Sonntag, Juni 10, 2007

Das Wort zum Sonntag #18

Thema heute:
Warum dürfen wir von Gott nichts wissen?

Prinzipiell ist es egal, welche Stelle man aus dem hl.Märchenbuch nimmt, denn alle drücken sich ähnlich schwammig aus. Ich habe mich heute mal für Lukas 10,22 entschieden, denn dort steht zu lesen:
Alles ist mir übergeben von meinem Vater. Und niemand weiß, wer der Sohn ist, als nur der Vater, noch, wer der Vater ist, als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.
Fazit: Keiner weiß was genaues und eine handfeste Offenbarung (selbst wenn sie vom vermeintlichen Gottessohn kommt) lässt sich nicht wirklich von einer faustdicken Lüge unterscheiden - nicht mal mit einem Lügendetektor.

Doch nehmen wir mal umgekehrt an, wir "wüssten von Gott". D.h. sein ungerechtes Strafsystem nach dem Tod wäre genauso unvermeidlich wie die Steuererklärung, seine widersprüchliche Dreiheit wäre in ihrer Einfalt erklärt, da wir uns ja immer wieder davon überzeugen könnten indem wir ihn ansehen, dass es so ist. Wir wüssten auch, dass wir kleine Stückchen Fleisches Jesu Christi in Form von Keksen bei der sonntäglichen Messe in uns aufnehmen würden, die sich dann im Verdauungstrakt wiederum in den Keks zurückverwandeln etc.etc.

Wenn wir das alles wüssten, wenn es sich dabei um "gesichertes Wissen" handelt, also ähnlich gutes Wissen wie z.B. die Mathematik oder warum Australier nicht von der Erde fallen, so sie doch auf der unteren Seite sind, dann wäre ja jeder komplett verrückt sich nicht christlich zu verhalten und hündisch diesem Gott zu huldigen.

Nur ein Masochist oder Lebensmüder würde es riskieren nicht zum Abendmahl zu gehen, Sex vor der Ehe (oder noch schlimmer: mit einer anderen verheirateten Frau!) zu praktizieren, sich einen Abzuschütteln, "Du Narr!" (Mt 5,22) zu jemandem zu sagen oder sich gegen den hl.Geist zu versündigen.

D.h. ein Wissen von Gott gäbe zum einen eine große Sicherheit in dem was man tut (auch wenn es einem nicht unbedingt gefällt), zum anderen nähme es aber auch den Leuten jeglichen Interpretationsspielraum die damit ihr Geld verdienen, nämlich den Klerikern. Kein Mensch bräuchte mehr eine Auslegung der Bibelstellen oder Vermutungen darüber, was Gottes Wille sein könnte, denn wir wissen ja dann was sein Wille ist!

Und weiters bräuchte v.a. auch niemand mehr an Gott "glauben", denn alle wissen dann ja, dass es z.B. Gott genau gem. der christlichen Vorstellung gibt. Dummerweise scheint aber dieser Gott den Glauben ganz bitter nötig zu haben, denn es wird an allen Ecken und Enden geglaubt auf Teufel-komm-raus.

Terry Pratchet hat mal in seinen Scheibenweltromanen das Götterbild so entworfen:
Es gibt unzählig viele Götter auf der Scheibenwelt, die so genannten „geringen Götter“, welche überall sind, aber keine Macht haben. Erst wenn sie durch irgendein Ereignis Gläubige gewinnen, werden sie mächtiger. Je mehr Glauben, desto mehr Macht.

Und daraus folgt zwangsläufig: je weniger Glauben, desto weniger Macht - und genau das lässt sich bei allen alten Göttern beobachten. Denn merke:
Der Glaube lebt vom Gläubigen, nicht umgekehrt
- wie gern der Gläubige dies auch glaubt.
Dafür sorgen die wenigen, die tatsächlich vom Glauben leben,
wenn auch von dem der andern mehr als vom eignen,
was der Gläubige aber nicht glaubt.

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