen selektiven Wahrnehmung und erhebt nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit.

SA, the "rainbow nation", beendete 1992 die Apartheid, 1994 fanden die ersten freien Wahlen statt und bescherten dem African National Congress (ANC) mit seinem Vorsitzenden Nelson Mandela einen überwältigenden Wahlerfolg. Seit 1994 ist der ANC in Südafrika immer mit absoluter Mehrheit an der Macht, Mandela (auch Madiba) legte sein Amt nach nur einer Amtszeit nieder. Aktueller Präsident ist Rhamaposa, der dem Duschkopfpräsidenten Zuma folgte.

Ich war 2002 das erste Mal in SA. Der Aufenthalt währte nur 10 Tage und davon waren wir 4 Tage im Kruger Nationalpark. D.h. allzu viel vom Land habe ich hier nicht mitnehmen können. Die Verbrechensrate war hoch, der ANC seit 8 Jahren an der Macht und der Rand wurde 10:1 zum Euro getauscht. Heute, 26 Jahre später, ist immer noch der ANC an der Macht, der Rand wird 16:1 zum Euro getauscht und dem Großteil der Bevölkerung geht es nicht wesentlich besser als vorher und auch die Verbrechensraten sind immer noch für europäische Verhältnisse erschreckend.



Eines der größten Probleme sind - man kann es leider nicht anders sagen - die Schwarzen bzw. der ANC. Es ist nachvollziehbar, dass nach dem Ende der Apartheid viele erst einmal ihr Stück vom Kuchen haben wollten. Aber nach 25 Jahren ist das halt nicht genug - man muss auch für den Kuchen arbeiten. Mittlerweile hat man eine Quotenregelung eingeführt, Black Empowerment (BE), die Firmen verpflichtet, die an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen wollen, einen gewissen Score zu erfüllen. Das führt zu Scheinfirmen. An der Ausschreibung nimmt eine Firma teil, die dem BE entspricht, die Ausführung wird dann von der "echten" Firma übernommen. Im Endeffekt wird dadurch alles teurer, da die Kunden für zwei Firmen aufkommen müssen oder für einen unproduktiven Anteil der Beschäftigten, der mitgeschleift wird.

Die Schwarzen behaupten immer, man hätte ihnen das Land weggenommen, aber bei Licht betrachtet ist es so, dass es südafrikanische Ureinwohner gibt (sie werden "colored" im Gegensatz zu den "blacks" genannt), denen - wenn es überhaupt so einen Anspruch gäbe - die Kap Region gehören müsste. Wie oben erwähnt sprechen die "blacks" Bantudialekte, d.h. sind zu irgendeiner Zeit vom Horn von Afrika nach Süden gewandert und haben die Colored aus dem heutigen Zulu Natal und ähnlichen Gebieten im Osten vertrieben.

Nach dem Ende der Apartheid und mit dem ANC an der Macht, war man so erpicht darauf, die lästigen Weißen loszuwerden, dass diese aus allen Positionen (meist staatlich oder halbstaatlich) entlassen wurden und im Anschluss deren Wissen wieder als Berater teuer zurückgekauft werden musste, da man z.B. Kraftwerke nicht einfach nur auf gut Glück betreiben kann. Apropos Kraftwerke, in Südafrika gibt es das Wort "load shedding" für geplanten Stromausfall. Das ganze hat multiple Ursachen, ein Hauptgrund ist aber miserables Management und Korruption. Ich selbst habe mehrmals "load shedding" mitbekommen (es gibt sogar eine App dafür!), war aber auch von einem 24-stündigen ungeplanten Stromausfall betroffen - danach konnten wir große Teile des Tiefkühlfachs vergessen. Firmen, die auf eine ununterbrochene Stromversorgung angewiesen sind, rüsten mit Generatoren auf. Auf dem Gelände, wo ich die meiste Zeit verbrachte, gab es nur eine Stromverkabelung. Die Telefonkabel wurden dreimal gestohlen (wohl ob des Kupfers), so dass der Provider sich weigerte, ein viertes Mal Kabel zu verlegen.

Auch alle öffentliche Ämter sind (fast) ausnahmslos mit Schwarzen besetzt. Man sieht so gut wie keine weißen Polizisten (ich selbst habe während meiner Aufenthalte 2 gesehen), Zollbeamte, Security am Flughafen, Beamte in der Verwaltung - (nearly) no whites. Apartheid mit umgekehrten Vorzeichen? Korruption ist verboten und wird auch nicht offensichtlich betrieben, jedoch lassen sich die meisten Geschichten über ein gewisses Bakschisch beheben. Polizeikontrolle & kein Führerschein dabei? Mit 100-300 Rand (ca. 10-20 €) ist man dabei und kann dann wieder weiterfahren. Man kommt aus Mozambique, arbeitet in SA und hat keinen Pass? Mit 1.500 Rand (ca. 100 €) kann man die Grenze überschreiten.

Schwerwiegender ist aber die Vetternwirtschaft, unter Präsident Zuma zur Hochblüte geführt. Es gibt etliche öffentliche Bauten, die gebaut wurden, aber leer stehen. Oder wie es Trevor Noah mal ausgedrückt hat "in der ganzen Welt gibt es Korruption, aber die meisten Länder haben gute Korruption: kaufe 10 Brücken und baue 9 - in Südafrika haben wir schlechte Korruption: kaufe 10 Brücken und baue keine". Wer sich einen Satire-Querschnitt SAs unter Zuma zu Gemüte führen möchte, der möge sich dieses Video anschauen 🙂


Die Arbeitslosigkeit unter den Weißen ist relativ hoch unter den Schwarzen noch höher, der Verdienst in allen Bereichen nicht berauschend. Das meiste Kapital besitzen noch immer die knapp 10 Mio. Weißen unter den 55 Mio. Einwohnern des Landes. Es bildet sich langsam eine schwarze Mittelschicht

Südafrika hat 11 offizielle Landessprachen. Die wichtigsten sind:
- Englisch
- Afrikaans (ein Derivat des Holländischen und eine der einfachsten Sprachen imho)
- isiZulu und isiXhosa als die wichtigsten Vertreter der Bantusprachen

Für einen Eindruck, wie sich das anhört, kann man die Nationalhymne empfehlen (die übrigens zu den 10 Schönsten der Welt gehören soll):

Tribalismus oder Stammeszugehörigkeit spielt eine Große Rolle. Ihr hatte z.B. Zuma zu verdanken, dass er 8 Jahre lang das Land plündern und seinen privaten Wohnsitz Nkandla auf Steuerzahlerkosten ordentlich renovieren konnte. Die Steuerbehörde, unter Mandela noch eine der schärfsten Organisationen, wurde unter der langen ANC Herrschaft ein zahnloser Tiger - u.a. weil Zuma selbst von ihr verfolgt wurde. Den o.g. Duschkopf hatte sich Zuma bei Zapiro, einem Südafrikanischen Karikaturisten, verdient, da er behauptet hatte, nachdem er mit einer nachweislich HIV-positiven Frau Geschlechtsverkehr hatte, man müsse als Prävention danach nur ordentlich duschen.

Diese Separation geht aber soweit, dass es nicht nur unterschiedliche Ränge unter den Schwarzen gibt, sondern auch Animositäten unter dem weißen Teil der Bevölkerung. Zulus sind an der Spitze, dann kommen alle anderen südafrikanischen Schwarzen in einer gewissen Reihenfolge, dann Colored und dann alle zugezogenen Schwarzen (aus Mozambique, Namibia usw.). Unter den Weißen mögen die englischstämmigen Weißen die Buren nicht besonders und umgekehrt. Vereint sind beide dann wieder gegenüber den Schwarzen, wobei diese i.d.R. ignoriert werden. Die wenigen Afrikaaner (wie sich die Buren selbst bezeichnen), die ich getroffen hatte, fielen leider durch eine sehr eigenwillige Geschichtsinterpretation im Hinblick auf Deutschland und das dritte Reich auf. Die Engländern nennen die Buren "Bonehaeds" (ob deren vermeintlich stärker ausgeprägten Schädelform), die Buren nennen die Engländer "Kakies", auf Grund der khakifarbenen Uniformen ab dem zweiten Burenkrieg (am Anfang trugen die Engländer rot, was sie zu leichten Zielen machte...). Während der Apartheid war "Kaffer" der gängige Ausdruck der Weißen für die Schwarzen, seit deren Ende ist es verboten und man kommt bei Benutzung ggf. ins Gefängnis. Mir ist auch kein Weißer begegnet, der das Wort benutzt hätte. Jedoch haben sich Synonyme etabliert, so z.B. "Floppy", weil bei Schwarzen oft etwas in die Hose geht, also "floppt" - Rassismus und Diskriminierung finden halt immer ihren Weg. Umgekehrt gibt es bestimmt auch Schimpfworte der Schwarzen für die Weißen, ich habe diese aber nicht wirklich eruieren können. Das ist aber auch nicht wirklich nötig, da der ehemalige Präsident auf öffentlichen Veranstaltungen Lieder intoniert, die das Töten der Weißen beinhalten.

Es ist einfach schade, dass ein Land, das so reich an Ressourcen ist und so viele Möglichkeiten bietet (ca. 3x so groß wie Deutschland bei nur 55 Mio. Einwohnern) sich mehr oder weniger selbst im Weg steht - v.a. deswegen, weil es nicht gelingt (auch nicht nach +25 Jahren ANC Regierung) die Menschen wirklich zusammenzubringen... ich sehe eher ein sehr fernes Licht am Ende des Tunnels als einen Regenbogen. 😑

Zum Abschluss noch ein recht langes Video und auch wenn ich nicht in allen Punkte bzw. Schlüssen übereinstimme, so denke ich dass die Statistiken korrekt sind:

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