Montag, März 16, 2020

Be my guest...

Tja, Youtube ist eine Bitch. Ein Idiotenvideo wie dieses hier bekommt fast 300.000 hits, während die aus meiner Sicht umfänglichste Betrachtung der männlichen Beschneidungspraxis durch Dr. Christopher Guest hat nur knapp über 20.000 - und das obwohl 20% der männlichen Weltbevölkerung beschnitten sind, d.h. wir reden hier von 800.000.000 Männern, die sich darüber mal informieren könnten (die anderen 3,2 Mrd. natürlich auch).

Ich hatte damals schon 50 € ausgelobt, die bis jetzt keiner gewonnen hat, und es wird wahrscheinlich auch in Zukunft niemand auch nur ein gutes Argument dafür finden, warum Schönheitsoperationen an den Genitalien kleiner Kinder vorgenommen werden sollten - und zwar aller Kinder!

Aber sehen Sie bitte selbst... be Dr. Guests guest:

Dienstag, März 10, 2020

Neulich beim entkalken...

Über Twitter bin ich auf einen alten Bekannten und Namensvetter gestoßen:
Oliver Kalkofe (@twitkalk)

Ich erinnere mich noch, wie ich in den 90ern die 10minütige "Kalkofes Mattscheibe" bei "premeire" (jetzt sky) mit dem Videorecorder mitgeschnitten habe, immer manuell, da premiere die unangenehme Angewohnheit hatte, dieses Kleinod deutscher Fernsehunterhaltung mal nen Ticken früher oder später auszustrahlen.

Der frühe Kalkofe war genial (der späte ist es immer noch!), ähnlich wie man bei Twitter auf 280 Zeichen beschränkt ist, so wurden in seinen 10 Minuten ein unglaubliches Gagfeuerwerk gezündet, das immer irgendwo zwischen lyrisch eloquent und einem Schlag ober oder unterhalb der Gürtellinie lag. Eines war es nie - langweilig. Und bevor die DVD-Box rauskam (die ich latürnich käuflich erworben habe), hatten wir die mitgeschnittene Matscheibe auf VHS-Kassetten kopiert und verteilt. Um mal den Eindruck von damals zu vermitteln, habe ich etwas rausgesucht...


Man gab ihm dann 15 Minuten Sendezeit, was aber imho der Sendung nicht so viel gebracht hat. Es war jetzt etwas entspannter, aber auch ein klitzeklein wenig langatmiger. Danach kam (glaube ich) auf ProSieben die Kalkofe Show, bei der die 15 Minuten Fernsehkritik auf eine Stunde oder so aufgebläht und mit Werbung unterbrochen wurden - das war auch der Punkt an dem ich zum einen gar kein Fernsehen mehr schaute und zum anderen an dem ich Herrn Kalkofe im Kommerz angekommen sah.

Umso erfreulicher, dass er auf Tele5 (von mir lange unbemerkt) weitergemacht hat und man sich dort die neuen, sehenswerten und wirklich erstklassigen Verrisse anschauen kann - wieder back to the roots, in 15minütigen Folgen. Ich habe den Link mal auf Staffel 1 Folge 1 eingestellt. 😉


Freitag, März 06, 2020

Neulich beim wirken lassen...

Seit fast 15 Jahren (mit einer größeren Pause 😔) kritisiere ich in diesem Blog neben Religion auch jeden anderen Schwurbel, der mir so über den Weg läuft und der unser Verständnis von der Welt unterminiert. Ein leichtes Ziel war hier auch immer die Homöopathie. Hätte ich Frau Grams vor 15 Jahren kennengelernt, so hätten wir im Zweifel trefflich über genau dieses Thema gestritten, doch hat sie mittlerweile die Wandlung vom Saulus zum Paulus hinter sich, war anscheinend damals eine praktizierende Ärztin mit hohem homöopathischen Anteil und hat diesen Krempel aber mittlerweile über Bord geworfen (und betreibt mit anderen zusammen eine Aufklärungsseite über Homöopathie).

Ich habe mir in diesem Zusammenhang ihr neues Buch zu Gemüte geführt,
"Was wirklich wirkt - Kompass durch die Welt der sanften Medizin"*,
wohl wissend, dass mich hier eine "geläuterte" Frau Grams erwarten würde. Und was soll ich sagen, ich wurde nicht enttäuscht.

Ähnlich wie beim neuen Buch von Richard Dawkins, konnte Frau Grams mich als Skeptiker nicht fundamental überraschen, aber nach der Lektüre ist mein medizinisches Bild von der Welt doch um einiges runder geworden, einiger Wissensstand aktualisiert und einige (Gegen)Argumente vervollständigt. Auch schildert sie ihre persönliche Hin- bzw. Abwendung zur/von der Homöopathie, was im Zusammenhang mit ihrer hochschulmedizinischen Ausbildung dem Buch noch mehr Authentizität verleiht.

Dienstag, März 03, 2020

Das po8ische Lexikon #1 - Toleranz

Es gibt leider ein paar Wörter, die finde ich dermaßen ausgelutscht und inhaltsleer, obwohl sie ad nauseam durch alle Medien geistern. Hier werde ich, in loser Reihenfolge und nicht alphabetisch geordnet meinen Senf dazu abgeben - nicht in Gedichtform...

Toleranz

Das Wort kommt ursprünglich aus dem Lateinischen und bedeutet:
- aushalten
- erdulden
- ertragen

Mich dunkel an meinen Lateinunterricht erinnernd, wurde das Wort dort auch schon in eher negativem Zusammenhang verwendet. Der Held, der die Qualen des Schicksals erdulden musste, das Volk, das die Gefangenschaft ertrug usw. usf.. Das positive an "tolerare" ist, das wir es aushalten (können), aber das negative ist, dass wir es ändern wollen. Der nächste logische Schritt nach tolerieren ist nämlich akzeptieren, verwerfen oder ändern. Bei ändern stehen wir dann wieder am Anfang.
Mal ein Beispiel:
Homosexuelle Beziehungen wurden früher nicht toleriert und auch nicht akzeptiert - es war ein Straftatbestand. Dieser wurde modifiziert (keine Straftat mehr) und sogar vor kurzem die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gesetzlich verankert. D.h. die Zwischenstände wurden von den einzelnen Parteien "toleriert" aber nicht akzeptiert. Der aktuelle Zustand bedeutet für gleichgeschlechtliche Paare das Ende, wohingegen evtl. ein paar Leute, die das nicht akzeptieren können oder wollen, mit der "modifizieren" Schleife weitermachen wollen.

Inspiriert hat mich hierzu Herr Gauck, der bei seiner Buchvorstellung von einer "erweiterten Toleranz" sprach (wie man hier sehen kann). Pastoral religiös wird hier anscheinend (ich werde mir das Buch nicht gönnen) wieder Toleranz beschworen, wo wir doch viel dringender Akzeptanz oder klare Ablehnung bräuchten. Toleranz ist das wischi-waschi, das zwischen-Himmel-und-Erde, das nicht-Fisch und nicht-Fleisch im politischen Sermon, das immer dann beschworen wird, wenn man sich nicht auf eine Seite schlagen will.

Das Wort passt zu allem irgendwie, es ist (komischerweise?) positiv besetzt und wer tolerant ist oder das von sich behauptet, hat schon mal die Likes auf seiner Seite. Ich z.B. bin (wie man mittlerweile wissen sollte) sehr intolerant gegenüber Menschenrechtsverletzungen (wie z.B. das Rumschnippeln an kleinen Kindern, die frühkindliche Indoktrination oder wenn die sexuelle Orientierung zum Straftatbestand wird). D.h. da befinde ich mich in der Schleife, dass diese Zustände modifiziert werden müssen. Ich kann den Status quo nicht akzeptieren - und ich kann auch begründen warum. Sollten sich die Argumente hier ändern, dann wäre ich auch bereit Dinge zu akzeptieren, d.h. ich mache das von den Fakten abhängig.

Genau das kann ich auch nur den dampfplaudernden Politikern empfehlen (z.B. bei der Homöopathie), werdet konkret, bezieht Stellung, trefft eine Entscheidung und schafft Akzeptanz (oder verwerft es), anstatt sich (wie Gauck) immer auf die flauschige Toleranzinsel der Glückseligkeit zurückzuziehen.

Sonntag, März 01, 2020

Das Wort zum Sonntag #74

Thema heute: religiöse Symbole in der Öffentlichkeit

Diese Woche hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass für eine klagende Rechtsreferendarin (und anscheinend gläubige Muslima) das Kopftuch bei gewissen Tätigkeiten im Gericht abzulegen sei, wie man hier lesen kann. Für den säkularen Staat (der er ja gem. Grundgesetz sein soll) ist das nur der erste Schritt in die richtige Richtung. Ebenso sollten auch alle religiösen Symbole des Christentums oder jeder anderen Religion aus Gerichten verschwinden.

Ein Gericht sollte ein Ort sein, an dem nach bestem Wissen nach der Wahrheit geforscht wird, um dem Beschuldigten und dem Klagenden das bestmöglichste und fairste Recht gem. der aktuellen Gesetzeslage zukommen zu lassen. Dass Gerichte dieses hehre Ziel nicht immer erreichen ist angesichts der Menschlichen Unzulänglichkeit und Fehleranfälligkeit verständlich, aber wir sollten uns an dieser Idealvorstellung orientieren.

Im Prozess gegen Jörg Kachelmann (btw,   war das z.B. nicht der Fall. Es erfolgte eine mediale Vorverurteilung, das Gericht verhängte Untersuchungshaft usw. usf.. Natürlich sind auch Richter nicht losgelöste juristische Wesen, sondern Menschen mit Vergangenheit. Wenn wir uns z.B. in die Lage einer Richterin versetzen, die in ihrer Jugend sexuelle Nötigung erfahren hat und jetzt über einen sexuellen Nötiger zu urteilen hat, dann ergibt das automatisch ein Spannungsfeld für sie - und zwar in beide Richtungen. Wenn sie besonnen ist, ist sie sich ihrer Geschichte gewahr und wird u.U. zu milde urteilen, um nicht den Verdacht zu erhärten, auf Grund ihrer Biographie Rache zu üben. Umgekehrt könnte sie auf Grund ihrer Erfahrung gerade ein hartes Urteil fällen, weil sie den Sachverhalt selbst erlebt hat.