Warum Märtyrertum und -kult Blödsinn ist.
Interessanterweise investieren viele Glaubensrichtungen Energie und Zeit in das Märtyrertum bzw. den Märtyrerkult, d.h. die Verehrung von Leuten, die dabei gestorben sind, als sie ihren Glauben verteidigten.
Dabei ist oft der Wunsch Vater des Gedankens, dass die eigene Glaubensrichtung irgendwie mehr plausibel oder wahr würde, so sich jemand von gewisser (tatsächlich meist zweifelhafter) Reputation, für seinen Glauben opfert. Jedoch ist diese Ansicht genauso schwachsinnig, wie wenn Frau Merkel glauben würde, das Regierungsprogramm der CDU würde nur deswegen glaubwürdiger, weil sich
Trotz dieses leicht verständlichen Zusammenhangs reißt dieser Kult nicht ab. So behaupten z.B. Christen alle Nase lang, dass im römischen Reich so unglaublich viele Christen verfolgt wurden, die dann (als Märtyrer versteht sich) in diversen Arenen ihr Leben lassen mussten. So schreibt z.B. Deschner in der Kriminalgeschichte des Christentums (Hervorhebung von mir):
Vor allem werden den Heiden nun, kurz nach der letzten Christenverfolgung, eben diese Verfolgungen vorgehalten und sogleich gigantisch übertrieben – bis tief ins 20. Jahrhundert hinein, wo man noch in dessen zweiter Hälfte das Christentum schon vom Ende des 1. Jahrhunderts an »in seinem eigenen Blute waten« sieht, mit der »ungeheuren Schar heroischer Gestalten« prahlt, »die, die Stirnen von Martyrerblut gezeichnet, das ganze zweite Jahrhundert durchziehen« (Daniel-Rops); wobei man gerade noch, 1956 (!), zugibt, es seien »nicht Millionen« gewesen (Ziegler). Seriösere Forscher schätzten die Zahl der christlichen Opfer gelegentlich, nicht unwidersprochen, auf 3000, auf 1500 – in allen drei Jahrhunderten! Wie problematisch diese Zahl sein mag: die Christen erschlugen in Mittelalter und Neuzeit mehr Juden häufig in einem einzigen Jahr, manchmal an einem einzigen Tag!D.h. wollten jetzt die Christen ihren "Märtyrern" irgendeine Glaubwürdigkeit zubilligen, so müsste im Umkehrschluss das Judentum die einzig wahre Religion sein, da es am meisten Märtyrer vorzuweisen hat.
Doch dem nicht genug, so werden Märtyrer meist nur innerhalb der eigenen Weltanschauung bzw. innerhalb der eigenen Gruppe dieser Weltanschauung akzeptiert. Die Attentäter von 9-11 gelten bestimmt in div. fundamentalistischen muslimischen Gruppen als Märtyrer, die in einem heiligen Krieg ihr Leben gelassen haben, wohingegen gemäßigte Muslime sich davon distanzieren und ihnen damit auch den Märtyrerstatus absprechen. Somit ist nichts relativer, als der Anspruch Märtyrer zu sein, was jeden vernünftigen Menschen davon abhalten sollte einer zu werden (neben der Tatsache, dass es nichts beweist).
Ein weiterer tragischer Aspekt dieses Kultes ist, dass er nicht weniger, sondern eher mehr wird, und bei jedem noch so blöden Anlass hervorgekramt wird. So schrieb z.B. das kath.net "Pater Thomas ist ein Märtyrer". Doch was war passiert?
Auf seinem Motorrad war der Priester unterwegs in ein Dorf gewesen, wo er die Sonntagsmesse halten sollte, nachdem er mit den Schwestern des Lingapetta-Konvents in Burgida Eucharistie gefeiert hatte. Als man ihn fand, war er am ganzen Körper schwerst verwundet, die Augen waren ausgestochen.
Jetzt sollte man aber auch dazu sagen, dass es absolut nicht bekannt ist, ob Pater Thomas bitterlich um Gnade winselte und jeglichem Glauben abschwören wollte, so man ihn nur am Leben ließe, oder ob er mit stoischer Gelassenheit und der Gewissheit auf seinen Platz im Himmel den Tod nahm wie ein Mann. Abgesehen davon betreibt die katholische Kirche in Indien ein Missionierungsprogramm, d.h. man will Leute dazu bewegen, ohne vernünftige Beweise etwas anderes zu glauben, als sie es bisher getan haben (mit Religionsfreiheit hat das imho nicht viel zu tun, eher mit marktschreierischem Anbiedern: mein Gott wäscht weißer als der Gott von nebenan!). Dies erzeugt an allen Ecken und Enden Probleme mit anderen Ethnien, denn oftmals sind "humanitäre Einsätze" von Caritas, Diakonie usw. im Ausland nichts anderes, als verkappte Missionierung. Diesbezüglich (obwohl es schon fast zu weit führt) noch dieses schöne Zitat des Ethnologen Christian Adler:
Wer aber denkt, die christliche Missionierung hätte etwas gelernt aus ihren Fehlern der Vergangenheit, der hat weit gefehlt. In Neu-Guinea wurde am Grünen Tisch zwischen Katholiken und Protestanten eingeteilt und entschieden, wer wem welchen christlichen Glauben bringen darf. Eines Tages taucht dann ein Missionar mit großem Gefolge bei einem Stamm auf als der große Gönner und verschenkt reichhaltig Güter wie z.B. Salz oder Äxte aus Eisen, sowie Glasperlen. Nicht selten sind es Kinder, die gegen Entlohnung einen Landeplatz für Hubschrauber und eine Missionshütte bauen. Ab diesem Moment ist der Missionar unabhängig vom Stamm und beginnt seine Arbeit. Er sucht sich die sozial schwächsten Stammesmitglieder heraus, gewinnt sie durch Geschenke, und diese Außenseiter stellen dann auch die ersten bereitwilligen Täuflinge dar. Dann beginnt die Durchdringung der ganzen Bevölkerung, die sich darin äußert, daß der Stamm von westlichen Zivilisationsgütern abhängig gemacht wird und danach der Glaubensübertritt durch jene Güter erpreßt wird.Ist erst einmal der ganze Stamm christianisiert, wird durch sinnlose Verbote (ein Mensch darf nicht nackt sein, rituelle Tänze sind unchristlich) das jahrhundertealte Gefüge der Bevölkerung zerstört, bricht die alte Ethik, die sich als überlebensnotwendig an die Umweltbedingungen angepaßt hat, zusammen, kommt der Stamm in arge Bedrängnis. Betrachtet man das soziale Gefüge der Stämme Neu-Guineas von der Küste Richtung Landesinnere, so läßt sich durchaus ein Gefälle des Zerfalls von Stämmen feststellen, die schon länger missioniert wurden und jenen, die erst vor kurzem mit dem christlichen Glauben und somit mit der westlichen Zivilisation in Kontakt traten. Durch das Auflösen aller Sozialstrukturen aber sind nicht wenige Stämme bereits ausgestorben! Traurig, aber wahr.
Nachdem sich an der christlichen Missionspraxis imho nichts wesentlich geändert hat (oder hat jemand bessere Informationen?), kann ich mir nur zu gut vorstellen, dass ein paar fundamentalen Hindus das Geseiere Pater Thomas (und die damit verbundene Spaltung der Glaubensgemeinschaft) im Dorf so auf den Keks ging (denn diese halten ja - wie Pater Thomas - auch nichts von Religionsfreiheit), dass sie am Priester ein Exempel statuieren wollten. Das macht diesen Pfaffen aber nicht zu einem Märtyrer, sondern man kann ihn wohl eher mit einem Aufwiegler vergleichen, der sich auch nicht baff zu wundern braucht, wenn ihm das Establishment eins vor den Latz knallt.
Wie dem auch sei, das Märtyrertum und dessen Kult ist Bullshit (wie übrigens Anglizismen auch), denn es beweist nichts, sondern dessen Glorifizierung fordert (wie bei den Missionierungsversuchen) nur zusätzliches Leid heraus. Wie es um den Märtyrerkult in Wahrheit bestellt ist, schreibt Deschner in seiner Kriminalgeschichte, mit der ich auch meinen sonntäglichen Sermon ausklingen lassen möchte:
Von einer allgemeinen und planmäßigen Christenverfolgung kann erst unter Kaiser Decius im Jahr 250 gesprochen werden. Damals starb, als erster römischer Bischof Opfer einer Verfolgung, Fabian – und er starb im Gefängnis; man hatte über ihn gar keine Todesstrafe verhängt. Bis dahin aber gab die alte Kirche von siebzehn römischen Bischöfen bereits elf als »Märtyrer« aus, obwohl keiner von ihnen Märtyrer war! Dabei hatten sie bereits zweihundert Jahre lang Seite an Seite mit den Kaisern residiert. Und doch lügt man auf katholischer Seite – mit kirchlicher Druckerlaubnis (und Widmung: »Der lieben Gottesmutter«) – noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts: »Die meisten Päpste sterben in jener Zeit als Märtyrer« (Rüger).
2 Kommentare:
Grüße,
ist Steinmeier nicht SPD und somit extrem schlecht geeignet CDU Märtyrer zu werden?
Oder reden wir von verschiedenen Leuten?
Weil die einzige Qualifikationen die man Braucht um Märtyrer zu sein sind normalerweise:
1. zu dem Verein gehören
2. sterben
Aber 1. muss sein glaube ich.
Hehe.. ich könnte mich ja jetzt damit rausreden, dass ich nur testen wollte, ob sich das jemand durchliest. Fakt ist aber eher eine freudsche Fehlleistung... Steinmeier sieht für mich einfach aus wie CDU (und bzgl. ihres Programms unterscheiden sie sich eh nur noch marginal)...
Nichtsdestotrotz, danke für den konstruktiven Beitrag, ich hab's schon verbessert. ;-)
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