Mittwoch, März 18, 2009

Das Wort zum Sonntag #61

Thema heute:
Die Unsinnigkeit von Geschwindigkeitsbeschränkungen.

(Fast) Jeder, der einen Führerschein besitzt und mit einem Auto fuhr wird (wenn er sich selbst gegenüber ehrlich ist) zugeben, schon einmal die zulässige Höchstgeschwindigkeit übertreten zu haben. Vermutlich "passiert" dies in .de etliche tausendmal pro Stunde und auch gerade jetzt.

Doch warum neigen Menschen dazu die "zulässige Höchstgeschwindigkeit" zu übertreten? Warum fahren wir z.B. nicht mit 200 km/h über einen unasphaltierten Waldweg? Warum fahren wir nicht 30 km/h auf einer 8 spurigen Autobahn? Nun, der Mensch trifft eine persönliche Risikoabschätzung (RA) bzgl. multipler Faktoren wie z.B. Wetterlage, Verkehrsdichte, Zustand des Fahrzeugts, Sicherheitsmaßnahmen (Airbags etc.) im Fahrzeug, Ablenkung durch Insaßen, persönliche Risikobereitschaft, Wirtschaftlichkeit der Fahrweise usw.. Die lokale Geschwindigkeitsbegrenzung fließt als ein weiterer Faktor in diese Betrachtung mit ein.

D.h. mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung maßt sich ein Dritter, in dem Fall das Verkehrsministerium (oder lokale Verantwortliche) an, eine bessere RA treffen zu können als ich. D.h. wenn meine persönliche RA auf einer vierspurigen Stadtautobahn zu dem Schluss kommt, hier sind 112 km/h in Ordnung, so zwingt man mich auf Grund eines Blechschildes, auf welchem 60 km/h in einem roten Kringel steht und (im Zweifel) mit Waffengewalt bzw. Zwangsenteignung, diese willkürliche Geschwindigkeit zu fahren. Persönliches Leid und zusätzliche Kosten (v.a. in Lebenszeit) wird dabei billigend in Kauf genommen.

Dabei läuft das Konzept der derzeitigen Geschwindigkeitsbegrenzung auch der aktuellen Fahrzeugtechnik zuwider. Ein Fahrzeug hat heute einen kürzeren Bremsweg als vor 30 Jahren, ein Fahrzeug bietet heute eine höhre aktive und passive "Sicherheit" also vor 30 Jahren. D.h. wir kommen schneller zum stehen als vor 30 Jahren (treffen also u.U. die Mauer gar nicht) und so wir sie doch treffen, landet unser Kopf in einem Airbag anstatt auf dem Lenkrad (nachdem Gurtstraffer alles noch mal schön festgezurrt haben usw.). Das einzige, was sich nicht verändert hat, ist das Verkehrsschild.
Für 1953 lässt sich das erste Bundesergebnis (nach dem heutigen Gebietsstand) errechnen: 12 631 Verkehrstote kamen statistisch auf fast 4,8 Millionen Fahrzeuge. Beide Zahlen stiegen in den Folgejahren: 1970 wurden 21 332 Verkehrstote gezählt, der Kraftfahrzeugbestand hatte auf 20,8 Millionen zugenommen. Seitdem ist – mit wenigen Ausnahmejahren – die Zahl derVerkehrstoten permanent gesunken, trotz weiter steigendem Fahrzeugbestand. (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Doch was wäre der po8ische Blog, wenn er nicht auch eine Alternative aufzeigen würde. Wie wäre es, wenn wir nur noch Schilder hätten, die dem Autofahrer Empfehlungen nahelegen.

Der große Vorteil wäre, dass zum einen unbekannte Fakten (z.B. spielende Kinder) in die Risikobetrachtung des Autofahrers unmittelbar einfließen können und zum anderen, dass die moderne Art der Wegelagerei mittels mobiler oder statischer Radarfalle nicht mehr möglich wäre, denn es gibt keine "richtige" oder "falsche" Geschwindigkeit mehr.

Denn verantwortungsvolles und bewusstes Handeln resultiert nicht aus einer möglichst stark (durch Verbote/Verbotsschilder) reglementierten Umgebung, sondern aus einer Umgebung in der ein möglichst hohes Maß an Freiheit für das Individuum herrscht.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Dein Vorschalg wird nicht Funktionieren. Da sollten schon konkrete Zahlen stehen. Einmal wegen der Psychologischen Natur des Menschen, die dazu Neigt die eigenen Fähigkeiten zu überschätzen. Andererseitzs um Unfallversicherungen dazu überreden zu können ohne viel aufwand zu Zahlen.

Po8 hat gesagt…

Aber das ist doch genau mein Punkt. Selbst wenn der Mensch dazu neigt sich selbst zu überschätzen, mit welchem Recht nimmt sich dann ein anderer Mensch (nämlich der Schildchenaufsteller) heraus, diesen Menschen besser einschätzen zu können.

So wie es keine "absolute" Geschwindigkeit gibt, gibt es auch keine "richtige" Geschwindigkeit - lediglich ein Geschwindigkeitsdiktat, welches nur mit physischem Zwang aufrechterhalten werden kann. Ich bin eben der Ansicht wir sollten uns eher von Zwängen befreien, anstatt diese noch zu fördern.

Die Verschärfung der Bußgelder ist ein Schritt in eine falsche Richtung.

Anonym hat gesagt…

Zahlen im Kreis haben einen entscheidenden Vorteil: wer sich dran halten möchte, muss nicht lange nachdenken. Wobei sich oft auch der noch dran hält, der es formal nicht mehr tut, denn de facto werden die Schilder doch zumindest als grobe Empfehlung akzeptiert und definieren so eine Verteilung der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten. Woran die abgestuften Erziehungsmaßnahmen je nach Betrag der Überschreitung nicht ganz unschuldig sein dürften. Das würden verbale Hinweise wahrscheinlich schlechter, das heißt mit größerer Streuung und mit mehr relevanten Fehlern leisten. Auf eine Zahl im Kreis kann ich als Fahrer halbautomatisch nach einfachen gelernten Regeln reagieren. Diese Regeln wiederum lassen immer noch Spielraum für Individualität. Der eine fährt immer ungefähr 20 drüber, der andere genießt die Außenseiterrolle desjenigen, der formal korrekt das sozial Geächtete tut und bleibt immer 10 drunter.

Wer nichts besseres zu tun hat, kann übrigens gegen Verkehrsschilder klagen.

Po8 hat gesagt…

@Sven Türpe

Ich kann auch mit Nummern leben, nur frage ich mich, warum nicht die überwiegende Zahl der Schilder eine Empfehlung zeigt und das Verbot nur die absolute Ausnahme darstellt. In der Realität zeigt sich aber das umgekehrte Verhältnis.

Interessant ja auch, dass die Mehrzahl der Unfälle auf der "unbeschränkten" Autobahn gerade nicht dort passiert, wo keine Geschwindigkeitsbegrenzung herrscht, sondern dort, wo eben durch eine Baustelle, Autobahnkreuz o.ä. eine Begrenzung vorgegeben ist. So Geschwindigkeitsbegrenzung eine zusätzliche Sicherheit bieten würde, würde ich das genaue Gegenteil erwarten.

Anonym hat gesagt…

Po8 schrieb: "Interessant ja auch, dass die Mehrzahl der Unfälle auf der "unbeschränkten" Autobahn gerade nicht dort passiert, wo keine Geschwindigkeitsbegrenzung herrscht, sondern dort, wo eben durch eine Baustelle, Autobahnkreuz o.ä. eine Begrenzung vorgegeben ist."

Na, so zäumst du das Pferd aber etwas von hinten auf. Unfälle an Baustellen, engen Kurven usw. passieren auch, weil diese Stellen für Fahrer eine größere Herausforderung darstellen als gleichmäßiges Geradeausfahren. Um irgendwelche gültigen Schlüsse aus den Unfallzahlen ziehen zu können, müsstest du also Baustellen mit und Baustellen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung vergleichen.

---
Lange Erklärungen wie in deinem Beispiel finde ich nicht praktikabel. So viel Zeit zum Lesen ist beim Autofahren einfach nicht. Wenn es ein gutes Symbol für den Grund der Geschwindigkeitsbeschränkung gibt, z.B. Baustelle, Kurve, Fahrbahnverengung o.ä., dann wird das entsprechende Schild ja auch meistens mit aufgehängt.
Ich sehe solche Geschindigkeits-Schilder eher als guten Hinweis an, dass da eine potentielle Gefahr kommt. Die Leute, die sie aufstellen, machen das ja nicht aus Bosheit, sondern denken sich (meistens) etwas dabei. Außerdem haben sie eventuell Informationen, über die ich nicht verfüge (z.B. dass da ein Schulweg ist o.ä.)
Besonders, wenn ich eine Strecke nicht kenne und daher z.B. nicht einschätzen kann, wie scharf eine Kurve wirklich ist, bin ich ganz froh, vorher einen Hinweis zu kriegen. Wenn man da dann jeden Tag langfährt, ist das auch wieder etwas anderes. Aber dann weiß man ja auch, wo die Blitzer stehen ;o)

Po8 hat gesagt…

An Dich, paradoxa, die gleiche Frage wie an Sven Türpe: warum stellt man dann Verbotsschilder auf und keine Empfehlungen?

Eine Tempo 30 Empfehlung sollte doch genau den gleichen Zweck erfüllen, nämlich ein Tempo zu empfehlen, wie es für viele Autofahrer das Verbotsschild tut. Der wesentliche Unterschied für mich wäre jedoch, dass wenn ich um 3 Uhr nachts mit Tempo 55 an einem Schulweg vorbeifahre mich niemand zur Kasse bitten kann - weil hier offensichtlich die Empfehlung ihren Sinn verloren hat.

Und so wie ich Radarfallen erfahre, haben sich die verantwortlichen meist nur gedacht, wo am schnellsten der Break-Even erreicht ist (und was man diesbezüglich noch mit der Beschilderung machen muss) und nicht, wie man möglichst viele Autofahrer vor ihrem Exitus bewahren kann.

D.h. wir bezahlen ein System, dass uns einredet, zu wissen was das Beste für uns ist und doch immer nur das Beste von uns nimmt, nämlich unser Geld.

Anonym hat gesagt…

... warum stellt man dann Verbotsschilder auf und keine Empfehlungen?


Und warum druckt man Empfehlungen auf Zigarettenschachteln und keine Verbotsschilder? ;-)

Anonym hat gesagt…

Ohne Zahlenangaben gehts wohl nicht. Aber einen Zusatzhinweis mit einem Symbol oder ähnlichem auf dem Schild, warum dort langsam zu fahren ist, könnte tatsächlich Wunder wirken.

An vielen Stellen stehen Schilder und Begrenzungen ja auch ohne Sinn und Verstand. Auf vielen mehrspurigen Hamburger Straßen könnten ja auch die Begrenzungen mal dem tatsächlichen Fahrverhalten angepasst werden: 80 km/h: Warum sollte man jemanden künstlich kriminalisieren, wenn der Zustand jetzt der selbe ist, wie er bei erlaubten 80 km/h wäre?